Am 6. Januar feiern Christen noch einmal Weihnachten. Offiziell heißt das Fest „Epiphanie“, „Erscheinung des Herrn“. Die drei heiligen Könige waren übrigens Heiden. Auch das hat eine besondere Bedeutung.
Klar, die heiligen drei Könige kennt man. Im Kölner Dom sollen sich angeblich ihre Gebeine befinden, in Krippen finden sich oft besonders schön gestaltete Figuren der Könige und Sternsinger in ganz Deutschland stellen sich in die Tradition der drei heiligen Männer. Ihren Ursprung haben die drei im Matthäusevangelium, das auch das Evangelium in Gottesdiensten am 6. Januar ist (Matthäus 2,1-12). Zunächst fällt auf: Matthäus erzählt eine ganz andere Geschichte als Lukas, dessen Version am Heiligen Abend gelesen wird. Bei Lukas stammen Maria und Josef aus der Stadt Nazareth, wegen einer Volkszählung weilen sie in Bethlehem, bringen dort Jesus auf die Welt und begrüßen als erste Gäste und Zeugen dieser Geburt Hirten von den umliegenden Feldern. Nachdem die Eltern ihren Sohn im Tempel von Jerusalem beschneiden ließen, kehren sie ganz friedlich zurück in ihre Heimatstadt.
Eine andere Version der Geburtsgeschichte
Bei Matthäus hört sich das anders an. Maria und Josef stammen wohl aus Bethlehem, dort bringen sie Jesus auf die Welt. Die ersten Gäste sind „Magier“ aus dem Morgenland. Nach ihrem Besuch trachtet König Herodes der vermeintlichen Konkurrenz Jesus nach dem Leben. Die Familie flieht nach Ägypten und kehrt einige Jahre später nicht in die Heimat Bethlehem zurück, sondern lässt sich in Nazareth nieder. Die „Magier“ sind die Vorbilder für die heutigen heiligen drei Könige. Eigentlich sind dem griechischen Text zufolge weise Männer gemeint, möglicherweise Astrologen und Astronomen, vielleicht heidnische Priester. Könige jedenfalls nicht. Möglicherweise wurden sie wegen ihrer großen Bedeutung zu Königen befördert. Da sie drei Geschenke – nämlich Gold, Weihrauch und Myrrhe – mitbringen, schloss man wohl darauf, dass es sich pro Geschenk um eine Person gehandelt haben muss. Also um drei Könige.
Die Könige sind Heiden
Wichtig ist: Die Männer kommen aus dem Osten, sind also sehr sicher Heiden. Jesus, der geborene König der Juden, hat nun mit Heiden eigentlich nichts zu schaffen. Matthäus aber bringt schon in der Erzählung über die Geburt Jesu einen wichtigen theologischen Aspekt ein: Dieser Jesus ist nicht nur für das Volk Israel geboren. In Jesu Geburt werden nun auch alle Heiden angesprochen. Eigentlich heißt der Feiertag „Epiphanie“, das bedeutet übersetzt „Erscheinung“. Es geht darum, dass Jesus nun auch den Heiden erschienen ist.
Jerusalem als Pilgerort
Diese Idee findet sich auch in den beiden Lesungen des Tages. Jerusalem bekommt in der ersten Lesung (Jesaja 60,1) eine gewaltige Zusage: „Auf, werde Licht Jerusalem, denn es kommt dein Licht und die Herrlichkeit des Herrn geht auf über dir.“ (Jesaja 60,1) Alle Völker werden am Ende der Zeiten nach Jerusalem pilgern. Während die ganze Welt im Dunkeln liegt, erscheint Gott in Jerusalem. Er ist das Licht, das alle Völker und ihre Könige anzieht. Das Alte Testament spricht immer wieder vom Gegensatz zwischen dem einen, von Gott erwählten Volk Israel, und den anderen, heidnischen Völkern. Am Ende der Zeiten wird dieser Gegensatz aufgebrochen.
Christen und Juden sind Miterben
Auch die zweite Lesung (Epheserbrief 3,2-3a.5-6) spricht davon. Der Apostel verkündet ein Geheimnis, das den früheren Generationen nicht bekannt gewesen sei, „dass nämlich die Heiden Miterben sind, zu demselben Leib gehören und an derselben Verheißung in Christus Jesus teilhaben durch das Evangelium.“ (Epheser 3,6) Ein Wort ist hier entscheidend: Miterben. Nicht einzige Erben. Über Jahrhunderte hinweg verkündete christliche Theologie, das Christentum habe das Volk Israel einfach verdrängt und ersetzt. Israel zählt nicht mehr, nur die Kirche. Diese Theologie führte zu unverzeihlichen Ausschreitungen gegen jüdische Gemeinden, besonders nach der Liturgiefeier am Karfreitag. Diese Theologie vergaß die Treue Gottes, der zu seinem auserwählten Volk steht. Und diese Theologie vergaß Texte wie den der heutigen Liturgie. Nicht Israel wurde enterbt und die Kirche zum Alleinerben eingesetzt. Nein: Beide sind Miterben.
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