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Aktuelle Seite: Startseite / Kultur / Auf dem Sofa durch den Orient

Auf dem Sofa durch den Orient

12. Juni 2015 von Ehemaliger Autor Kommentar verfassen

Stephan Orth möchte den Iran kennenlernen – und zwar so richtig. Seine Hotelsuite tauscht er dafür gegen Matratze, Schlafsack und Sofa ein. Denn Orth ist Couchsurfer und reist vom Persischen Golf bis zum Kaspischen Meer. In seinem Buch schildert er seine Erlebnisse.

Couchsurfing? Nicht ungefährlich!

Nicht erst seit gestern haben in westlichen Ländern Portale wie „AirBnb“ Hochkonjunktur, in denen Privatpersonen günstige Quartiere anbieten. Anders ist das im Iran. An kommerzielles Geschäftsgebaren ist im Untergrund kaum zu denken, Couchsurfing ist eine ständige Gratwanderung zwischen Verrat und Vertrauen. Denn die Regierung verbietet, fremde Menschen aufzunehmen. Ausnahmen bestehen – Auflage: Man meldet sich bei der Polizei, die sich der Aufgabe verpflichtet fühlt, Spione aller Art abzuwehren. Gekonnt ignoriert die Bevölkerung das Gebot. So sind es bodenständige Menschen wie Masoud – der Dispatcher aus Kish –, Saeed – der Grafikstudent aus Shiraz –, oder Ahmad aus Bushehr, die Stephan Orth Herberge, Transportmittel oder Expertise in Landeskunde zur Verfügung stellen.

Trotz aller Warnungen: Angst hat Orth nicht davor, einmal beim Fremdübernachten erwischt zu werden. Kopfschmerzen bereitet ihm mehr, dass er die ihm Unterkunft gebenden Personen in Probleme bringen könnte. Während seiner Reise hat er Glück – es passiert nichts. Doch die Angst, dass für die Einheimischen auch nach der Abreise Konsequenzen drohen, ist sein ständiger Begleiter.

Die Devise: Sich treiben lassen

Einen Plan hat der Hardcore-Reisende nicht. Oder zumindest kein erklärtes Ziel. Um das Land kennenzulernen, möchte Orth sich führen lassen. Von der Kultur, Stimmungen und den Menschen die ihn beherbergen, um so den iranischen Way-of-Life zu spüren. Was sich zunächst als bequeme Reisemöglichkeit darstellt, entpuppt sich mitunter als quälende Zwangsbeglückung. Die Iraner sind bekannt für ihre Gastfreundschaft. Die als „Tarof“ bekannte Höflichkeitsform, nicht nein sagen zu können, sorgt immer wieder für interkulturelle Missverständnisse. Im Westen ist man schließlich direkte Umgangsformen gewohnt. „Iran liebt mich, obwohl Iran mich kaum kennt“, führt so weit, dass Orth Liebes-SMS von wildfremden Frauen bekommt. Schwer nachvollziehbar für ein Land, in dem Religionspolizisten die Straßen auf und ab marschieren.

Verbote – nicht für uns!

Schnell gewinnt Orth die Erkenntnis, dass es die Einwohner auch in anderer Hinsicht nicht ganz so genau mit den strengen Gesetzen nehmen. Im Gegenteil: Der Alkoholgenuss läuft auf Hochtouren, zwischen selbstgebrautem Bier und Rosenschnaps in Fünf-Liter-Behältern, wird auch „Ethyl-Alkohol-Cola“ gekippt. „Zum Malzbier füge ich Hefe hinzu und 100 Gramm Zucker pro Flasche. Dann drei Tage neben der Gasheizung stehen lassen […] und ich habe Bier.“ Selbst ist der Mann!

In Sachen Erfindungsreichtum steht Orth den Einheimischen aber auch in keinster Weise nach. Seine Bekanntschaft Laila heiratet er spontan. Denn man möchte im selben Hotelzimmer übernachten und die Dame vor unliebsamen „Flirtversuchen“ schützen. Standesgemäß wird die Hochzeit in Windeseile abgeschlossen – mit Eheringen aus dem Kaugummiautomaten. „Nach zehn Tagen Zweckehe“ hat Orth dann auch schon wieder seine erste Scheidung hinter sich. Not macht erfinderisch!

Nicht selten polemisch

Immer wieder finden sich politische Einschübe im Buch wieder. Während in der westlichen Hemisphäre der Präsident Hassan Rohani als Revoluzer gefeiert wird, sehen die Iraner ihn als Blender. Auch an der Wirksamkeit westlichen Sanktionen zweifelt das Volk. Diese haben ihren Preis: Flugzeugabstürze wegen veralteter Bauteile, oder Krebstote, wenn Medikamente für die Chemotherapie fehlen. Was bei uns nur als Klischee westlicher Nachbarn bekannt ist, muss Orth leidvoll im Iran zur Kenntnis nehmen. Nicht nur einmal lautet die Begrüßung: „Heil, Hitler!“.

Die besondere Fröhlichkeit der Iraner erlebt Orth immer wieder. Auch ständige Repression, staatliches Misstrauen und viele Verbote schüchtern sie nicht ein. Manche Themen sollten dann aber besser nicht angeschnitten werden. Über Religion sprechen viele Iraner ungern. Wer offiziell religiös ist, ist es noch lange nicht freiwillig. Der „Staatsreligion abzuschwören“ bedeutet Todesstrafe. Das riskiert keiner gern. „Couchsurfing im Iran“ ist mehr als ein Erfahrungsbericht. Zum ironischen Reiseführer wird das Buch immer dann, wenn kurze Handlungsanweisungen eingefügt sind.
Wer etwa Menschen im Iran kennenlernen will, muss unbedingt „verloren wirken“. Wer den Weg erfragt, sollte sich alle paar Meter seiner Destination vergewissern. Denn lieber geben die Iraner eine falsche Antwort, als keine – Tarof eben!

Fazit: Nicht immer sachlich aber unterhaltsam

Stephan Orths Bestseller ist mit einer gehörigen Portion Ironie ausstaffiert. Besonders politische Analysen sollten mit einem gesunden Abstand nachvollzogen werden. Auch manche Beschreibung der Iraner selbst lässt die in Wahrheit vergleichsweise hoch akademisierte Gesellschaft nicht selten dümmlich erscheinen. Widerstand gegen die Obrigkeit bedeutet dem Iraner in der Realität sicher mehr, als im Keller Alkoholfläschchen zusammenzumischen. Nicht immer wird das deutlich. Trotzdem ist „Couchsurfing im Iran“ sehr gelungen. Wer das Buch nicht gerade als Reiseführer oder Enzyklopädie nutzen möchte, erhascht hier besondere Eindrücke über die junge Bevölkerung eines vielseitigen Landes.

Couchsurfing im Iran – Meine Reise hinter verschlossene Türen, verfasst von Stephan Orth, kostet 14,99 Euro und ist als Paperback- und E-Book-Version bei Piper erschienen.
ISBN: 978-3-89029-454-4
http://www.piper.de/buecher/couchsurfing-im-iran-isbn-978-3-89029-454-4


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Kategorie: Kultur Stichworte: Couchsurfing, Iran, Reisebericht

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