Das Jahr 2016 neigt sich dem Ende entgegen. Und in solch dunkler Zeit leuchtet der heilige Abend wie ein helles Licht. Der 24. Dezember eines jeden Jahres hat immer etwas magisches. Der Tag, der Abend, an dem die Welt still zu stehen scheint. Nutzt ihn.
„Ich hasse diese Zeit, in der wir leben“ – das waren die Worte einer Freundin, die an dem Abend des Berliner Anschlags zwar in der Stadt war, glücklicherweise aber nicht in der Nähe der Tragödie. Es sind Worte, die die Verzweiflung ausdrücken wollen, die, von der Sichtweise des stillen Beobachters aus, viele Menschen dieser Tage haben werden. Und wer kann es ihnen verüblen. Ich möchte nicht beschwören, dass die Zahl der Gewalt und Gräueltaten dieses Jahr gestiegen ist. Aber ich kann auch nicht bestreiten, dass diese Gewalt näher an uns herangekommen sind.
Besonders nach dem Schock in Berlin wirkt Heiligabend, der 24. Dezember, wie ein Leuchtfeuer. Ein Leuchtfeuer, das nur noch erreicht werden muss – dann ist es vorbei. Dann ist das Ziel erreicht, und alle Hindernisse überwunden. Die Magie hinter diesem Datum ist noch nicht verflogen und besonders die Unantastbarkeit, in der wir uns vor ein paar Tagen noch gefühlt haben, scheint an diesem einen Abend eben wieder da zu sein. Nutzt diesen Abend.
Reflexion
Der Heiligabend ist der perfekte Abend, um nachzudenken. Um über sich selbst, seine Familie, seinen Alltag, aber auch darüber hinaus nachzudenken. Nehmt euch die Zeit und geht für einige Momente in euch. Lasst das Jahr Revue passieren und hinterfragt Dinge, die ihr bisher für selbstverständlich hieltet. Denkt darüber nach, was ihr Gutes getan habt – und freut euch darüber. Denkt darüber nach, was ihr Schlechtes getan habt – und lernt daraus. Denkt darüber nach, was ihr gelernt habt – und setzt es in die Tat um.
Im Alltag ist Reflexion kaum möglich, denn alles geht zu schnell. Doch am heiligen Abend, an diesem einen Abend, der wie in Zeitlupe zu laufen scheint, habt ihr die Zeit, um in euch zu schauen und ehrlich zu euch zu sein. Damit ihr die Kraft sammelt, die euch weiterträgt. Weiter durch den Alltag, weiter durch diese Verzweiflung, die das Jahr in euch verbreitet hat.
Ruhe
Nutzt die Ruhe, die der heilige Abend verbreitet. Denkt an das „Stille Nacht“, das an jedem 24. Dezember gesungen wird, schließt die Augen und genießt das Nichts. Sich einen Moment lang ausklinken, aus allem was passiert ist, aus allem was noch passieren mag. Denkt an all die voreiligen Schlüsse, die ihr gezogen habt – und vergebt euch dafür. Denkt an die Momente, an denen ihr die Ruhe bewahrt habt – und belohnt euch dafür. Denkt an die Momente, in denen ihr nicht der lautere wart – sondern der klügere. In dieser schnelllebigen Zeit braucht es auch in Zukunft mehr Ruhe. Mehr Leute, die einen Schritt zurückgehen, als direkt drauf los zu preschen. Mehr Menschen, die leise im Hintergrund an einer Antwort tüfteln, als die erst besten Ideen mit einem Megaphon durch die Straßen zu brüllen. Nutzt die Stille dieses Abends, und nehmt euch ein Beispiel daran.
Liebe
Genießt das Zusammensein, das Weihnachten mit sich bringt. Genießt jeden Augenblick mit eurer Familie, euren Freunden – genießt jeden Menschen, den ihr seht. Streicht das Wort „Selbstverständlich“ aus eurem Gedächtnis und betrachtet wieder das Wunder dieser Welt vor euren Augen. Nutzt den heiligen Abend, um Liebe zu zeigen, Liebe zu geben und sie auch anzunehmen. Werft Misstrauen und Vorurteil weg und besinnt euch darauf, was es heißt, Mensch zu sein – was es heißt, zu lieben. Nur zusammen, nur in Liebe können wir Zeiten durchstehen, die uns ohne Ausweg scheinen. Nur gemeinsam können wir vergeben.
Liebe hilft uns dabei, Angst zu vergessen. Und genau deswegen brauchen wir sie. Denn Angst leitet uns zu Kurzschlussreaktionen, die fatale Folgen haben können. Natürlich ist es nicht leicht, in einer solchen Zeit von Liebe zu sprechen. Trotzdem ist sie jetzt wichtiger denn je. Und darum ist auch Heiligabend wichtiger denn je. Macht diesen Weihnachtsabend zu einem Startschuss in eine neue Zeit. Nutzt die Magie, reflektiert, bleibt ruhig – und liebt.
„Liebe hat Geduld. Liebe ist freundlich. Sie kennt keinen Neid.
Sie macht sich nicht wichtig und bläst sich nicht auf;
5 sie ist nicht taktlos und sucht nicht sich selbst;
sie lässt sich nicht reizen und trägt Böses nicht nach;
6 sie freut sich nicht, wenn Unrecht geschieht, sie freut sich, wenn die Wahrheit siegt.
7 Sie erträgt alles; sie glaubt und hofft immer. Sie hält allem stand.“
– 1. Korinther 13, 4-7
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