Lange bevor Mercedes oder BMW ein neues Auto präsentieren, arbeitet der deutsche Weltmarktführer Herpa an einem Miniaturmodell. Ein Firmenbericht.
Im Jahr 1957 rollte der erste Trabant aus den Automobilwerken in Zwickau. Kurze Zeit später, 1989/90, wurde er zum Symbol der Wiedervereinigung Deutschlands. Der Trabant ist bis heute ein allgemein bekanntes Kultauto, das vor allem Herzen von Automobilliebhabern unterschiedlichster Generationen höher schlagen lässt.
Auch heute noch wird der Trabant 601 hergestellt – jedoch im Maßstab 1:87. Kein Modell verkauft sich bei Herpa Miniaturmodelle GmbH besser als der Trabi. Er verdrängt sogar den weltbekannten Citroën 2CV und den Porsche 911 auf Rang zwei und drei. Im fränkischen Dietenhofen bei Nürnberg produziert Herpa Autos, Lastwägen und Flugzeuge detailgetreu und im Miniaturformat.
Angefangen hat alles 1949, als Wilhelm Hergenröther in Nürnberg das Unternehmen Herpa gründete. Zu dieser Zeit produzierte die Firma Komponenten für Modelleisenbahnen, wie Grasmatten, Bäumchen und Streumaterial. Sechzehn Jahre später wurde Herpa von der Firma Riwa-Plastik, die Kunststoffteile für die Foto- und Phonoindustrie herstellte, übernommen. Der damalige Firmenchef Fritz Wagner produzierte weiterhin unter dem Namen Riwa Kunststoffteile für die Industrie und unter dem Namen Herpa Zubehör für Modelleisenbahnen. Ein entscheidender Meilenstein wurde 1971 auf der Nürnberger Spielwarenmesse gelegt, als Herpa detailgetreue Häuser-Bausätze im Maßstab 1:160 vorstellte. Sieben Jahre später begann das immer bekannter gewordene Unternehmen mit der Produktion von PKW-Modellen im Maßstab H0 (1:87).
Durch ihre genauen Details wurden diese Modelle schnell begehrte Sammlerobjekte. Claus und Dieter Wagener, die Söhne von Fritz Wagener, bauten diese neue, revolutionäre Produktlinie weiter aus. Alle folgenden Automodelle wurden erstmals in Schnapp-Bauweise (also ohne Klebeverbindungen) auf den Markt gebracht. Diese Bauausführung wurde zum Erkennungsmerkmal von Herpa Modellen und konnte sich bis heute behaupten. Mit der neuen Serie in 1:87 setzte das Unternehmen 1986 im Modellbau neue Maßstäbe. Der Luxuswagen Ferrari Testarossa war das erste Modell, welches aus 22 Einzelteilen, einer durchsichtigen, klappbaren Motorhaube und weiteren technischen Features, wie einem nachgebildeten Zwölf-Zylinder-Motor und einzeln gefederten Radachsen sowie Rädern bestand. Später stellte Herpa erstmals Flugzeugmodelle mit originalgetreuen Aufdrucken vor.
„Wir produzieren heute jährlich vier Millionen Modellautos und sind Marktführer im Bereich 1:87“, erzählt Daniel Stiegler, Unternehmenssprecher der Herpa GmbH. Die aktuelle Herpa-Collection umfasst mehr als 1.500 lieferbare Automobilmodelle von Herstellern wie Mercedes-Benz, BMW, Audi, Volkswagen und historischen Herstellern wie Borgward, Henschel sowie Wartburg. Damit die Auto- und Flugzeugmodelle so detailgetreu wie nur möglich werden, ist eine Zusammenarbeit zwischen Herpa und Automobil- sowie Flugzeugherstellern wie BMW und Boeing unerlässlich. „Weit vor einer Neuwagenpräsentation beginnen wir ein passendes Herpa Modell zu entwickeln. Höchste Geheimhaltung und langjährige Partnerschaft sind Voraussetzung für die enge Zusammenarbeit.
Nicht selten wird ein Herpa-Modellauto von VW Chefdesigner Walter da Silva persönlich freigegeben“, verrät Stiegler. Die Entwicklungsphase eines solchen Modellfahrzeuges hängt von den Maßen und möglichen Varianten ab. „Für einen Lastkraftwagen wie den Mercedes-Benz Actros benötigen wir ein knappes Jahr, da es dieses Fahrzeug in unzähligen Varianten gibt, die allesamt von Herpa angeboten werden“, so der Unternehmenssprecher. Die Entwicklung beansprucht zudem ein jährliches Investitionsvolumen von ungefähr einer Million Euro. Das Unternehmen hat seit 1949 seinen Sitz in Dietenhofen bei Nürnberg und ist seit dem Jahr 2009 im Besitz von Fürst Andreas zu Leiningen. Insgesamt arbeiten 217 Mitarbeiter in Verwaltung und Produktion am fränkischen Standort.
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