Die Texte des ersten Fastensonntags erzählen, wie Jesus die Fastenzeit verbracht hat. Und sie geben Impulse, was genau heute die christliche Herausforderung beim Fasten ist.

So, die ersten Tage der Fastenzeit sind geschafft. Wer sich ein Fastenopfer vorgenommen hat, konnte schon ein klein wenig die Alltagstauglichkeit dieses Verzichts auf den Prüfstand stellen. Geht’s wirklich ohne? Ohne Schokolade, Kaffee, Zigaretten? Wer es schon einmal bis hierher geschafft hat: herzlichen Glückwunsch. Aber in der Fastenzeit stellt sich noch eine andere Frage. Nicht nur das Verzichten ist wichtig. Es geht nicht nur darum, etwas loszulassen und aus dem Leben zu verbannen. Im Gegenteil: Viel wichtiger ist es, so die christliche Botschaft, etwas anderes in das Leben hineinzulassen, sich neu auf etwas zu konzentrieren.
Was das ist, erzählt das Evangelium des Ersten Fastensonntags (Markus 1,12-15). Ein schwieriger Text. Es heißt da, der „Geist“ habe Jesus in die Wüste getrieben. Da blieb er 40 Tage lang, um anschließend zurück in seine Heimat Galiläa zu gehen. Dort „verkündete er das Evangelium Gottes und sprach: Die Zeit ist erfüllt, das Reich Gottes ist nahe. Kehrt um, und glaubt an das Evangelium!“ (Markus 1, 14-15) Schon der Anfang dieses Textes bereitet irgendwie Kopfschmerzen. Im Augenblick diskutiert die Kirche in unterschiedlichen Ländern, darunter auch in Deutschland, den gewohnten Text des Vaterunsers zu ändern. Das Problem: Dort heißt es, an Gott gerichtet: „Führe uns nicht in Versuchung“. Kann denn Gott in Versuchung führen?
Jesus in der Verbannung?
Das ist theologisch ein sehr schweres Thema und dementsprechend auch in Deutschland bei Theologen und Bischöfen stark umstritten. Klar, Gott will den Menschen ja nicht ins Verderben stürzen. Aber führt er vielleicht trotzdem in Versuchung? Papst Franziskus plädierte dafür, den Text zu ändern. Denn Gott als liebender Vater könne nicht absichtlich in Versuchung führen. Der Satan ist es, der in Versuchung führt. Und für diese Auslegung spricht auch das Evangelium vom Ersten Fastensonntag. Dort steht aber, der Geist habe Jesus in die Wüste getrieben. Ein hartes Wort. Jesus wird nicht geschickt oder gar gebeten, in die Wüste zu gehen. Nein, er wird geradezu hineingetrieben.
Jesus und die frohe Botschaft
Was geschieht in der Wüste? Jesus wird in Versuchung geführt, nicht vom Geist, sondern vom Satan. Auf irgendeine Weise scheinen Gott und der Teufel da fast zusammenzuwirken: Zwar verführt der Satan, die Ausgangsvoraussetzungen schafft aber der Geist, der in die Wüste hineintreibt. Am Ende seines Wüstenaufenthaltes dann kommt Jesus zurück. An diesem Punkt beginnt sein öffentliches Predigen. Er verkündet das „Evangelium“. Was genau unter dieser Botschaft zu verstehen ist, erläutert der Evangelist hier nicht weiter. „Evangelium“ bedeutet aus dem Griechischen übersetzt gute, frohe Botschaft. Und für den Evangelisten Markus ist alles, was Jesus tut, Evangelium. Diese frohe Botschaft lässt sich nicht einfach auf diesen oder jenen Kernsatz reduzieren. Es ist kein Parteiprogramm.
Vielmehr ist alles, was Jesus tut und sagt, bis hin zu seinem Tod und – wie Christen glauben – seiner Auferstehung eine solche frohe Botschaft. Markus macht das direkt im ersten Satz seines Buches klar, wenn er schreibt: „Der Anfang des Evangeliums Jesu Christi“. Alles, was jetzt folgt, ist Evangelium. Und mit dem Beginn seines Predigens verbindet Jesus einen ganz konkreten Aufruf: „Kehrt um, glaubt an das Evangelium! (Markus 1,15) Was im deutschen mit „kehrt um“ übersetzt ist, heißt im Griechischen „metanoiete“. Ganz wörtlich gemeint heißt das: Wendet euren Sinn! Bedenkt etwas ganz neu!
Wer ist Gott?
Und genau das ist die christliche Herausforderung. Es geht nicht so sehr um die Frage, auf was verzichtet werden soll, was zu viel ist. Es geht um die Frage, was zu wenig ist. Mache ich dem Evangelium Platz in meinem Leben? Und wenn ich das tue – halte ich mich dann auch daran? Hat die Botschaft eine Auswirkung auf mein Handeln? Das sind die Fragen, die in der Fastenzeit im Mittelpunkt stehen sollten. Wichtig ist bei dieser Frage aber auch, immer an das barmherzige Wesen Gottes zu denken. Und dazu helfen die ersten beiden Lesungen. Die erste Lesung (Genesis 9,8-15) erzählt vom Ende der Sintflut. Die Welt war sündig, Gott schickte eine Flut, um die sündige Menschheit auszulöschen, brachte es aber nicht ganz übers Herz, seine ganze Schöpfung auszuradieren.
Gott rettet den Menschen
Er gab an Noah den Auftrag, eine Arche zu bauen, sodass er, seine Familie und allerhand Tiere auch in der neuen Welt nach der großen Flut weiterleben könnten. Am Ende der Flut stellt er einen „Bogen“ in den Himmel. Wir kennen das heute als Regenbogen. Ein Zeichen des Bundes, aber auch der Gewalt: Der Bogen erinnert auch an die Waffe. Gott wird zu einem Verbündeten der Menschen, er stellt sich auf die Seite seiner Schöpfung, bereit sie zu verteidigen. Diese Lesung ist nicht ohne Hintergedanken gewählt. Denn 40 Tage regnete es, bis die Sintflut die ganze Welt bedeckte. Und 40 Tage lang war Jesus in der Wüste, wie Markus schreibt. Und 40 Tage lang dauert jedes Jahr die Fastenzeit: Die Chance auf einen Neuanfang.
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