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Aktuelle Seite: Startseite / Politik & Gesellschaft / Welche Schulbildung wollen wir? Behinderte Kinder und deren Förderung

Welche Schulbildung wollen wir? Behinderte Kinder und deren Förderung

9. September 2018 von Laura Mench Kommentar verfassen

„Die Bezahlung in der Pflege ist viel zu niedrig“, sagt eine Insiderin aus persönlicher Erfahrung und spricht jetzt offen über die Zustände, den Alltag und die Gedanken der Wirtschaftlichkeit in Einrichtungen für behinderte Kinder und Jugendliche. Häufig erfahren diese Kinder durch die mangelnde Bildung extreme Nachteile für ihre berufliche Zukunft.

© Pixabay

Ich war auf einem Internat für körperlich behinderte Kinder. Als einigermaßen fittes Kind konnte ich bis zur Realschule problemlos laufen, rennen und springen wie andere auch. Dann aber veränderte sich alles innerhalb von wenigen Jahren. Ich wurde als „pflegebedürftig“ eingestuft, ein Wort, das bedeutete: Ich brauchte eine Pflegeperson, da ich nicht mehr selbst laufen konnte. Schnell war klar: Ich brauchte eine spezielle Förderung.

Ich war auf verschiedenen Schulen für körperlich behinderte Kinder. Obwohl ich mich sehr lange relativ normal entwickelt habe, begann meine schulische Karriere an einer Schule für Körperbehinderte. Diese jedoch war – wie viele andere Schulen dieser Art – nicht auf Schüler ausgerichtet, die kognitiv dasselbe leisten können wie ganz normale Grundschüler. Wenn ich das Ganze reflektierend betrachte, hatte ich großes Glück, dass meine Schule eine Kooperation mit einer „normalen“ Grundschule eingegangen war. Sonst wäre ich nicht da, wo ich heute bin. Die Auslegung dieser Schule war eher mit einer Tagesbetreuung für Schwerstbehinderte zu vergleichen. Kaum ein Grundschüler macht so viele Ausflüge wie wir es damals taten. Da fragt man sich doch: Ist das noch Bildung? Sollte nicht jeder Schüler individuell nach seinen Möglichkeiten gefördert werden? Trotz kleiner Klassen hätte dafür mehr Personal eingesetzt werden müssen. Wenn dieses Personal jedoch fehlt, egal ob aus wirtschaftlichen- oder personellen Gründen, leiden darunter die Schüler und deren Zukunftsperspektiven. Als ich dann mit dem Fortschreiten meiner Erkrankung in die Pflegebedürftigkeit rutschte und erlebte, was eine pflegebedürftige Jugendliche in einer dieser Einrichtungen erlebt, wurde mir klar: Das will ich nicht. Jetzt, nach Beendigung meiner Schullaufbahn, habe ich begonnen, meine eigenen Pflegepersonen einzustellen um mein Leben so unabhängig und selbstständig wie möglich zu gestalten.

Was hat mich zu dieser Entscheidung bewogen?

Durch einen Zufall erfuhr meine Familie kurz vor Beendigung meiner Zeit in der Grundschule von einem Internat für körperlich Behinderte. Die Schule bot jegliche wünschenswerte Bildungsgänge in einem flexiblen System an. Hier konnte ich die Realschule vollständig absolvieren, mir ging es gut, meine Erkrankung ging jedoch Schritt für Schritt voran. Innerhalb kürzester Zeit wurde ich vom „Selbstständigen“ zum „Pflegebedürftigen“ umgestuft. Ich sah mich plötzlich vollkommen unselbstständig und auf Erzieher angewiesen.

Die Realschule reichte mir nicht. Ich wollte mehr! Somit wechselte ich auf das sozialwissenschaftliche Gymnasium im selben Bildungskomplex. Jahr für Jahr kamen immer mehr Schwerstbehinderte an die Schule und aufs Internat. Jedoch wurde das Personal nicht entsprechend der steigenden Pflegeschülerzahlen angepasst. Die Wirtschaftlichkeit musste erhalten werden. Also musste sich das Personal organisieren. Der Tag wurde getaktet, abgesprochen und geplant.

Einmal in die Stadt und zurück: Monatelange Planung

Wenn man schwerstbehindert ist und eine Begleitperson braucht, um einfach mal in die Stadt zu fahren, dann muss man das am besten schon anmelden, bevor die Dienstpläne fürs Personal geschrieben werden. Ein Unding. Wie soll ich schon Monate vorher wissen, um wie viel Uhr ich mal kurz in die Stadt fahren muss? Ich selbst habe es auch schon erlebt, dass Termine, die lange im Voraus geplant waren, ein paar Tage vorher wieder abgesagt wurden.

