Beichten könne ein Neuanfang für dich sein, meint unser Autor Matthias. Er hat das Sakrament in der Gemeinschaft Cenacolo in Österreich von einer ganz neuen Seite erleben dürfen. Ein Erfahrungsbericht.
In meinem ersten Artikel habe ich damit begonnen, über meine Erfahrungen in der Gemeinschaft Cenacolo in Österreich zu schreiben. Im ersten Monat üben sich die „Frischlinge“ in Demut, eröffnen keinen Rosenkranz, sondern schnuppern in den Alltag der Gemeinschaft hinein. Dazu gehört auch der Gang zur Kommunion in der heiligen Messe – damit verhält es sich nämlich anders als im Leben außerhalb der Gemeinschaft. Was dem Empfang der Kommunion vorausgehen soll, ist die Beichte und für diese gibt es viele Priester, die zu uns kommen und uns die Beichte abnehmen.
Keine Angst! Ich möchte hier keine theologische Diskussion über das Bußsakrament vom Zaun brechen, sondern mit einer persönlichen Erfahrung Mut machen, einmal wieder den Beichtstuhl aufzusuchen. Allerdings ist es notwendig, das Bewusstsein für dieses Sakrament zu bilden und zu schärfen.
Die Beichte ist kein Freifahrtschein – Reue ist nötig
„Ich gehe in die Beichte und danach ist alles wieder in Ordnung“ – ja, das stimmt! Gott vergibt immer, auch wenn wir es selbst oftmals nicht können. Ob die kleinen Schwächen des Alltags oder große Vögel, die wir sprichwörtlich abschießen: Gott wartet, dass wir zu ihm kommen, unsere Fehler kennen und benennen und ihn um Verzeihung bitten. Damit habe ich eines schon vorweggenommen: Eine sogenannte „Gewissenserforschung“ ist oft vonnöten, weil der Kopf voll ist vom Trubel des Alltags. Auch mir geht es so, dass ich erst einmal zur Ruhe kommen und mich sammeln muss, bevor mich ein befreundeter Priester der Gemeinschaft zum Beichtgespräch abholt. Hilfreich kann ein Beichtspiegel sein, wie es ihn beispielsweise als Heftchen von der Petrusbruderschaft gibt.
Ich bringe offen und ehrlich meine Sünden vor Gott, bekenne mich also zu meinen Fehlern und erhalte die sogenannte „Lossprechung“. Wichtig dabei ist, dass ich meine Sünden bereue und verspreche, mich zu bessern und in den Versuchungen standhaft zu bleiben. Dabei kann beispielsweise das Festhalten am täglichen Gebet – sei es der Rosenkranz oder die Danksagung am Abend – hilfreich sein.
Priester spricht „in persona christi“ von den Sünden frei
Die evangelische Kirche kennt die Beichte als Sakrament, also als Heilszeichen Jesu, nicht. Die Katholiken hingegen suchen den Beichtstuhl auf. Die Beichte als Sakrament gilt als von Jesus eingesetzt, wenn er beispielsweise im Johannes-Evangelium zu seinen Jüngern sagt: „Wem ihr die Sünden vergebt, dem sind sie vergeben; wem ihr die Vergebung verweigert, dem ist sie verweigert.“ (Joh 20,23) Der Priester handelt an Christi statt, hilft dir, an deinen Vorsätzen festzuhalten und spricht dich im Namen Jesu von den Sünden frei. Du kannst mit Gott neu beginnen und Gott hält dich, auch wenn du wieder fallen solltest.
Heute behandeln viele Gläubige die Beichte, das Sakrament der Buße, sehr stiefmütterlich. Sei es aus Angst, sich mit den eigenen Fehlern zu konfrontieren oder die Attitüde, der liebe Gott vergebe doch immer und überall und wenn ich in die Messe gehe, „passt das schon“. Einen undankbaren Beitrag dazu leistet auch die Aufarbeitung der Missbräuche innerhalb der katholischen Kirche und die Frage, ob ich als Vater oder Mutter mein Kind mit dem Priester allein im Beichtstuhl lassen darf?
