Manchmal ist die Antwort auf die Frage nach dem Sinn von Posts in sozialen Netzwerken und im Speziellen von Instagram-Stories einfach. Doch immer wieder frage ich mich: Wieso? Was will sie/er uns mitteilen? Oder geht es mehr um Selbsttherapie? In dieser rein subjektiven Analyse, basierend auf meinen gut 400 nicht repräsentativen Abonnements, versuche ich, ganz ohne zu werten, Antworten zu finden.

Seit August 2016 gibt es auf Instagram die Funktion der Stories, die schnell die normalen Posts in ihrer Bedeutung und Reichweite verdrängt haben. Ich kenne es nicht anders. Erst 2017 konnte ich alter Facebookhase mich dazu durchringen, mir einen Künstleraccount auf Insta zuzulegen. Zaghaft probierte ich mit der Zeit auch die Stories-Funktion aus.
Mittlerweile lade ich mehrmals die Woche Stories hoch, sei es ein Bild von einem Shooting oder ein Videoschnipsel mit Jonglage oder Musik. Es kann auch der Verweis auf diesen neuen Artikel sein. Es geht mir vor allem darum zu zeigen, was ich künstlerisch so treibe. Dazu ab und an ein paar Essensbilder oder interessante Schnappschüsse aus dem Alltag.
Was auf Instagram täglich gepostet wird, können alle erforschen, die dort angemeldet sind. Der Rest ist vielleicht aus guten Gründen (noch) nicht dabei.
Ich frage mich: Warum? Welche Intention steckt hinter dem Story- und Posting-Hype? Im Grunde natürlich die, dass Menschen Inhalte mit anderen Menschen teilen wollen. Meist wollen wir dabei offensichtlich von Anderen gemocht werden. Doch welche Ich-Aussagen lassen sich hinter Stories vermuten?
Oft verschmelzen verschiedene Aussagen und die Trennlinien sind nicht immer klar zu ziehen. Beim Versuch, die Motive hinter Stories einzuteilen, fand ich mehr und mehr heraus: Auf Instagram finden wir fast alle Facetten des Lebens und unserer Gesellschaft wieder. Wenngleich ich einschränken muss, dass dessen NutzerInnen zum größten Teil jüngeren Generationen angehören, wobei sich das nach meinem Eindruck langsam ändert. Wie bei Facebook, ziehen auch auf Instagram die Älteren den Jüngeren hinterher. Ist es also nur eine Frage der Zeit, bis meine Mutter mich abonniert?
Ich-Aussagen und Motive hinter Instagram-Stories
14 Motive möchte ich unterscheiden, ohne dabei Überschneidungen auszuschließen oder den Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben. Gesponserte Stories lasse ich außen vor.
1. Ich will, dass Ihr das kauft/zu dieser Veranstaltung kommt/meinen neuen Beitrag seht!
(kommerzielle oder nicht-kommerzielle Werbung für den Eigennutz)
2. Ich will mehr Aufmerksamkeit für meinen Kanal
(neue Abonnent*Innen gewinnen)
3. Ich will zeigen, was falsch läuft, die Welt besser machen und Euch dazu inspirieren, es mir nachzutun!
(politisch Aktive, die etwa für mehr Klimaschutz, Menschen- und Tierrechte oder soziale Gerechtigkeit kämpfen)
4. Ich finde diesen Post/Account toll und will, dass Ihr ihn euch anseht!
(Reposts und Verweise)
5. Ich will in sozialen Kontakt zu Euch treten
(Interaktionen wie (Um)Fragen, Challenges, viele Markierungen)
6. Ich will, dass meine Leistung gesehen wird /ich möchte Lob und Anerkennung
(Beispiel: Sportrekorde)
7. Ich will bewundert/beneidet werden/euch zeigen, an welchem schönen Ort ich bin
(Der Klassiker als Beispiel: Urlaubsfotos)
8. Ich will euch helfen und Rat geben
(Lebenshilfe und Erfahrungsaustausch anbieten z.B. bei psychischen Erkrankungen)
9. Es hilft mir, das mit euch zu teilen
(Selbsttherapie und persönliche Motivationssteigerung)
10. Ich ärgere/freue mich, bin traurig etc.
(Emotionen teilen. Typisches Beispiel: Sich über die Deutsche Bahn aufregen)
11. Ich brauche Leute, mit denen ich meine Gedanken teilen kann
(Mehrteilige Stories aus dem Bett/Zug etc.)