Im letzten Schuljahr meiner Schullaufbahn verließ ich das Haus, in dem ich untergebracht war, nur sehr selten. Selbst notwendige Arztbesuche musste ich lange vorher anmelden und sie häufig trotzdem verschieben, weil kein Personal da war. Dies ist einer der Punkte, welcher mich zum Schluss kommen ließ, dass ich keine weitere Einrichtung für Behinderte besuchen werde. Ich habe mir jetzt meine Assistentinnen selbst gesucht und fungiere als Arbeitgeber. Somit habe ich einen Pflegeschlüssel von 1:1. Jetzt bin ich frei und unabhängig. Ich muss zwar viele organisatorische Sachen selbst in die Hand nehmen, aber dafür muss ich mir meine Pflegekraft nicht mit elf anderen Leuten teilen. Andere Menschen haben nicht die Kraft, so viel selbst zu organisieren. Ihnen bleibt nichts weiter übrig, als den Pflegepersonalmangel in Kauf zu nehmen.

Normale Schulen decken den speziellen Pflegebedarf nicht ab

Schauen wir uns mal die Alternative zu den Sonderschulen an. Inklusion. Ein behindertes Kind soll gemeinsam mit „gesunden“ Kindern zur Schule gehen. Eine schöne Vorstellung, klappt auch in vielen Projekten sehr gut. Doch wie wir alle wissen: Kinder können gemein sein. Mit dummen Sprüchen, Mobbing und Benachteiligung ist zu rechnen. Viele Kinder haben auch einen speziellen Pflegebedarf. Maßnahmen, die nicht jeder Lehrer oder Angestellte der Schule übernehmen darf. Eine Schulbegleitung ist dafür eine sehr gute Lösung. Einige Schulen haben für solche Fälle extra Personal eingestellt. Andere Schulen weigern sich vehement dagegen.

Viele Kinder haben aber auch einen speziellen Förderungsbedarf. Sie können manchmal auch im 6. Lebensjahr noch nicht sprechen und sich verständigen. Trotzdem haben sie neben der Schulpflicht auch ein Recht auf Bildung. Dazu gehört zum Beispiel, Möglichkeiten zu schaffen, wie sich das Kind seiner Umwelt in seinen Möglichkeiten verständlich machen kann. Das kann über Gebärdensprache erfolgen, über einen Sprachcomputer oder über individuelle Zeichen, welche zum Beispiel mit den Augen gegeben werden können. Sonderschulen, mit speziell ausgebildetem Personal sind für diese Kinder auf jeden Fall notwendig und sinnvoll. Doch nicht nur Kinder mit körperlicher und geistiger Einschränkung sind an diesen Schulen. Auch Kinder mit kognitiv einwandfreien Fähigkeiten landen häufig dort. Die Fördermöglichkeiten dieser Schulen sind oft nicht darauf ausgelegt, dass diese Schüler einen vollwertigen Schulabschluss erlangen können. Einen vollwertigen Schulabschluss für behinderte Kinder bietet lediglich eine Hand voll Schulen an.

Die Bezahlung in der Pflege ist viel zu niedrig

Viele Einrichtungen, die sich um die Pflege und Unterbringung von alten und behinderten Menschen kümmern, sind nicht nur im sozialen Aspekt, sondern auch im wirtschaftlichen Aspekt zu betrachten. Meist stecken große, börsennotierte Konzerne hinter den Betreibern eines Pflegeheims. Somit wird das Ganze gewinnorientiert bewirtschaftet. Die Löhne werden gedrückt, die Qualität der Pflege sinkt und somit auch die Qualität der Einrichtung. Das möchte ich mir nicht antun.

Damit ich meine Assistentinnen beschäftigen kann, beziehe ich von verschiedenen Kostenträgern ein sogenanntes persönliches Budget. Dies kommt direkt von den Ämtern und der Krankenkasse. Also wäre das ein Punkt, an welchem man die Pflege fair bezahlen könnte. Es gibt keine Zwischeninstanz, kein Unternehmen, das auf Wirtschaftlichkeit ausgerichtet ist. Hier könnte man doch mit fairen Löhnen anfangen. Aber nein: Von den Ämtern bekomme ich Geld bereitgestellt, das knapp über den Mindestlohn liegt. Ist das noch fair? Der Beruf in der Pflege, egal, welchen man betrachtet, beinhaltet eine große Menge an Verantwortung, sozialem Umgang und Know-how. Die Frage darf daher durchaus gestellt werden: Wie viel ist uns das wert?


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Laura Mench

Laura Mench

wurde 1997 in Emmendingen im Breisgau geboren. Seit 2018 schreibt sie zu den Themen Inklusion, Pflege und Leben mit Behinderung auf ihrem Blog „Projekt Leben“. Sie hat eine Ausbildung zur Moderatorin abgeschlossen und arbeitet freiberuflich journalistisch und als Inklusionscoachin.
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Kategorie: Politik & Gesellschaft Stichworte: Bildung, Förderung, Individualität, Inklusion, Menschen mit Behinderung, Pflege

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Über Laura Mench

wurde 1997 in Emmendingen im Breisgau geboren. Seit 2018 schreibt sie zu den Themen Inklusion, Pflege und Leben mit Behinderung auf ihrem Blog „Projekt Leben“. Sie hat eine Ausbildung zur Moderatorin abgeschlossen und arbeitet freiberuflich journalistisch und als Inklusionscoachin.

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