Bis heute gilt Thomas von Aquin als einer der bedeutendsten Theologen der Kirchengeschichte. Sein Denken revolutionierte die akademische Welt des Mittelalters. Ein Portrait von Benedikt Bögle.
Thomas von Aquin stammte aus einer adligen Familie Süditaliens, 1225 wurde er geboren. Bereits mit vierzehn Jahren studierte der begabte Junge Philosophie. Während dieser Zeit wurde er auf den jungen Orden der Dominikaner aufmerksam und schloss sich ihm an. Dieser Schritt stieß nicht gerade auf Begeisterung: Als der Orden Thomas zum Studium nach Bologna schicken wollte, überfielen ihn seine eigenen Brüder und nahmen ihn gefangen – um so das Ordensleben noch zu verhindern. Es gelang ihnen nicht, Thomas ließ sich nicht von seinem Entschluss abbringen und überzeugte so auch seine Familie, ihn wieder ziehen zu lassen.
Zusammenfassungen christlicher Theologie
Thomas von Aquin kam nach Paris und studierte bei Albertus Magnus, einem weiteren der begabtesten akademischen Lehrer seiner Epoche. In der Folgezeit wirkte Thomas als Professor und Prediger, bis er 1274 im Alter von nicht einmal 50 Jahren auf dem Weg zum Konzil von Lyon starb. Was er hinterlassen hatte, ist ein Werk, das kaum überblickt werden kann. In der „Summa contra gentiles“ und der bei seinem Tod nur fragmentarisch vollendeten „Summa theologiae“ legt Thomas eine umfassende Zusammenfassung der christlichen Theologie vor.
Wiederentdeckung des Aristoteles
Als Thomas seine Theologie entwickelte, war der antike Philosoph Aristoteles gerade erst wiederentdeckt worden: Seine Schriften waren zu einem großen Teil untergegangen. Philosophen konnten den Inhalt seines Denkens nur grob skizzieren. Im Mittelalter wurden dann arabische Übersetzungen des griechischen Philosophen zugänglich: Eine ganz neue Welt des Denkens erschloss sich den Theologen und Philosophen, die zum anderen großen Philosophen der Antike – Platon – teilweise in deutlichem Widerspruch stand.
Aristoteles und die Eucharistie
Thomas von Aquin sorgte sich darum, diese „neue“ Philosophie in die christliche Theologie zu integrieren. Dabei bot Aristoteles Denkfiguren, mit denen der Theologe bestimmte Inhalte des christlichen Glaubens gut erklären konnte. So etwa die Lehre von Substanz und Akzidenz: Aristoteles ging davon aus, dass jedem Ding eine Substanz zukomme, sein inneres Wesen. Dazu kommen Akzidenzen, zufällige Erscheinungsformen wie etwa Größe, Aussehen, Geruch oder Geschmack. Mit dieser Sicht auf die Welt ließ sich nun auch die Wandlung von Brot und Wein in Leib und Blut Christi erklären: Die äußeren Erscheinungsformen von Brot und Wein bleiben gleich – ihre Substanz wandelt sich aber; daher spricht man auch von der „Transsubstantiationslehre“.
Vernünftiger Glaube
Das Leben des heiligen Thomas von Aquin zeigt auch, wie wichtig die vernünftige Reflexion des Glaubens für das Christentum ist: Auch wenn sich Glaube nicht in einem naturwissenschaftlichen Sinne beweisen lässt, kann man sich ihm doch auf vernünftige Weise nähern und sich darum bemühen, nicht „blind“ zu glauben, sondern auch mit den Mitteln der Vernunft nach Gott zu suchen.
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