Viele Menschen stehen neuen Erfindungen zu Beginn kritisch gegenüber. Dies war wohl beim Ackerbau genauso wie beim Rad oder dem Auto. Ihre Argumentation: Wieso brauchen wir etwas Neues, wenn wir bislang auch ohne es zurechtgekommen sind? Diesen Traditionalisten steht häufig einer kleinen Gruppe andersdenkender Revolutionäre gegenüber, die den Mut aufbringen, sich in unbekannte Gewässer zu stürzen und sich überraschen zu lassen.
Als im Juli 2003 MySpace und wenige Monate später die Business-Netzwerke Xing und LinkedIn in den unendlichen Weiten des Internets erste Wellen schlugen, war ihr Erfolg ungewiss. Kommunikation fand überwiegend über Telefon, Fernsehen, Radio und Zeitung statt. Als am 4. Februar 2003 Facebook und anschließend StudiVZ und Twitter folgten, waren immer noch hauptsächlich Insider und Computer-Freaks auf den Netzwerken unterwegs. Doch das sollte sich mit der Zeit ändern: Immer mehr Haushalte legten sich einen Internetanschluss zu und wollten die neuen Möglichkeiten nutzen und über ihren PC miteinander kommunizieren, Spaß haben und neue Leute kennenlernen. Noch in den Kinderschuhen steckt bei all den alten Hasen noch Google Plus, das erst am 28. Juni 2011 ins Leben gerufen wurde und bald seinen dritten Geburtstag feiert.
Moderne Abhörmethoden und Kommunikationswege
Heute gehört die Mitgliedschaft in Sozialen Netzwerken sowohl im Privatleben, als auch im Berufsumfeld zum Standard. Personaler checken die Online-Auftritte von Bewerbern, um sich ein Bild des Kandidaten zu machen. Alkoholorgien und Partyexzesse sind dabei häufig ein K.O.-Kriterium. Denn kein Arbeitergeber stellt einen jungen Menschen ein, bei dem er schon im Voraus die gefährlichen gesellschaftlichen Abgründe erkennt.
Aber Social Media ist nicht nur ein Überwachungsmedium für Unternehmen: Sie sind auch eine neue Geldquelle. Über Facebook, Twitter und Co. versuchen immer mehr Firmen, sich zu positionieren, Kontakt zu den zumeist jüngeren Nutzern aufzunehmen und sich durch Anzeigen, Werbung und Gewinnspiele ein monetäres Standbein aufzubauen. Insbesondere für den Journalismus sind die Sozialen Netzwerke eine interessante Erscheinung – zugleich Fluch und Segen. Sie bieten den Online-Redaktionen der Printzeitungen die Möglichkeit, mit einer frischen und internetaffinen Zielgruppe zu interagieren. Das haben große Magazine, wie Spiegel und Focus, und auch regionale Tageszeitungen, wie die Nürnberger Nachrichten oder der Münchner Merkur, längst verstanden. Zu der älteren Generation der Zeitungsleser kann sich also eine junge Onlinegeneration gesellen.
Auf der anderen Seite steht jedoch die Frage nach der Rentabilität. Wer zahlt für die Social-Media-Mitarbeiter, Online-Redakteure und SEO-Spezialisten, die für einen erfolgreichen Auftritt dringend notwendig sind? Hier stehen die Redaktionen momentan am Scheideweg: PayWall oder Spenden, finanziell oder „elektronisch“ durch Likes? Das letzte Wort ist dabei noch nicht gesprochen und erst die Zukunft kann zeigen, wohin es den Journalismus im Internet verschlägt.
Jeder Prediger braucht seine Gemeinde
Sicher ist nur, dass sich unter den knapp 1,2 Milliarden Facebook-Usern, den 300 Millionen Google-Plus-Fans und den 232 Millionen zwitscherfreudigen Twitterern auch etliche Journalisten und Autoren befinden. Für den einzelnen Redakteur gilt das gleiche, wie für die großen Medienanstalten: Nur, wer neue Follower und Freunde generiert, kann seine Botschaft in der digitalen Welt verbreiten.
Das ist natürlich für etablierte Medienkonzerne leichter als für junge, aufstrebende Journalisten. Trotzdem sollte gerade der Nachwuchs der schreibenden Gilde vermehrt auf einen gepflegten Online-Auftritt setzen. Denn hier haben sie einen Vorteil gegenüber naiven Printredakteuren, die das Internet für eine unberechenbare Gefahrenzone halten, und den älteren Berichterstattern, die einfach nicht mit dem Internet umgehen können oder wollen.
Vom Facebook-Account zur Online-Gemeinde
Dem unbändigen Drang, sich zu äußern und das Geäußerte zu verbreiten, muss jedoch ein logisch-analytischer Riegel vorgeschoben werden. Bevor Kommunikation und „Follower-Akquise“ richtig anlaufen können, gilt es einiges zu beachten: Ein einheitliches Erscheinungsbild in Name und Bild sind dabei mindestens genauso wichtig, wie das grundlegende Verständnis für die jeweiligen Netzwerke. Denn zwischen den knappen 140-Zeichen-Botschaften auf Twitter und der organisatorischen, lebendigen Jobbörse Xing liegen Welten. Jeder Onliner sollte sich ausreichend mit einem Netzwerk beschäftigen, es durchdringen und verstehen, damit die Mitteilungen auf die richtige Art und Weise an die richtigen Empfänger gesendet werden können.
Hat der Journalist die Hintergründe und Prozesse der einzelnen Sozialen Medien verstanden, gilt es in einem nächsten Schritt, Synergien zwischen den Accounts zu schaffen. Der interessierte User muss verstehen, dass auf anderen Auftritten weitere Informationen, Meinungen und Fakten gewonnen werden können. So wird nach und nach aus einem kleinen Stamm an Followern ein prächtig florierendes Netzwerk entstehen, das der Stimme des Journalisten Macht verleihen kann. Am Ende dieses synergetischen Ablaufs steht eine neue Marke. Eine Marke mit einer breiten Basis, die ein starkes Argument sein kann.
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