Billigmode ist ein Problem. Nicht nur für das Klima, sondern auch für die Arbeitsbedingungen von Menschen aus armen Ländern. Unsere Autorin Eva stellt Dir daher nachhaltige und faire Alternativen vor.
Upcycling
„Upcycling“ ist eine Form der Wiederverwertung von Stoffen (Recycling). Scheinbar nutzlose Abfallprodukte werden mithilfe des Upcyclings in neuwertige Stoffe umgewandelt. Anders als beim „Recycling“ oder „Downcycling“ kommt es beim Upcycling zu einer stofflichen Aufwertung. Der Prozess der Wiederverwertung von vorhandenem Material reduziert den Bedarf an neu produzierten Rohmaterialien und wirkt sich somit schonend auf Ressourcen aus.
Stoffe, die beim Upcycling verwendet werden, sind sehr vielfältig. Ausgediente Feuerwehrschläuche, Reste aus der Textilproduktion oder alte Armeedecken – alles findet eine Verwendung und kann in hochwertigere Produkte umgewandelt werden. Upcycling ist somit nicht nur ressourcenschonend, sondern verringert auch den Energieverbrauch und die Luft- und Wasserverschmutzung.
Eine Studie der Werbeagentur „Serviceplan“ in Kooperation mit der „WirtschaftsWoche“ belegt: Bis zu zehn Prozent zusätzlichen Umsatz können Unternehmen erwirtschaften, wenn sie von den Kunden als nachhaltig wahrgenommen werden. Nachhaltigkeit ist, laut dieser Studie, ein ebenso wichtiger Faktor wie die Qualität oder Attraktivität des Produkts.
Mode verleihen & teilen: Kleidungs-Sharing ist im Trend
Ausleihen statt besitzen: Das „Sharing-Economy“- Konzept gewinnt immer mehr Anhänger in der Modebranche. „Airbnb“, „Uber“ oder „Spotify“: Die “Sharing Economy” hat sich längst in unserer Gesellschaft etabliert. Nun erreicht sie auch die Modebranche. Ressourcen- und umweltschonend lautet die Devise des Trends: Anstatt die Hälfte des Kleiderschranks also ungetragen verkümmern zu lassen, soll sie stattdessen mit anderen Menschen geteilt werden.
Hand aufs Herz: Wie viele Kleidungsstücke besitzt du, die nie Verwendung gefunden haben? In der heutigen Konsumgesellschaft fällt diese Antwort erschreckend hoch aus: Laut einer Studie von Greenpeace besitzt jeder Erwachsene im Alter zwischen 18 Jahren – 69 Jahren in Deutschland 95 Kleidungsstücke. Knapp ein Drittel hat sogar bis zu 300 Teile im Kasten. 40 Prozent der Mode wird nur selten bis nie getragen und bloß für den Platz im Kleiderschrank produziert. Die meisten (83 Prozent) sind sich der Sharing-Möglichkeit in der Modeindustrie nicht einmal bewusst: Deshalb landet knapp die Hälfte jener ungetragenen Kleidung kurzerhand im Müll.
Mode teilen: Mit fremden Federn schmücken
Dennoch gibt die aufsteigende „Sharing-Economy“ den Anstoß zum Umdenken. Weg vom Einweg-Produkt hin zu nachhaltigen Alternativen: Den Konsumenten wird immer mehr bewusst, wie groß ihr tatsächlicher Besitz ist. Viele sind deshalb bereit, ihr Eigentum zu teilen, und dazu auch noch von anderen Kleiderschränken zu profitieren. Und so funktioniert das Zero-Waste-Modell:
Gekauft werden sollte nur, was wirklich benötigt wird. Denn jedes Outfit zieht eine Ressourcen zehrende Produktionskette mit sich. Deshalb gilt es, jene Kleidungsstücke zu tragen, die wir alle zusammen bereits zur Verfügung haben: Und das sind mehr als genug. Mittlerweile gibt es einige Kleider-Bibliotheken, aber auch Kleidertauschpartys, welche das Zero-Waste-Modell anbieten. Große Firmen wie „Rent a Runway“ oder „Girlmeetsdress“, aber auch Start-ups wie „Temporary Wardrobe“ haben das Potenzial der Branche bereits entdeckt.
Ein unendlicher Kleiderschrank: Man darf sich also ein Teil aussuchen und wieder zurückgeben, sollte es nicht mehr verwendet werden. Natürlich kannst auch du die Verleih-Seite einnehmen und die Kleidung an Dritte weitergeben. Wer zunächst noch keine fremde Kleidung tragen möchte, kann dennoch den Sharing-Versuch wagen. Sortiere einfach deine ungetragenen Klamotten aus und tausche sie mit einer Freundin oder einem Freund.
Fair Trade – was ist faire Kleidung?
