Wer kennt sie nicht – Frida Kahlo, die wohl bekannteste Malerin der Welt und eine der berühmtesten Persönlichkeiten Mexikos. Doch was steckt eigentlich hinter ihren zum Teil verstörenden Bildern? Was macht die Faszination Frida aus?
Um Frida Kahlo zu verstehen, muss man wissen, wie sie gelebt hat. Denn ihre Bilder sind nichts weiter als die biographische Darstellung ihres intensiven, schmerzvollen Lebens. Beschäftigt man sich mit der Biografie der Malerin, offenbart sich bald die Einzigartigkeit einer starken Frau, die für viele heute eine der bedeutendsten Vorreiterinnen des Feminismus darstellt.
Magdalena Carmen Frieda Kahlo Carlderón wird 1907 als Kind einer Halbindianerin und eines deutsch-ungarischen Fotografen geboren. Bereits ihre Kindheit ist von Krankheit und Schmerz geprägt, als sie mit sechs Jahren an Kinderlähmung erkrankt und einen leicht verkrümmten Fuß behält. Sie ist gut in der Schule, will Ärztin werden. Dort trifft sie noch als Jugendliche zum ersten Mal den Mann, um den sich später der Großteil der Leidenschaft und Dramatik ihres späteren Lebens drehen sollte: Diego Rivera, schon damals ein berühmter mexikanischer Wandmaler, arbeitet dort gerade an seinem Wandbild „Die Schöpfung“. Frida ist wohl sofort fasziniert von dem Koloss von Mann, der mehr als doppelt so alt und dreimal so schwer ist wie sie und dem sie die Brotzeit aus dem Picknickkorb stibitzt haben soll.
Die „zwei Unfälle“
Bald darauf jedoch nimmt ihr Leben eine schicksalhafte Wende. Auf dem Heimweg kollidiert ihre Straßenbahn mit einem Bus. Während ihr Freund Alejandro nahezu unverletzt bleibt, entrinnt Frida nur knapp dem Tod. Von einer Metallstange durchbohrt, mit gebrochener Wirbelsäule, zertrümmertem Fuß und Becken sowie elffach gebrochenem Bein muss sie etliche Operationen über sich ergehen lassen und ist, gezwängt in ein Gipskorsett, ein Jahr lang ans Bett gefesselt. Um dem Albtraum und der Langeweile zu entrinnen, beginnt sie zu malen und findet so zur Kunst, die ihr zur Rettung inmitten ihrer vielen Lebensqualen werden sollte. Als sie durch ein Spezialkorsett wieder laufen lernt, ist die Malerei längst ein wichtiger Teil ihrer neuen Identität. Mit Bildern im Gepäck besucht sie Diego, der sie ermuntert, weiter zu malen. 1929 heiraten „der Elefant und die Taube“, wie es überall heißt. Längst nicht alle können die Liebe zu dem korpulenten Maler und Frauenhelden nachvollziehen.
Frida muss geahnt haben, dass sie dem Charmeur niemals den unersättlichen Hunger auf Frauen austreiben kann, auch wenn er sie noch so vergöttert. Die Ehe des so ungleichen Paares ist vom ersten Tag an destruktiv, übermütig und ein kleines bisschen wahnsinnig. Seine ständigen Affären sind für Frida, die noch immer an den Folgen ihres Unfalls leidet, die größte Enttäuschung. Nichts wünscht sie sich so sehr wie ein Kind, doch dieses Glück scheint ihr nicht vergönnt. Als Diego eine Affäre mit ihrer Schwester beginnt, läuft das Fass über. Nach der Scheidung folgt bald die erneute Hochzeit. Obwohl die Beziehung weiterhin von Leid und innerlicher Zerrissenheit geprägt ist, scheint Frida langsam zu begreifen, dass sie Diego nicht besitzen kann. Sie soll darüber gesagt haben: „Ich hatte zwei schwere Unfälle im Leben: den ersten, als mich eine Tram überrollte, und der zweite war Diego“.
Ihr Werk
Durch das Malen findet sie einen Weg, die Schicksalsschläge zu verarbeiten. Ihre Bilder sind eine Chronik ihres emotionalen Lebens, dominiert von der turbulenten Liebe zu Diego und den physischen Schmerzen, an denen sie Zeit ihres Lebens leidet und die sie teilweise nur mit starken Schmerzmitteln erträgt. Neben Stillleben und Porträts sind es vor allem ihre ausdrucksstarken Selbstbildnisse, die wir heute kennen. Mit kräftigen Farben – inspiriert von der mexikanischen Volkskunst – porträtiert sich Frida stets voll von Emotion, unerschütterlicher Direktheit, nicht ohne den Hauch einer gewissen Mystik und kehrt dabei ihr Innerstes nach außen. Obwohl sie von den Surrealisten gefeiert wird, sieht sie sich selbst nicht als Teil dieser Szene: „Ich zeichne niemals Träume oder Albträume, ich zeichne meine eigene Wirklichkeit“.
Ihr spätes Leben und Tod
Nach intensiven Reisen im Zuge ihrer künstlerischen und politischen Aktivitäten kehrt Frida schließlich in das „blaue Haus“ in Mexiko-Stadt zurück – ihr Geburtshaus, das sie zum Schutz vor bösen Geistern farbig streichen ließ. Sie beschäftigt sich viel mit aktuellen Themen und vor allem sich selbst. Ihre Schüler, Künstler und Freunde bewundern die starke, lebensfrohe Art der Frau, die trotz zunehmender körperlicher Einschränkung das Leben meistert und eisern gegen die immer schlimmer werdende Krankheit kämpft. Dass ihr Wille stets stärker war als der Schmerz wird erneut deutlich, als sie, nachdem ihr 1953 das Bein amputiert werden muss und sie fortan nur noch im Liegen malen kann, darauf besteht, in ihrem Himmelbett zu ihrer ersten eigenen Ausstellung getragen zu werden. Bald darauf stirbt sie, vermutlich an einer Lungenembolie. Als letzte Zeile steht in ihrem Tagebuch: „Ich hoffe, der Abschied wird fröhlich – und ich hoffe, nie wieder zurückzukehren.“ Ihren ausdrücklichen Wunsch nach einer Urnenbestattung begründet sie damit, bereits zu Lebzeiten genug Zeit im Liegen verbracht zu haben.
Fridas Vermächtnis
Heute ist Frida Kahlo längst zur Kunstfigur geworden. Auch 50 Jahre nach ihrem Tod ist sie überall präsent und prangt unter anderem auf T-Shirts, Covers und Plakaten. Auch wenn sie damit ein wenig zur “Pop-Ikone” verkommen ist – ihre starke Wirkung, die sie schon zu Lebzeiten gehabt haben muss, hat sie bis heute inne. Frida verbildlicht eine enorm starke Persönlichkeit, die der Härte des Lebens von Anfang an den Kampf angesagt hat und in ihrer Kunst die Ausdrucksform für ihre Emotionen gefunden hat. Die Kunst hat sie vielleicht gerettet – für uns bleibt damit heute das Zeugnis einer bewundernswerten Frau.
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