12. Ich möchte inspirieren
(Bespiel: schlaue Sprüche, Weisheiten und Aphorismen posten)
13. Ich will Euch zum Lachen/Staunen bringen
(lustige und interessante Alltagssituationen, oft mit Spezialeffekten)
14. Ich will präsent bleiben
(Regelmäßig sich wiederholende Posts. Ich kenne das Beispiel einer Profisportlerin, die die Stationen ihres Tagesablaufs zuverlässig exakt in Stories packt: Good morning/coffee/½ done/lunch/Full done/Foto von nackten Beinen in Badewanne.)
Sonnen- und Schattenseiten sozialer Netzwerke
Auf der einen Seite bietet Instagram die Möglichkeit, mit Menschen auf der ganzen Welt schnell und informationsreich in Kontakt zu treten, sich auszutauschen, Unterstützung und Informationen zu bekommen, nicht zuletzt Unterhaltung. Insgesamt sehe ich das positiv, jedoch gibt es auch Schattenseiten wie Fake News, Hate Speech und psychische Abhängigkeiten von der Aufmerksamkeit aus sozialen Netzwerken, die für manche eine bereichernde Ergänzung ihres Soziallebens und für Andere mehr einen Ersatz dessen ausmachen.
Auch auf unsere Aufmerksamkeitsspanne haben die Möglichkeiten des Internets einen großen Einfluss, vor allem wenn beim Smartphone alle Benachrichtigungen eingeschaltet sind und es viele Male am Tag summt, blinkt und vibriert. Um zu merken, was das ausmacht: Einfach mal das Smartphone für ein paar Stunden offline oder in den Flugmodus schalten und am besten aus dem Blickfeld nehmen. Ich mache es oft erst nach dem Mittagessen überhaupt an und vor der Nachtlektüre aus. Das erzeugt eine äußere und innere Ruhe, die ich jedem empfehlen kann. So wie wir lernen das richtige, gesunde Maß für Süßigkeiten und Alkohol zu finden, gilt dies auch für das Internet.
Nicht alle teilen ihr Privatleben auf Instagram
Meine Frage war, warum Menschen Dinge in Instagram-Stories teilen. Nun kann ich aber auch andersherum fragen: Warum sind manche jungen Menschen anders als die Mehrheit in ihrem Alter nicht auf sozialen Netzwerken angemeldet oder zumindest nicht sehr aktiv? Da es als Mensch der Generationen Z und Y praktisch gar nicht möglich ist, nicht ständig mit Instagram & co. konfrontiert zu werden, vermute ich eine bewusste Entscheidung hinter digitaler Abstinenz.
Eine gute Freundin von mir, sie ist Anfang 30, würde ich z.B. eher in die 70er oder 80er verorten, was ich gar nicht böse meine. Denn sie pfeift auf all die modernen Kommunikationsmittel. Ich kommuniziere telefonisch, per SMS oder Mail mit ihr. Als sie einmal ein Smartphone geschenkt bekam, welches bereits WhatsApp installiert hatte, hat sie es schon nach zwei Wochen wieder durch ihr altes Tastenhandy ersetzt.
Manchmal denke ich, dies sind die glücklicheren Menschen, da sie weniger auf Bestätigung von außen angewiesen scheinen. Sie können einen schönen Moment allein oder mit Menschen um sich herum ganz einsaugen und genießen, ohne dass die Finger jucken, um diesen zu inszenieren oder für die nächste Story einzufangen. Ohne das ihr Geist abgelenkt wird und sich auf erwartete Online-Reaktionen einstellt. Es kommt vor, dass ich irgendwo in der Natur ein perfektes Fotomotiv vorfinde und es nur für mich ablichte, ohne den Drang, es sofort zu teilen. Oder nicht mal das. Ich lasse einfach das Handy in der Tasche, denn jetzt gilt: den Moment einsaugen, genießen und in meiner Erinnerung speichern.
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