Grundsätzlich ist Kleidung dann fair, wenn die Menschen, die sie herstellen, selbstbestimmt agieren, grundlegende Rechte haben, von ihrer Arbeit leben können und durch diese Arbeit keine gesundheitlichen Schäden davontragen. Geregelte Arbeitszeiten, Rechtssicherheit, Vermeidung von Kinderarbeit und keine Diskriminierung aufgrund von Religion, Rasse oder Herkunft sind die Basis einer fairen Produktion. In der Regel werden faire Kleidungsstücke durch entsprechende Siegel gekennzeichnet.
Siegel & Zertifikate
Es gibt eine Vielzahl von Siegeln, Zertifikaten und Initiativen, die für eine vermeintlich faire Produktion stehen und vorgeben, ein unter ethischen Gesichtspunkten, einwandfreies Produkt zu garantieren. Bei genauerer Betrachtung verbergen sich dahinter allerdings oftmals lediglich halbherzige Absichtserklärungen und angebliche Selbstkontrollen der Industrie. Eine unabhängige Kontrollinstanz, die die Produktion nach eigenen Kriterien überprüft und entsprechend bewertet, gibt es meist nicht.
Der Siegeldschungel lichtet sich schnell, wenn man gezielt nach seriösen und unabhängigen Siegeln sucht. Die zentrale Eigenschaft eines seriösen Siegels beziehungsweise Zertifikats ist die Unabhängigkeit der Institution, die das jeweilige Siegel vergibt. Darüber hinaus sind klare Richtlinien und weltweit einheitliche Standards eine wichtige Grundvoraussetzung, um glaubhaft einwandfreie Bedingungen zu schaffen und sicherzustellen. Regelmäßige Audits sind eine wichtige Basis und die daraus resultierenden Prüfberichte sind im Idealfall – öffentlich einsehbar – hinterlegt und auch von Privatpersonen, zum Beispiel einem interessierten Kunden, nachzulesen.
Die wichtigsten Siegel/Zertifikate im Bereich der fairen Mode sind:
Das Siegel der Fair Wear Foundation (FWF)
Die „Fair Wear Foundation“ ist eine Stiftung, die sich weltweit für verbesserte Arbeitsbedingungen in der Textilbranche einsetzt. Firmen und Marken, die der „Fair Wear Foundation“ beitreten, verpflichten sich zur Einhaltung von acht grundlegenden Richtlinien und akzeptieren eine jährliche Überprüfung der Produktionsstätten, aus der ein Prüfbericht, der sogenannte „Brand Performance Check“, hervorgeht. Neben sozialen Kriterien in den Produktionsstätten regelt der Kodex die gesamte Lieferkette und berücksichtigt beispielsweise auch Umweltaspekte und die Arbeitsbedingungen auf den Baumwollfeldern.
Das Zertifikat des G.O.T.S. – Global Organic Textile Standard
Der „Global Organic Textile Standard“, umgangssprachlich »GOTS-Standard« genannt, ist in erster Linie auf die Bio-Qualität der verwendeten Baumwolle, die sortenreine Verarbeitung und Lagerung entlang der gesamten Lieferkette sowie die bei der Textilherstellung verwendeten Hilfs- und Farbstoffe konzentriert, verfolgt jedoch einen umfassenden Ansatz und berücksichtigt dabei auch soziale Kriterien. Für alle Arbeiter des Produktionsprozesses gelten die Standards der ILO-Kernarbeitsnormen, deren Einhaltung der GOTS regelmäßig überprüft.
Das Fairtrade-Siegel
Das durch Kaffee, Bananen und Schokolade bekannte „Fairtrade-Siegel“ gibt es auch für Baumwolle und den Textilbereich. Der Standard hat seinen Ursprung beim Anbau der für die Produktion der Textilien benötigten Baumwolle und fördert gezielt kleine und mittelgroße landwirtschaftliche Betriebe. Neben langfristigen Lieferverträgen und garantierten Abnahme- und Mindestpreisen wird eine Fairtrade-Prämie gezahlt, die in Entwicklungsprojekte und Bildung fließt. Mittlerweile ist ein neuer Fairtrade-Standard geschaffen worden, der einen umfassenden Ansatz verfolgt und die gesamte textile Kette, inklusive der Herstellungsbetriebe, absichert.
Faire Kleidung aus fernen Ländern
Insbesondere in Regionen, in denen in Textilfabriken oftmals fragwürdige und unzureichende Zustände herrschen, müssen international gültige Standards die faire und gleichbleibende Qualität der Produktion sicherstellen. Es gibt in nahezu allen Ländern »gute« Fabriken, die mit modernsten Maschinen, in hellen, sauberen und gut belüfteten Räumen zu fairen Bedingungen und nach westlichen Standards produzieren.
