Wer kennt es nicht? Ein wichtiges Projekt ist in vollem Gange, die Hausarbeit wurde um einige Tage zu viel aufgeschoben und nun werden die Nächte um die Ohren geschlagen. Darunter leidet der Schlaf. Viele glauben, dass langes Schlafen sie von ihren Projekten abhält und unnötig sei. Doch weit gefehlt.
Wenn die Zeit drängt, ist Schlaf meist das erste, was man reduziert oder manchmal sogar ganz sein lässt. Eine Verschwendung der noch verbleibenden Zeit, um das Projekt oder die Hausarbeit zu vollenden. Leider kommt es häufig vor, dass sich Menschen damit brüsten, wie wenig sie Nacht für Nacht schlafen. Die Vision des Übermenschen, der lediglich 4 bis 5 Stunden Schlaf benötigt, ist für viele berauschend und erstrebenswert.
Schlaf oder Schlafmangel – wer ist der größere Feind unserer Produktivität?
Bill Clinton, der frühere Präsident der USA, war einst berüchtigt dafür, dass er pro Nacht lediglich 5 Stunden schläft. Später gab er zu, dass alle entscheidenden Fehler, die er gemacht habe, auf Übermüdung zurück zu führen seien. Dr. Stuart Quan und Dr. Russell Sanna unterstreichen diese Aussage damit, dass sich Schlafentzug negativ auf die Stimmung, Konzentrationsfähigkeit und höhere kognitive Fähigkeiten auswirkt. Die Kombination dieser drei Faktoren bezeichnet man als geistige Leistungsfähigkeit. Gerade diese wird bei den wichtigen Projekten und Hausarbeiten benötigt, um erfolgreich zu sein.
Wie viel Schlaf benötigt der Mensch?
Der tatsächlich notwendige Schlafbedarf eines Menschen sei individuell und hänge von mehreren Faktoren wie Gene, Alter, Schlafroutine, Gesundheitszustand und der inneren Uhr ab. 90% der Erwachsenen benötigen 7-8 Stunden Schlaf in der Nacht so Schlafpsychologe Dr. med h.c. Günther W. Amann-Jennson. Was viele Menschen unterschätzen, sei die gravierende Beeinflussung des biologischen Rhythmus durch den Schlaf. Wer am Wochenende einen anderen Rhythmus pflege als an Werktagen, verursache dadurch Unregelmäßigkeit in seinem Biorhythmus. Je größer die Diskrepanz zwischen Wochenenden und Werktagen ist, desto schädlicher ist dies für den Rhythmus. Amann-Jennson empfiehlt, möglichst immer zur gleichen Zeit aufzustehen, um den biologischen Rhythmus im Gleichgewicht zu halten.
Was geschieht bei Schlafmangel?
Forschungen der Harvard Medical School haben ergeben, dass Schlafmangel ein regelrechter Performance-Killer ist. Dabei kam heraus, dass sich ein Mensch nach einer durchzechten Nacht (24h ohne Schlaf) wie ein Betrunkener mit etwa 1,0 Promille Alkohol im Blut verhält. Menschen reagierten auf den Schlafentzug zunehmend gereizt und aggressiv.
Wissenschaftler des Londoner King’s College haben sich mit dem Phänomen des gesteigerten Appetits bei Schlafmangel beschäftigt. Sie kamen zu dem Schluss, dass Menschen, die zu wenig schlafen, im Schnitt knapp 400 Kalorien am Tag mehr zu sich nehmen. Die Wissenschaftler vermuten, dass bei der Anregung des Appetits durch Schlafmangel drei Faktoren eine Rolle spielen könnten: Zum einen könnte zu wenig Schlaf Bereiche des Gehirns, die für das interne Belohnungssystem verantwortlich sind, besonders stimulieren. Zudem benötigt der Körper Energie, die er durch die fehlende Regeneration beim Schlafen aus einer externen Quelle beziehen muss. Dadurch neigen Menschen dazu, sich die Energie in Form eines fett- und zuckerhaltigen Snacks zuzuführen. Zu guter Letzt könnte die innere Uhr durch den Schlafentzug aus dem Takt gebracht werden. Das führt dazu, dass bestimmte Hormone nicht mehr richtig reguliert werden. Das Sättigungsgefühl tritt langsamer ein und es wird mehr Nahrung als nötig zugeführt.
Wie viel Power bringt der Powernapp?
Im Zusammenhang mit Schlafmangel fällt oft der Begriff „Powernapping“. Hat man nachts zu wenig Schlaf bekommen, wird einfach irgendwann im Laufe des Tages ein auf maximal 20 Minuten begrenztes, kurzes Schläfchen eingelegt. Allerdings sei es kein Ersatz für den nächtlichen Schlaf, so der Schlafpsychologe Dr. med h.c. Günther W. Amann-Jennson. Jedoch sei bei einem gesunden Schlafpensum in der Nacht ein Powernap am Tag empfehlenswert, denn es ist ein sehr guter Stresskiller und gilt als Prävention für Herz- und Kreislauferkrankungen, Erschöpfung und Burnout.
Schlaf verbessert die Fähigkeiten zu erforschen, Verbindungen herzustellen und während der Wachzeiten weniger, aber dafür bessere Entscheidungen zu treffen. Zudem erholt sich der menschliche Organismus während des Schlafens und regeneriert die körperliche, geistige und psychische Leistungsfähigkeit für den nächsten Tag. In diesem Sinne: Auf ein gemütliches Schläfchen!
Johanna Mayer
Sehr wichtiges Thema und super Artikel!