Welchen Einfluss haben Trends, soziale Medien, Influencer und Filme oder Serien auf unser Reiseverhalten und wie sind die Auswirkungen auf Natur und Gesellschaft.

Die sozialen Medien und Influencer, aber auch Filme und Serien prägen unser Verhalten, unsere Vorlieben unsere Interessen. Wir werden tagtäglich von diversen Medien beeinflusst und ertrinken beinahe in der Flut an Informationen, in die wir uns teilweise völlig unwillkürlich stürzen.
Oft nehmen wir die Informationen gar nicht mehr war und scrollen uns nur durch die unzähligen Kurzvideos und Beiträge. Andererseits werden wir stark von den Inhalten beeinflusst. Influencer – wie der Name schon sagt:”influence = Einfluss” – geben uns Trends vor, zeigen uns, was wir essen, trinken und einkaufen sollen und prägen unser Verhalten. Was eine bekannte Person macht, wollen wir auch machen oder zumindest nachahmen. Wo die sich aufhalten, wollen wir auch sein. Wenn andere Leute etwas besonderes posten, wollen wir auch dazugehören und dasselbe oder etwas noch besseres erleben und mit unseren “Freunden” – den Followern – teilen.
In der Vergangenheit hat es sich schon oft gezeigt, dass Drehorte oder Schauplätze aus bekannten Film- oder Serienproduktionen zu Hotspots der jeweiligen Fangemeinde wurden. Ob gewollt oder nicht, diese Orte werden dann von Schaulustigen und Touristen überrannt. So wird zum Beispiel das Haus von Walter White — gespielt von Bryan Cranston — aus der AMC-Serie “Breaking Bad” jede Woche von unzähligen Fans belagert, die Fotos machen, Dinge davon mitnehmen oder hinwerfen. Dabei handelt es sich um ein Privathaus und die Besitzer mussten schließlich einen hohen Zaun errichten, um sich vor den Schaulustigen zu schützen.
Auch Naturschauplätze wie etwas die isländische Fjadrárgljúfur-Schlucht (Kulisse für Justin Biebers Musikvideo „I’ll Show You“ und für Episoden von „Game of Thrones“), die als UNESCO-Weltkulturerbe geltende Insel Skellig Michael in Irland (Drehort für “Star Wars: Das Erwachen der Macht”) oder auch der 800-Seelen-Ort Hallstatt in Österreich (gilt als Inspiration für die Kulisse von Arendelle aus „Die Eiskönigin“ und war Drehort für “Nine Perfect Strangers” mit Nicole Kidman) sind zu regelrechten Pilgerstätten für Fans geworden. Aber nicht nur – auch Nicht-Fans werden durch die sozialen Medien auf solche Plätze aufmerksam und wollen sich die idyllische Natur ansehen oder ein einzigartiges Selfie für ihr Profil knipsen.
Doch wo hört Tourismus auf und wo fangen Belästigung und (Zer-)Störung an?
Wenn tausende Menschen täglich an einen Ort strömen, der infrastrukturell gar nicht in der Lage ist, einen solchen Ansturm zu bewältigen? Wenn 50 Reisebusse und mehr jeden Tag Touristenscharen zu einem Schauplatz bringen und hauptsächlich Müll, Lärm und Einschränkungen für die Anwohner hinterlassen? Wenn durch Besuchermassen die Natur und Lebensräume gestört/zerstört werden?
ABER natürlich haben diese Hypes auch ihre Vorteile. Die Orte profitieren von den Besuchern. Die Hotels sind ausgebucht, die Geschäfte und Lokale sind voll. Die Anwohner haben gute Arbeitsplätze und leben von den Gästen, genauso wie in anderen Touristenregionen. Die Frage ist nur, wo Grenzen gesetzt werden müssen und zu welchem Preis man den Wohlstand des eigenen Ortes verkauft?
So lebt z.B. Tirol sehr von seiner schönen Kulisse und dem Bergtourismus (Sommer und Winter). Im Tiroler Unterland ist Kitzbühel ein Treffpunkt der Hautevolee. Bekannt für das Hahnenkamm-Rennen, die Promi-Weißwurst-Party beim Stanglwirt und Serien wie Soko Kitzbühel und den Bergdoktor. ABER auch hier sieht man die Schattenseiten, zählt Kitzbühel, nicht zuletzt wegen der hohen Dichte an Ferienimmobilien und Zweitwohnsitzen, zu den teuersten Bezirken Österreichs. Die Region profitiert enorm vom Tourismus, aber die Einwohner haben kaum mehr Platz zum wohnen bzw. können sich ein Leben dort nur schwer leisten.