Die gezielte Förderung dieser Firmen, durch langfristige und partnerschaftliche Geschäftsbeziehungen, ist mit Sicherheit einem generellen Boykott ganzer Länder vorzuziehen. Wir befinden uns im Fast-Fashion-Zeitalter und der Ladenpreis ist ein entscheidendes Kriterium beim Kauf von Kleidung. Es ist aus vielerlei Gründen utopisch, zu glauben, dass eine groß angelegte Rückkehr von Produktionsstätten in westliche Länder die großen Probleme der globalen Bekleidungsindustrie lösen und man das Kaufverhalten ganzer Gesellschaften um 180 Grad drehen könne.
Sogenannte Entwicklungsländer sind Teil einer Lösung bzw. eines Prozesses, der zu einer generellen Verbesserung der Arbeitsumstände bei der Herstellung von Kleidung führt. Wenn »Fair-Trade« weitere Schritte aus der Nische gehen will, ist es nötig, dass sich die gesamte Branche ebenso breit aufstellt, wie es die konventionelle Branche tut. Es ist essentiell, dass echte Alternativen zum konventionellen Markt geschaffen und angeboten werden, nicht lediglich Ergänzungen.
Fair ist gut, öko-fair ist noch besser
Oftmals sind bereits ein für den Arbeiter sicheres und nicht gesundheitsschädliches Arbeitsumfeld sowie die Vermeidung kritischer Chemikalien und ungesunder Substanzen auch für die Umwelt von großem Vorteil. Dennoch kann die Verwendung von nachhaltigen und ökologischen Stoffen sowie ein streng reglementierter, weit über die gesetzlichen Vorgaben hinausgehender, Einsatz von ungiftigen Farben und Hilfsstoffen weitere Verbesserungen für die Natur und die Trinkwasserqualität in der Umgebung von Baumwollfeldern und Textilfabriken bringen.
Die Ökobilanz von Bio-Baumwolle ist deutlich besser als die von konventioneller Baumwolle. Beim Anbau von Bio-Baumwolle kommen keine synthetischen Pflanzenschutzmittel und auch keine Kunstdünger zum Einsatz. Durch diesen Verzicht entsteht zudem eine dickere Humusschicht, die deutlich besser Wasser speichert, als es auf einem konventionell bewirtschafteten Baumwollfeld der Fall ist.
Wird Bio-Baumwolle nach den strengen Kriterien des G.O.T.S. angebaut und weiterverarbeitet, so ergeben sich, aufgrund der umfangreichen Verbotsliste für kritische und dennoch gesetzlich erlaubte Substanzen, weitere Vorteile. Nicht nur die Umwelt und die in den Entstehungsprozess der Kleidungsstücke eingebundenen Personen, sondern auch die Verbraucher, insbesondere Allergiker und Kinder, profitieren, da sie nicht mit toxischen Schwermetallen und anderen Chemikalien in Berührung kommen. Außer Bio-Baumwolle gibt es weitere nachhaltige Fasern, die bessere Ökobilanzen als konventionelle Baumwolle oder Polyester aufweisen. Hierzu zählen recycelte Materialien sowie zum Beispiel Hanf und Bio-Flachs.
Achte beim Kleiderkauf auf das Herkunftsland
Es sollte auch erwähnt werden, dass nicht alle Textilien, die keines der oben genannten Zertifikate tragen, definitiv unter »unfairen« Bedingungen entstanden sind. Auch wenn es ratsam ist, beim Kauf von Kleidung, insbesondere aus fernen Ländern, auf unabhängige Zertifikate zu achten, lohnt sich das Differenzieren bei nicht zertifizierter Ware. Oft gibt bereits das Herkunftsland eine gewisse Sicherheit. Kleidung, die innerhalb der EU hergestellt wird, entsteht aufgrund der hohen Standards innerhalb Europas unter sehr viel positiveren Bedingungen, als es meist in Entwicklungs- und Schwellenländern der Fall ist.
Es gibt zudem viele kleine Modelabels und junge Marken, die enge, freundschaftliche Kontakte zu den Menschen in den Produktionsstätten pflegen, sich aber eine Zertifizierung bei Markteintritt schlicht nicht leisten können. In diesen Fällen ist dann eine hohe Transparenz nötig, um glaubhaft zu versichern, dass die Kleidung unter fairen und/oder nachhaltigen Bedingungen entstanden ist. Bei Kleidung, die aus Ländern kommt, die für problematische und fragwürdige Arbeitsbedingungen bekannt sind, ist es dennoch immer ratsam, sich ausschließlich auf unabhängige Zertifikate zu verlassen, um die größtmögliche Sicherheit zu haben, dass das erworbene Kleidungsstück auch tatsächlich unter fairen Bedingungen entstanden ist.
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