In der nordäthiopischen Region Tigray bedrängen Regierungstruppen die Bevölkerung. Laut dem päpstlichen Hilfswerk „Kirche in Not“ würden wahllos Zivilisten ermordet und missbraucht. Die Übergriffe nähmen, nach Angaben einer anonymen Quelle, das Ausmaß eines Völkermordes an. Ein Bericht von Benedikt Bögle.
Seit November tobt in der Region Tigray, im Norden Äthiopiens, ein Bürgerkrieg. Eine anonyme, kirchennahe Quelle äußerte sich gegenüber dem päpstlichen Hilfswerk „Kirche in Not“ über die Situation in dem afrikanischen Land. Danach würden gezielt Angriffe auf junge Menschen stattfinden. Wahllose Morde und sexuelle Gewalt würden die Bevölkerung bedrohen und Ordensfrauen würden vergewaltigt. „Das ist nicht nur ein Kampf zwischen Militäreinheiten; sie töten alle. Das ist eindeutig ein Völkermord an den Menschen von Tigray.“ Die anonyme Quelle bestätigt damit, was der äthiopisch-orthodoxe Patriarch Mathias bereits Anfang Mai berichtet hatte. Auch er hatte von einem Völkermord in der Region Tigray gesprochen.
Wahllose Angriffe auf Zivilisten
Seit November 2020 wüten die Kämpfe in Äthiopien. Ursache dafür waren Auseinandersetzungen um eine Wahl: Der äthiopische Premierminister Abiy Ahmed hatte der Partei „Tigray´s People Liberation Front“ (TPLF) die Abhaltung illegaler Wahlen vorgeworfen. Daraufhin entsandte er Truppen in die Region, die von weiteren Einheiten aus Eritrea unterstützt werden. Diese Truppen – so berichtet nun eine anonyme Quelle gegenüber „Kirche in Not“ – griffen gezielt Zivilisten an.
Viele Bewohner seien bereits aus der Region geflüchtet. Zahlreiche Frauen und Mädchen würden von den Soldaten missbraucht. „Es ist eine Form des Missbrauchs, wie Sie ihn vielleicht noch nie gehört haben. Angehörige unseres Volkes, unsere Ordensschwestern, wurden vergewaltigt. Einige von ihnen mussten wir ins Krankenhaus bringen. Mehrere Anlaufstellen, wo wir Hilfe bekommen könnten, haben die Soldaten geschlossen“, berichtet die anonyme Quelle weiter.
90 Prozent der Menschen vertrieben
Bereits rund 90 Prozent der Bevölkerung von Tigray seien so vertrieben worden. „Dieser Krieg hat eine große humanitäre Krise ausgelöst, die sich in einer überwältigenden Zahl von zivilen Opfern, der Vertreibung von Millionen Menschen, der Zerstörung unserer wirtschaftlichen und sozialen Grundlagen, psychischen Schmerzen und Panik ausdrückt .“
Die Region ist auf Hilfe angewiesen – und die kommt unter anderem vom päpstlichen Hilfswerk „Kirche in Not“. In der Region Tigray hat das Hilfswerk bereits Priester und Ordensleute unterstützt. 100 Projekte in Äthiopien wurden gefördert. Dazu gehören etwa der Bau von Kapellen und Klöstern, die Ausbildung von Katecheten oder auch die Anschaffung von Fahrzeugen. Das Hilfswerk „Kirche in Not“ setzt sich seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges für verfolgte und bedrängte Christen auf der ganzen Welt ein.
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