Verändern. Aus Imagination Realität schaffen. Der Beruf des Maskenbildners umfasst viel mehr als das Auftragen von Make-up. Maskenbildner erschaffen die Maske, also die Fassade eines Darstellers und schleifen so den Charakter zu dem Gesicht, das ihn ausmacht. Von Louisa Martens.
Fabienne Schröder (18 Jahre) ist fasziniert vom Beruf des Maskenbildners: „Maskenbildner können einen Menschen von Grund auf verändern und so komplett neue Charaktere erschaffen!“ Fabienne ist Schülerin, aber später könnte sie sich den Beruf für sich durchaus vorstellen. Diesen Sommer hat sie ehrenamtlich als Maskenbildnerin bei den Verdener Domfestspielen mitgemacht. „Wir waren acht Maskenbildner, das ganze Team umfasste aber bestimmt mehr als 130 Leute.“ Das ist hier immer eine ganz große Sache, das halbe Land kommt zusammen, nur um dieses Theaterstück zu sehen.“
Alle zwei Jahre wird in Verden, bei Bremen, eine riesige Freilichtbühne aufgebaut. 120 Darsteller probten 2014 durch und erst am 24. und 25 Mai 2015 wurden die Maskenbildner dazugeholt. Das Stück spielt in der Renaissance, dementsprechend gab es viele historische Kostüme und Langhaarperücken. “Den ersten Tag haben wir die Adelsmasken geübt, den Zweiten die Masken der Bauern.” Und dann wurde gespielt. “Wir hatten einen Rhythmus: Zwei Tage proben. Zwei Tage aufführen. Zwei Monate lang. Das ist das, was ich in den Sommerferien gemacht hab.
Im Gegensatz zu großen Filmproduktionen sollten die Darsteller bei den Verdener Domfestspielen gerade mal 20 Minuten in der Maske verbringen. Bei einem Film wie Harry Potter saß Warwick Davis (Lehrer Flitwick) vier Stunden bei Nick Dudman in der Maske. Aber falsche Augenbrauen, anderes Kinn neue Nase – sowas braucht seine Zeit. Die Arbeit von Maskenbildnern, die die Chance hatten ein ganzes Fantasiegenre zu prägen, findet sie bewundernswert.
Und wenn eine Maske erstmal sitzt, dann ist sie besser als jede CGI (Computer Generated Images)-Animation. Schließlich ist sie “echt”. Sie ist zum Anfassen und erzeugt für den Darsteller eine Realität, die man mit CGI nicht hingekriegt hätte. Inzwischen kommt es immer häufiger kommt vor, dass bei Filmen nicht dem Regisseur oder dem Schauspieler, sondern der Maske der Oscar verliehen wird.
Maskenbildner sind wie die Magier am Set. Sie haben die Möglichkeit, Menschen zu verwandeln. Zwei Kinder mit Jeans und T-Shirt gehen rein und zwei kleine Adlige mit großen Perücken stolzieren wieder raus. „Mein Arbeitsplatz war ein Container. So hat man alles beisammen und zur Not kann man ihn einfach mitnehmen.“ Wenn man mein Atelier betritt, sieht man Töpfe, Pinsel, Schwämme, Grundierungscremes. Es stapeln sich dünne Extrapapiere, an denen man Pinsel sauber wischen kann. Es gibt Farbpaletten mit jeder Art von Hautfarbe. Auf den Ablagen stehen Styroporköpfe, die Perücken tragen und das alles in einem Container.
Die Darsteller waren im Stück aus England geflohen und sollten dementsprechend geschafft aussehen: „Wir verwendeten dazu Olivenöl und Dreck. So sahen die Schauspieler sehr schnell aus, als hätten sie eine lange Reise hinter sich.“ Das ist übrigens die gleiche Technik, die sie bei Frodos Reise zum Schicksalsberg verwendet haben. Aber Fabienne verrät mir noch mehr Insider: „Meine Chefin konnte aus einem Brötchen eine Wunde machen!“ Ihre Augen leuchten: „Ja! Sie hat den Schlitz, den Brötchen immer in der Mitte haben, separiert und mit Spezialkleber auf die Haut des Darstellers geklebt. Dann hat sie die Übergänge retuschiert und fleischfarben gemalt. Es sah richtig echt aus!“
Wie wird mans? „Mir hat man erzählt, dass man durch Praktika seine Chancen auf einen Ausbildungsplatz erheblich steigern kann. Es gibt aber auch Hochschulen, bei denen Maskenbild als Studiengang angeboten wird. Wie zum Beispiel an der Hochschule für Bildende Künste in Dresden oder an der Theaterakademie in München. Das Ausprägen der eigenen künstlerischen Meinung wird eher beim Studium gefördert. Wenn man gut ist und die richtigen Leute kennt, kann man später auch gut verdienen. Der Normalfall ist das allerdings nicht.”
Das Resümee vom Sommerjob: „Zwei Monate habe ich mich mit nichts anderem beschäftigt, als Menschen zu gestalten. Es war wundervoll! Zwei Tage proben. Zwei Tage aufführen. All die Leute, die man jeden Tag sieht. Und irgendwie kennt man jeden. Das war toll. Und als wir dann alle gemeinsam am Ende auf der Bühne standen und uns verbeugten, da gab es diesen Moment, in dem uns klar wurde, dass wir alles nur geschafft haben, weil wir alle an einem Strang gezogen haben. Jeder hat seinen Teil dazu gegeben. Ein Herzklopfmoment. Alle lachten und umarmten sich.“
Was sie sich erhofft, davon, dass ich über sie schreibe: „Maskenbildnern ist eine Begeisterung, die in mir gewachsen ist. Es entwickelt sich einfach, ich weiß nicht, ob ich das, was ich mir vornehme auch wirklich erreiche, aber wenn ich es nicht auspreche, wird es niemals Realität. Zum Beispiel spiele ich auch Gitarre und schauspielere gerne. Aber Menschen verwandeln, das ist Magie. Es erfüllt mich.“
Schreibe einen Kommentar