Zugangsbeschränkungen bei bestimmten Sehenswürdigkeiten sind nichts neues mehr. Einige Städte testen bereits Eintrittsgelder – vor allem für Tagesgäste – wie sie Venedig eingeführt hat, um den Massen etwas Herr zu werden. Wo viele Menschen sind, braucht es auch immer mehr Verbote und Richtlinien. Immer mehr Dinge müssen geregelt oder sogar abgeschafft werden, weil Verhaltensweisen, die im Einzelfall völlig harmlos sind (z.B. das Betreten von bestimmten Naturräumen), bei hoher Anzahl zu Problem führen. Staus, Lärmbelästigung, Müll, steigende Preise, Belästigungen und weniger lebenswerte Verhältnisse. Meistens leidet die Bevölkerung solcher Hotspots unter dem Andrang und nur ein kleiner Teil profitiert tatsächlich davon (v. a. Unternehmer und Politiker). Für viele Betroffene geht die Kosten-Nutzen-Rechnung langfristig oft nicht auf – was bleibt sind Ärger und Missmut.
Auch Influencer oder einfach Leute, die ihre Ausflüge und Erlebnisse im Internet teilen, können derartige Hypes auslösen. Viele Naturschauplätze, die wegen ihrer Idylle, Ruhe und Unberührtheit ganz besonders schön oder spektakulär sind, werden nach einem Post zum Internethit und von Massen an Fotowütigen überlaufen. Wo früher ein Geheimtipp für Einheimische war, ist dann schnell ein viraler Medienhit, wo man sich für ein Foto in die Warteschlange stellen muss (z.B. Olpererhütte im Zillertal).
Und es gibt viele andere Beispiele von Plätzen, die durch das Teilen auf Instagram, Tik Tok usw. einer breiten Öffentlichkeit bekannt und plötzlich gezielt von vielen besucht werden. Oft auch werden durch die Bilder auch ganz falsche Infos verbreitet und die Sehenswürdigkeiten sind dann gar nicht so spektakulär, wie sie auf den Bilder dargestellt werden – weil man eben nur einen kleinen Bildausschnitt sieht und nicht das Drumherum und weil die Bilder natürlich meist bearbeitet und herausgeputzt werden.

Ja, jeder hat theoretisch das Recht, dorthin zu reisen, wo er will und das zu besichtigen, was ihm gefällt. ABER, wenn so besondere Plätze durch unser Rücksichtsloses Verhalten nachhaltig geschädigt und sogar zerstört werden, dann hat keiner mehr was davon und so ist es bei diesem Thema genau wie bei den meisten gesellschaftlichen Berührungspunkten: Rücksicht, Respekt und Toleranz sind wichtige Grundzutaten für ein harmonisches Miteinander.
Wenn man schon das Glück hat, an einem schönen Ort sein zu können, dann sollte man vielleicht einfach den Augenblick genießen und versuchen, die Energie des Ortes in sich aufzunehmen und die Atmosphäre zu spüren. Wenn man dann noch ein Foto machen und posten will, OK. Aber es ist eine Überlegung wert, ob man gleich eine Routenbeschreibung und den genauen Namen der Location dazuschreiben muss. Oft sind Geheimisse doch viel spannender und man erreicht damit noch viel mehr Aufmerksamkeit…
Schreibe einen Kommentar