Jugend- und Kriegsjahre
Geboren wurde Richard von Weizsäcker am 15. April 1920 in Stuttgart. Er machte sein Abitur im Alter von 17 Jahren am ehemaligen Bismarck-Gymnasium in Berlin-Wilmersdorf. Dadurch, dass er die Kriterien der nationalsozialistischen Begabtenförderung erfüllte, konnte er nach seinem Abitur in Oxford und Grenoble Vorlesungen über Geschichte und Philosophie besuchen. 1938 wurde er dann in den nationalsozialistischen „Reichsarbeitsdienst“ eingezogen. Im Herbst desselben Jahres trat er in die Wehrmacht ein und überschritt, zusammen mit seinem Bruder, dem Leutnant Heinrich von Weizsäcker, am 1. September 1939 die Grenze zu Polen. Somit war von Weizsäcker von Beginn an Soldat im Zweiten Weltkrieg. Sein Bruder Heinrich starb am 2. September 1939 nur wenige hundert Meter von ihm entfernt.
Richard von Weizsäcker bekleidete unterschiedlichste militärische Ämter während des Krieges und erfuhr im Laufe des Jahres 1944 durch seinen Freund Fritz-Dietlof Graf von der Schulenburg von den Attentatsplänen Stauffenbergs. Im April 1945, kurz vor Kriegsende, schaffte er es, mehrere Soldaten zu retten, weswegen er von seinem Kommandeur ausgezeichnet werden sollte. Dies konnte jedoch aufgrund des Kriegsendes nicht mehr geschehen.
Sofort nach dem Krieg begann er in Göttingen Rechtswissenschaften und Geschichte zu studieren. Da sein Vater 1947 in dem sogenannten „Wilhelmsstraßen-Prozess“ als Kriegsverbrecher angeklagt wurde, half Richard von Weizsäcker der Verteidigung seines Vaters. Das Urteil, welches zuerst sieben, dann fünf Jahre Haft vorsah und schließlich auf drei verkürzt wurde, sah er jedoch Zeit seines Lebens als „historisch und moralisch ungerecht“ an.
Politisches Leben
Während Richard von Weizsäcker im Zeitraum von 1950 bis in die späten 60er Jahre verschiedene Stellen in der Wirtschaft bekleidete, engagierte er sich politisch seit 1954 als Mitglied der CDU. 1969 zog er erstmals als Abgeordneter in den Bundestag ein und blieb dort bis ins Jahr 1981. Im Jahre 1974 war er erstmals der Bundespräsidenten-Kandidat der CDU/CSU, unterlag jedoch gegen Walter Scheel. Im Jahre 1981 wurde Weizsäcker Bürgermeister West-Berlins und war in diesem Amt der erste, der Ost-Berlin offiziell besuchte. Weizsäcker versuchte stets eine Politik der Annäherung, die seit dem Ende der 60er Jahre durch die sozialliberale Koalition unter Brandt angestoßen worden war, weiterzuführen. Sein Ziel war ein geeintes und friedliches Deutschland.
Am 23. Mai 1984 wurde Richard von Weizsäcker durch die Bundesversammlung zum sechsten Bundespräsidenten gewählt. Dieses Amt hatte er zehn Jahre inne. Als berühmtestes und auch wichtigstes Zeugnis dieser Bundespräsidentschaft gilt die Rede vom 8. Mai 1985 vor dem deutschen Bundestag. In dieser stellte er klar, dass der 8. Mai 1945 ein Tag der Befreiung war. Weizsäcker kritisierte unter anderem den Einfluss und das Verhalten der deutschen Parteien, die sich seiner Ansicht nach nur auf die aktuelle Stimmung des Volkes fokussierten, um Wahlen zu gewinnen und nicht als vorrangiges Ziel die langfristige Problemlösung vor Augen hatten.
Richard von Weizsäcker engagierte sich während und nach seinem aktiven politischen Leben auch kirchlich. So war er mehrmals Präsident des Deutschen Evangelischen Kirchentags, Mitglied der Synode und des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland. In seinem langen und bewegten Leben unterstützte er verschiedene Organisationen und erhielt unzählige Auszeichnungen, wie zuletzt im Jahre 2013 den Internationalen Mendelssohn-Preis zu Leipzig für sein gesellschaftliches Engagement.
Richard von Weizsäcker hatte ein langes und bewegtes Leben, die Frage, ob es ihn erfüllt hat, bleibt seinen Angehörigen überlassen, aber eines können wir ohne jeden Zweifel über ihn und sein Handeln sagen: Um es mit den Worten des aktuellen Bundespräsidenten, Joachim Gauck, auszudrücken: „Richard von Weizsäcker hat sich um unser Land verdient gemacht. Wir werden ihn nicht vergessen.“
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