Am 19. August 1989 nutzten hunderte DDR-Bürger die Gelegenheit und flohen über den ungarisch-österreichischen Grenzübergang in den Westen. Damit schrieben sie Geschichte.

Die DDR war Ende der 1980er Jahre marode, die Bürger der Deutschen Demokratischen Republik unzufrieden und die Lebensverhältnisse unmenschlich. Im Land herrschte Stillstand – jeder wartete auf eine Veränderung, einen Umbruch oder gar einen Zusammenbruch. Doch nichts dergleichen passierte. Vorerst zumindest. Als jedoch Anfang Juli 1989 passend zu den großen Sommerferien Gerüchte über eine mögliche Grenzöffnung in Ungarn zu Österreich laut wurden, packten viele Ostdeutsche das Nötigste ein und fuhren Richtung Ungarn. Wohlgemerkt nur, um dort am Balaton zum Beispiel die Sommerferien zu verbringen – zumindest wurde dies bei der Visabeantragung in der zuständigen DDR-Behörde so genannt. Tatsächlich wollten vielen Ostdeutsche einfach fliehen – fliehen in den Westen. Fliehen in die Freiheit.
Ein Symbol, das Wirklichkeit wurde
Heute erinnert nicht mehr viel an die Massenflucht der DDR-Bürger am Grenzübergang vom ungarischen Fertörakos in die österreichische Stadt Mörbisch. Eine kleine Gedenktafel, die über die Ereignisse von 1989 informiert, säumt den schmalen Grenzweg. Doch vor 25 Jahren durchbrachen genau an diesem Ort fast 700 Ostdeutsche das alte Holztor und rannten vor den Augen der ungarischen Soldaten in den Westen. Doch woher erfuhren so viele Ostdeutsche überhaupt, dass genau am 19. August 1989 bei Fertörakos in der Nähe von Sopron eventuell die Möglichkeit bestand, die Grenze zu Österreich zu überqueren? Die Antwort ist simpel – durch Flugblätter. Verteilt von dem Ungarischen Demokratischen Forum und der Paneuropa-Union. Diese haben anlässlich einer symbolischen Grenzöffnung, bei dem der Signalzaun am 27. Juni 1989 durchtrennt wurde, im August zu einem „Paneuropäischen Picknick“ eingeladen. Hier sollte auf einer Wiese ganz in der Nähe der Grenze ein Familientag stattfinden. Am gleichen Tag jedoch hatten sich politische Vertreter Österreichs und Ungarns darüber geeinigt, genau am 19. August 1989 für ganze drei Stunden das jahrzehntelang geschlossene hölzerne Grenztor zu öffnen – ebenfalls aus symbolischer Natur. Man wolle ein Zeichen setzten, für eine Annäherung der Länder Ungarn und Österreich. Doch dann kam alles anders – hunderte Ostdeutsche flüchteten in den Westen und so gilt das Picknick als wesentlicher Meilenstein für das Ende der DDR.
Ungarische Grenzsoldaten halfen, als es um die Freiheit ging.
Obwohl an dem besagten Augusttag 1989 am Grenzübergang der Stacheldraht an mehreren Stellen durchtrennt und abgerissen war, reagierten die ungarischen Grenzsoldaten kaum darauf. Niemand stoppte die Massenflucht der Ostdeutschen. Niemand wurde daran gehindert, den Grenzübergang zu passieren. Ungeachtet des geltenden Schießbefehls drückten die ungarischen Grenzoffiziere beide Augen zu. Jeder, der die Freiheit wollte, bekam sie. Ein mutiges Verhalten, schließlich lief jeder ungarischer Grenzsoldat selbst Gefahr, verhaftet zu werden.
Als der Eiserne Vorhang zerfiel
Ein neues Leben begann für all diejenigen, die sich getraut hatten, am 19. August 1989 und in den darauf folgenden Wochen über Ungarn nach Österreich zu fliehen. Viele reisten von dort aus nach Westdeutschland oder wurden in Wien von ihren Verwandten abgeholt. Die Flucht hatte sich gelohnt, auch wenn sie zunächst ungewiss und gefährlich schien: Am 9. November 1989 verkündete das SED-Politbüromitglied Günther Schabowski, dass die Grenze zum Westen offen sei. Die Mauer in Berlin fiel und nach 28 Jahren Trennung war Deutschland wieder vereint.
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