Meine Reise auf Tasmanien glich einer Pralinenverkostung, bei der man jedes Mal nur ein klitzekleines Stückchen probieren konnte, aber Lust auf mehr bekam. Mir war schon nach dem ersten Tag klar: Hier fahre ich noch einmal hin. Tasmanien ist Australiens einziger Inselstaat und liegt südlich des Festlandes, sozusagen „Under Down Under“. Die Insel ist zwar doppelt so groß wie die Schweiz, hat aber nur halb so viele Einwohner wie Köln. Es gibt also eine Menge unberührte Natur.
Allein zur Schlucht der Stromschnellen
Den ersten Tag verbrachte ich alleine in der kleinen Stadt Launceston, da meine gebuchte Backpacker-Tour erst am nächsten Tag beginnen sollte. So ganz auf sich selbst gestellt zu sein, war schon komisch. Auf der anderen Seite war es aber auch spannend, da ich wirklich einfach das machen konnte, worauf ich Lust hatte.
Natürlich wollte ich mir die Hauptattraktion von Launceston, den „Cataract Gorge” (dt. Schlucht der Stromschnellen), ansehen. Wie der Name sagt, schlängelt sich dort ein wilder Fluss durch eine lange Felsschlucht. Unterwegs sammelt sich das Wasser immer wieder in großen Becken.
Zuversichtlich lief ich los, kaufte mir zuerst an einer Tankstelle etwas zu Trinken und fragte sicherheitshalber nach dem Weg. Es kam mir schon etwas komisch vor, dass mir der freundliche Verkäufer eine lange Strecke entlang der Straßen beschrieb. Dass er mir den Weg für die Autos und nicht der Wanderweg erklärt hatte, merkte ich aber erst, als ich – tapfer auf den Betonstraßen durch die Hitze stapfend – von einer Frau angesprochen wurde, die in der Schlange hinter mir stand. Diese brachte mich dann mit ihrem Auto bis zum Eingang und erklärte mir die Wanderstrecke für den Rückweg. Was für ein Glück!
Wandern auf Schlangenterrain
So lief ich am Fluss entlang bis zum ersten Becken, an dem sogar ein öffentliches, kostenloses Freibad lag und über das ein Sessellift führte. Hier waren aufgrund des schönen Wetters ganze Scharen von Menschen und so wunderte ich mich, als ich nach einer Stunde beim zweiten Becken ankam und gerade mal zwei Leute antraf. Dort fragte ich eine Frau, ob ich auch auf der anderen Seite des Flusses zum ersten Becken zurücklaufen konnte, was sie bejahte. Was ich nicht wusste – der Weg führte hoch oben über dem Fluss durch den australischen Busch und war absolut verlassen.
Als mir das klar wurde, war es jedoch schon zu spät, ich hatte hunderte von Stufen erklommen und da ich sicher war, auch schon die Hälfte des Weges hinter mir zu haben, wollte ich nicht umkehren. Doch meine Angst wuchs. Die Landschaft um mich herum war bestes Schlangenterrain. Bei jedem Rascheln im Gras zuckte ich zusammen. Ich fühlte meinen Puls in den Schläfen hämmern, als sich plötzlich ein kleiner, schlangenförmiger Kopf hinter einem großen Stein auf dem Weg hervorschob. Kleine gelbe Augen mit schlitzförmigen Pupillen starrten mich an. Ich stand wie gebannt da und traute mich nicht, weiterzugehen.
Doch da schoben sich zwei kleine Beinchen hinter dem Kopf hervor. Zum Glück war es also nur ein Gecko, von denen es ziemlich viele hier gab.
Nach einer Stunde mitten in der Wildnis, in der ich nicht eine Menschenseele gesehen hatte, erreichte ich glücklicherweise unbeschadet wieder das erste Becken. Den Stein, der mir vom Herzen fiel, muss man wohl noch auf der anderen Seite des Flusses gehört haben.
Echte Schlangen, Tasmanische Teufel und unsichtbare Pinguine
Die echten Schlangen sah ich dann auch noch, zum Glück nur im Gehege des tasmanischen Wildlife-Parks. Ich war froh, dass mir diese Reptilien nicht über den Weg gekrochen waren. In dem kleinen Zoo sprangen die Kängurus frei herum und jeder konnte sie streicheln und füttern. Ersteres gefiel ihnen aber nicht so gut. Auch das zweite Wappentier Australiens, der Emu, stolzierte frei auf dem Gelände umher. Ich erschreckte mich fürchterlich, als mich plötzlich einer von hinten anpickte. Großes Aufsehen in unserer Gruppe erreichten die Wombatbabies, die aussehen wie übergroße, etwas zu dicke Hamster. Ein Papagei im Vogelhaus flog einer Engländerin auf die Schulter und fraß mir danach aus der Hand. Der ganze Stolz des Parks waren jedoch die tasmanischen Teufel. Diese gibt es nur auf Tasmanien und sie sind vom Aussterben bedroht. Die Gesichter der schwarzen Beuteltiere sehen so ähnlich aus, wie bei Mäusen, doch die tasmanischen Teufel sind viel größer und breiter. Wenn sie den Mund öffnen, zeigen sie eine Reihe sehr spitzer Zähne, was uns bei der Fütterung eindrucksvoll bewiesen wurde.
Abends wollten wir uns die kleinen, wilden Pinguine ansehen, die an manchen Orten Tasmaniens nachts an den Strand kommen. Leider war es Samstag und es warteten zu viele Leute, die teilweise mit dem Licht von Taschenlampen die scheuen Tiere vertrieben. Ich sah also keinen kleinen Pinguin. Trotzdem war es schön, an dem Felsstrand zu sitzen, die Wellen rauschen zu hören und zu sehen, wie am Nachthimmel immer und immer mehr Sterne erschienen. Außerdem hatte ich mir ja fest vorgenommen, noch einmal wiederzukommen, und so gebe ich die Hoffnung, beim nächsten Mal einen tasmanischen Pinguin zu sehen, nicht auf.
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