Am 1. Januar verabschiedeten wir uns endgültig von Großbritannien als EU-Mitglied. Jetzt bricht eine neue Art der Beziehung zu den Briten an. Einige Einblicke in das besondere Verhältnis der Insel zur restlichen europäischen Welt.
Dass die Briten anders sind, dass ist allgemein bekannt. Sie leben eben auf einer Insel und haben folglich eine andere Geschichte als „Festlands-Europäer“. Als „Mutterland des Parlamentarismus“ und „Mutterland der Industrialisierung“ hat England Europa stark geprägt. Dennoch ist das Britische nach wie vor etwas Eigenes, so hält das Königreich nach wie vor an der parlamentarischen Monarchie und dem dazugehörigen Königshaus der Windsors fest. Die Geschichte des Landes ist schon sehr alt im Vergleich zu anderen europäischen Staaten.
Vor knapp 1000 Jahren wurde England in der Schlacht bei Hastings von William I. dem Eroberer eingenommen, der das anglo-normannische Reich begründete. Die Königsliste reicht jedoch noch weiter zurück. Offa von Mercien betitelte sich selbst als „König von England“, da er zum Ende seiner Regierungszeit über ganz England mit Ausnahme von Northumbria herrschte. Die Königsliste Englands führt allerdings Egbert von Wessex am Anfang des 9. Jahrhunderts an. Er wurde zum König von England, nachdem er sein Königreich Wessex zum mächtigsten der Heptarchie gemacht hatte. Die bis heute bestehende Monarchie ist das Markenzeichen Großbritanniens geblieben, auch wenn die Macht des Königshauses mittlerweile sehr stark durch den Parlamentarismus eingeschränkt ist.
England in der Wikingerzeit und im Hochmittelalter
Der Blick in die Vergangenheit Englands zeigt, dass das Land immer schon eng mit anderen Ländern verbunden war. So herrschten im 11. Jahrhundert zeitweilig dänische Könige. Nach der Eroberung durch William I. den Eroberer 1066 wurde eine normannische Dynastie und deren Nachkommen zu den Herrschern über England. Die Plantagenet-Familie, die im 12. und 13. Jahrhundert der normannischen Dynastie nachfolgte und als angevinische Dynastie bezeichnet wird, hielt darüber hinaus auch noch Gebiete im Westen des heutigen Frankreichs. Auch wenn die englischen Könige aus der Familie der Plantagenet diese Gebiete im Rahmen des 100-jährigen Krieges gegen die Valois verloren, blieben viele der importierten Gebräuche bestehen und bereicherten die englische Kultur.
Fortwirkende Bedeutung
Auch ein Blick in die Etymologie beweist, dass England stark von äußeren Einflüssen geprägt wurde. Englisch ist die Sprache mit den meisten Vokabeln und viele Wörter haben eine ähnliche Wortbedeutung. Skandinavisches und französisches Vokabular haben sich in den englischen Wortschatz eingeschlichen. Die skandinavischen Einflüsse lassen sich auch jetzt, knapp 1000 Jahre später, an zahlreichen Ortsnamen im Nordosten Englands erkennen, die auf „-thorp(e))“ oder „-by“, so beispielsweise die Kleinstadt Whitby enden. Außerdem verweist unter anderem die Buchstabenkombination „sk“ auf einen altnordischen Ursprung des Wortes. Der intensive Gebrauch der französischen Sprache nach der Eroberung durch die Normannen über 200 Jahre hinweg prägte die englische Sprache noch deutlicher. So wurde ein großer Teil des am Hof gesprochenen französischen Wortschatzes importiert. Die vielen fremdsprachlichen Einflüsse führten zu dem reichen Wortschatz, den die englische Sprache nun zur Verfügung hat.
Eine Chance für die Zukunft
Der Blick auf die Vorteile, die gegenseitige Beeinflussung nehmen können, soll ein kleiner Lichtstreif dafür sein, dass Verständigung auch nach bewusster Abgrenzung noch geschehen kann. Denn die Geschichte zeigt uns, dass es immer wieder Wege geben wird, zu verzeihen und sich neu zu begegnen. Es wird weiterhin kommuniziert werden müssen, um ein gutes Neben- und Miteinander und erneute Annäherung zu ermöglichen. Indessen ist eine Voraussetzung für diesen nicht immer leichten Weg schon gegeben. Sie besteht aus Englands Vergangenheit und aus den vielen Berührungspunkten des Landes mit seiner europäischen Umwelt.
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