In der Zeit, in der wir uns selbst meist noch nicht kennen, wird von uns eine große Entscheidung verlangt. Oftmals kommt dieser Druck von allen Seiten. Und leider wird oft nur eine praktische Entscheidung getroffen, um diesem Druck zu entkommen. Auch unserer Autorin Vanessa erging es nicht anders.
Geformt, um zu werden
Wir werden von klein auf dazu gedrängt, uns zu suchen, statt wir selbst sein zu dürfen. Wir werden über so vieles belehrt. Selbstliebe, Achtung und Respekt uns selbst gegenüber, zählen leider nicht wirklich dazu. Grundsätzlich war es auch genau das, an was es mir selbst fehlte.
Ich hielt mich selbst lieber klein und ruhig. Schließlich kannte ich es nicht anders. Hatte ich vielleicht Angst, gesehen zu werden? Ich selbst sah mich jedenfalls nicht. Träumte vom Großen, aber traute mich nie, mich zu zeigen, geschweige denn, meine Meinung zu sagen. Lieber blieb ich still und höflich. Anderen gegenüber gab ich stets den Vortritt.
Selbstbewusstsein und Willenskraft, wo seid ihr?
Kommt es also echt auf unser Selbstbewusstsein und unsere Willensstärke an? Unsere Entschlossenheit? Oder ist doch eher das, was uns beigebracht wird, das Entscheidende? Vor allem sind es doch immer wieder alte Themen unserer Vorfahren und unseres Umfeldes, welche wir übernehmen. All das verstrickt uns noch mehr – und braucht umso mehr Kraft an der Entwickelung unseres wahren Seins.
Bekräftigen oder schwächen uns die pädagogischen Maßnahmen?
In der Schule kommt es zu wichtigen Entscheidungen: Welche Kurse belege ich? In welche Richtung will ich gehen? Hier kommt ganz schön viel Druck auf uns zu. Gemeint ist der Druck, Erwartungen zu erfüllen. Doch welchen Erwartungen versuchen wir, wirklich gerecht zu werden? Wirklich unseren eigenen? Oder sind es doch die unserer Eltern und Lehrer?
Leistungsdruck und Konkurrenzdruck stehen leider viel zu weit oben. Ebenso bekommen wir im Freundeskreis einen gewissen Druck zu spüren. Ich habe mich auch aufgrund meiner Freunde gegen meinen Wunsch des Latein-Zweiges in der Schule entschlossen. So bin ich in die Französisch-Klasse gegangen, in die alle meine Freunde wollten. Nur weil ich nicht mutig genug war, allein einen neuen Weg zu beschreiten.
In der Komfortzone bleiben oder neue Schritte wagen?
Ich fühlte mich einfach fehl am platz. Traf viele Entscheidungen, um meine gekünstelte Komfortzone nicht verlassen zu müssen. Und das jahrelang! Nur verstand ich damals ja auch nicht, dass diese Leere in mir war, weil ich meinem Ruf noch nicht folgen konnte. Und das Gleiches Gleiches anzieht, verstand ich damals auch noch nicht. In Mathe zum Beispiel zählte ich immer zu einer der Besten. Da wurde mir von meinen Professoren geraten, meinen Wunsch, Journalistin zu werden, sollte ich besser vergessen.
Entweder kann man rechnen oder schreiben. Beides ginge nie im Leben. Einzig mein damaliger Deutsch-Professor bestärkte mich, doch zu schreiben. Er ermutigte mich dazu, mich auch durch das Schreiben kreativ auszuleben. Er verstand, dass ich mich nur nie richtig konzentriert habe, um mein ganzes Können beim Schreiben zu geben. Damals schon habe ich vieles ziemlich halbherzig gemacht. Eine Art Selbstschutz – nicht alles von mir preiszugeben – vielleicht.
Mut erweisen
Damals, während meiner Suche, zum Beispiel nach der ersten großen Liebe in der Teenager -Zeit, kam ich dann doch wieder auf das Malen zurück. Aber ich hatte einfach nicht genug Mut, mich zu zeigen. So groß waren meine Zweifel an mir, an meinem eigenen Talent. Ich träumte heimlich von der großen Karriere. Meine erste Facebook-Seite kostete mich meine ganze Überwindung. Es war eine große Chance, meine Werke mit der Öffentlichkeit zu teilen. Jedes Mal kamen neue Zweifel auf beim Posten, wie viele Gefällt mir-Angaben wohl kommen würden oder eben auch nicht. Im Prinzip war es jedes Mal aufs Neue doch eine Stress- und Leistungsprobe für mich.
Alles unbegründet natürlich, aber damals konnte ich das nicht verstehen. Die Aufnahmeprüfung an der Kunst-Akademie zu versuchen, habe ich mir dann nach langem Abwägen doch zugetraut. Was das für ein sagenhaftes Gefühl war, könnt ihr euch gar nicht vorstellen. Nach so großen Zweifeln, die ich damals hatte, dann doch die Gewissheit zu haben, die ich brauchte, dass ich doch ‚Gut Genug‘ war fürs Malen. Und als der Bescheid der Aufnahme an der Kunstschule tatsächlich ankam, da konnte ich meine Welt gar nicht mehr begreifen. Trotzdem reichte mein Selbstvertrauen nicht aus, diesen Weg zu beschreiten. Allein und neu in eine neue Stadt zu ziehen, war mir zu viel.
Kleine Schritte müssen nicht immer eine Weg-Änderung bedeuten
Entscheidungen zu treffen, war also nie meine Stärke. Zu sehr wägte ich ab. Aus Angst, einen falschen Schritt zu gehen. Also entschied ich mich damals für eine, meiner Meinung nach, sichere Variante. Ich entschloss mich für eine Ausbildung im technischen Chemie-Bereich, nicht weit weg von meinem gewohnten Umfeld. Nun zumindest war hier die erste klare Entscheidung meinerseits gefällt worden. Die Entscheidung für den Schul-Abbruch und gegen Matura und Studium.
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