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Aktuelle Seite: Startseite / Politik & Gesellschaft / Der Völkermord an den Armeniern – ein totgeschwiegener Teil türkischer Geschichtsschreibung

Der Völkermord an den Armeniern – ein totgeschwiegener Teil türkischer Geschichtsschreibung

1. April 2014 von Ehemaliger Autor Kommentar verfassen

Das Vertrauen in den türkischen Staat schwindet aktuell immer mehr. Die Beschränkung von sozialen Netzwerken wie Twitter und die Korruptionsaffäre sind die Gründe. Dabei gerät die staatliche Leugnung des Völkermords an den Armeniern schnell in Vergessenheit. Es ist ein viel schwerwiegenderes Hindernis auf dem Weg Richtung EU-Beitritt. Was hat es aber mit diesem als ersten Völkermord des 20. Jahrhunderts bezeichneten Verbrechen auf sich und wie kam es dazu?

Die Situation der Armenier im Osmanischen Reich vor 1915/1916    

Im damaligen Osmanischen Reich lebten rund 2 Millionen Armenier. Auch schon vor dem Völkermord waren die Armenier zahlreichen Pogromen und Massakern ausgesetzt. Diese Form der Unterdrückung wurde stets gebilligt und sogar gefördert von der Obrigkeit, da die Armenier faktisch als Bürger zweiter Klasse behandelt wurden. 1908 übernahmen die nationalistischen „Jungtürken“ im Osmanischen Reich die Macht. Ihr erklärtes politisches Ziel war eine ethnisch homogene Türkei. Im 1. Weltkrieg, bei dem 1914 Russland bis in türkisch-armenische Gebiete vordrang, wurde die Schuld für die Niederlage in der Gegenoffensive den Armeniern zugeschrieben. Eine Art „Dolchstoßlegende“ wurde erfunden, da sowohl auf russischer, als auch auf osmanischer Seite armenische Soldaten kämpften, sodass die türkische Bevölkerung gegen ihre armenischen Mitbürger aufgewiegelt wurde.

Der Völkermord 1915/1916

Die Deportation des armenischen Volkes begann im Februar 1915. Zuerst wurden gezielt armenische Intellektuelle verhaftet. Dann wurden aber sowohl in den Städten als auch auf dem Land die Armenier zusammengetrieben. Große Züge von Menschen bewegten sich in Richtung Aleppo und Der-es-Sor im heutigen Syrien. Wahllose Erschießungen, Abschlachtungen und Ertränkungen, beispielsweise im Euphrat,  sowie Überfälle von eigens dafür angeheuerten Trupps von Kurden und Sträflingen waren an der Tagesordnung. Diese töteten viele Männer und vergewaltigten Frauen und Mädchen. Krankheiten, Hunger und vor allem Durst schwächten die Menschen zusätzlich auf ihrem langen Marsch. Nur noch wenige kamen in Aleppo und Der-es-Sor an. Dort wurden die wenigen Tausend, die noch übrig waren, in die syrische bzw. mesopotamische Wüste getrieben, wo sie umkamen. Insgesamt wurden etwa 1,5 Millionen Armenier umgebracht, also drei Viertel der damaligen armenischen Bevölkerung. Deutschland als Verbündeter des Osmanischen Reiches protestierte nicht dagegen. Reichskanzler Bethmann-Hollweg sah es als einziges Ziel an „die Türkei bis zum Ende des Krieges an unserer (deutschen) Seite zu halten, gleichgültig ob darüber Armenier zugrunde gehen oder nicht“. Auch Einsprüche von internationalen Diplomaten ließen die Verantwortlichen ungehört. Die verantwortlichen Jungtürken konnten sogar nach der Niederlage im Ersten Weltkrieg 1918 mit dem Einverständnis Berlins an Bord eines deutschen Schiffes nach Deutschland entkommen.

Das Verhalten der türkischen Regierung

Die türkische Regierung leugnet seit über 90 Jahren den Völkermord und wird „einen solchen Vorwurf niemals akzeptieren“ (Recep Tayip Erdogan, türkischer Ministerpräsident) Immer wieder nutzt sie die Vorteile der geostrategisch wichtigen Lage ihres Landes, das als Brücke in den Nahen und Mittleren Osten angesehen wird, um Druck auf die Stellen auszuüben, die die offizielle Anerkennung des Völkermordes von ihr fordern. So drohte sie den USA 2007 mit dem Abbruch diplomatischer Beziehungen, sollten diese den Genozid anerkennen. Den Bruch mit einem so wichtigen NATO-Partner wie der Türkei will kaum ein Land riskieren.  Auch Präsident Barack Obama, der damals noch unter Präsident Bush für eine Anerkennung des Genozids stimmte, unternahm bisher keinen erneuten Versuch zur offiziellen Anerkennung. Das Europa-Parlament machte allerdings deutlich, dass dieses Verhalten ein unüberbrückbares Hindernis für einen eventuellen EU-Beitritt der Türkei darstellt.

Darüber hinaus wird in der Türkei Artikel 301 des Strafgesetzbuches „Herabsetzung der türkischen Nation, des Staats der Republik Türkei, der Institutionen des Staates und seiner Organe“ dazu benutzt, Kritiker dieses Umgehens mit dem Völkermord und allein Personen, die den Völkermord öffentlich anerkennen, anzuklagen, weshalb mehrere bekannte türkische Persönlichkeiten, wie z.B. der türkische Literatur-Nobelpreisträger Orhan Pamuk, vor Gericht standen. Des Weiteren bezeichnet die türkische Geschichtsschreibung den Völkermord als „Rebellion der Armenier im Ersten Weltkrieg“, die Wahrheit wird also verdreht und verleugnet, sodass die türkische Jugend in Unwissenheit über die historische Realität gelassen wird. So ließ der türkische Bildungsminister 2003 z.B. für die Sekundarstufe einen Aufsatzwettbewerb zum Thema „Die Rebellion der Armenier im Ersten Weltkrieg und ihre Taten“ durchführen.

Diskussion in der türkischen Öffentlichkeit – Die Ermordung Hrant Dinks

Hrant Dink war einer der bekanntesten Journalisten der armenischen Minderheit in der Türkei. Durch seine Artikel und Vorträge wollte der Publizist auf den Völkermord aufmerksam machen und forderte wiederholt eine öffentliche Auseinandersetzung, weshalb er sich mehrmals vor Gericht verantworten musste. Ihm war wichtig, seine Mitbürger über die historische Realität zu informieren, denn „sie leugnen etwas, über das sie so gut wie nichts wissen“. Am 19. Januar 2007 wurde der Journalist in Istanbul auf offener Straße von einem damals 17-jährigen Jugendlichen erschossen. Der Mörder begründet seine Tat damit, dass der Journalist „das türkische Volk in seiner Ehre beleidigt habe“. Aus Solidarität zu Hrant Dink gingen nach dessen Tod etwa 200.000 Türken auf die Straße, um in einer der größten Demonstrationen des Landes für die Wahrheit zu demonstrieren.
Das Tabu beginnt also zu bröckeln, aber es wird wohl noch ein langer Weg bis zur offiziellen Anerkennung des Genozids sein. Denn letztendlich muss eine kritische Auseinandersetzung mit diesem Thema in der türkischen Gesellschaft selbst erfolgen und kann nicht von außen herbeigeführt werden.


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Kategorie: Politik & Gesellschaft Stichworte: Armenien, Erdogan, Genozid, Türkei

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