Egoismus und Stolz trennen uns voneinander und von Jesus
Doch zurück ins Cenacolo. Vor meiner ersten Beichte im „Cenacolo-Style“ knie ich in der Kapelle auf der Altarstufe – ich sammle mich. Mir schießt viel durch den Kopf und ich erinnere mich an einen Rat des heiligen Bonaventura, wenn er sagt: „Beichte an erster Stelle jene Sünde, die dich am meisten beschämt. Auf diese Weise wird dir das Bekenntnis der übrigen Sünden leicht sein; denn ist der Feldherr geschlagen, so wird das ganze Heer leicht zersprengt.“
Anders als im Leben draußen gibt es innerhalb der Gemeinschaft wenige Versuchungen, da ja Handy, Internet, die Drogen und der Alkohol fehlen. Besonders mit der sexuellen Reinheit tue ich mich leicht, weil ich unter Brüdern bin. Fehler sehe ich allerdings, wenn ich mir klar mache, dass ich den Bruder neben mir verurteile, die von mir aufgetragene Arbeit nur oberflächlich tue oder im Gebet und in der Anbetung nachlässig bin. Und mir wird klar: In allen Dingen, die ich in meiner Vergangenheit getan habe, hat der Egoismus die zentrale Rolle gespielt – Hauptsache ich. Ich wollte zu den „Coolen gehören“. Ich wollte ein anderer sein, wenn ich Alkohol getrunken habe. Ich machte die Nacht zum Tag und habe damit angegeben, wie viele Nummern ich „klargemacht“ habe. Es fällt mir wie Schuppen von den Augen: Hauptsache, mir geht es gut und meine Bedürfnisse sind befriedigt. Ich habe gelogen, damit sich meine Eltern keine Sorgen machen und mir den Alltag durch kleine Lügen leicht gemacht. Doch in der Gemeinschaft geht das nicht – Gott sei Dank! Gott durchschaut mich – in der Person meiner Mitbrüder.
Ich merke nach dem Beichtgespräch, dass ich mich nicht nur leichter fühle, sondern neu anfangen kann – mit Gott, mit mir und mit den anderen. Ich tue mich leichter damit, den anderen mit seinen Schwächen anzunehmen und ihm zu helfen, denn auch ich fühle mich angenommen und verstanden.
Cenacolo als „Peak“ des Guten
Das Leben im Cenacolo gleicht dem in einem Kloster. Drei Gebetszeiten gliedern den Tag. Dazu gibt es heilige Messen und aufgezeichnete Katechesen der Gründerin, Mutter Elvira, oder von Priestern der Gemeinschaft. Das Gewissen, die Stimme Gottes in uns, wird geschärft. Wir arbeiten im Garten, halten das Haus in Schuss und arbeiten in der Tischlerei oder Töpferei – das Leben hat eine Struktur. Ich erlebe Cenacolo als Inbegriff, als “Gipfel” des Guten, weil ich an meiner Christus-Beziehung arbeiten kann und darf. Kirchenpolitische Diskussionen, die Austrittszahlen oder eine angebliche Kirchenkrise spielen hier keine Rolle.
Losgelöst von all dem – frei von scheinbar für das Überleben der Kirche wichtigen Dingen, die es eigentlich nicht sind. Deshalb befinden wir uns nicht in einer Kirchenkrise, sondern erleben einen Abfall vom und eine Krise des Glaubens. Denn mit ihm steht und fällt alles: Trägt mich mein Glaube auch durch die Täler meines Lebens? Ist mein Glaube stark genug, um gegen Widerstände und Zweifel zu bestehen?
Cenacolo fördert das Gute in den jungen Menschen, die so oft den falschen Weg gewählt haben. Ich kann sagen: Alle Burschen, mit denen ich sechs Monate zusammengelebt habe, sind ausnahmslos gute Menschen, denen in der Vergangenheit Böses widerfahren ist und das sie auf die schlechte Straße geführt hat. Auch ich musste und muss mich jeden Tag für das Gute entscheiden. Und wenn das geschieht, können wir, wie es in der Bibel heißt, „Berge versetzen“. Die heilige Mutter Teresa von Kalkutta sagte dazu in einem Interview zu der Frage, was sich an der Kirche ändern müsse: „Sie und ich“. Lebe ich aus dem Glauben, dann folge ich Jesus nach und diese Nachfolge kostet, denn das Evangelium ist immer sowohl Zuspruch als auch Anspruch. Können wir diesem Anspruch gerecht werden?
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