Die Glocken läuten. Der Eröffnungsgottesdienst beginnt. Eine Menschenmasse von mehreren tausend Besuchern versammelt sich vor den Bühnen in Stuttgarts Innenstadt. Man erkennt sie schon von weitem an ihren roten Kirchentagsschals. Die letzten Strahlen der Abendsonne scheinen auf den Marktplatz, wo einer der drei Eröffnungsgottesdienste stattfindet. Ein Kinder- und Jugendchor aus Stuttgart stimmt das Lied „Die Himmel erzählen“ an und das gesamte Publikum steigt in den Gesang mit ein. Die Predigt und das Vater Unser folgen, bevor der Moment beginnt, auf den alle Kirchentagsbesucher so sehnsüchtig gewartet haben: Die Präsidentin des Kirchentags, Christina Aus der Au, gibt nun bekannt: „Der Kirchentag ist eröffnet“. Die Zuschauer applaudieren und jubeln.
Bibel live – Bibelgeschichten im Kontext der heutigen Zeit interpretiert
Fünf Tage mit einem breit gefächerten Programm beginnen nun. Jeder Morgen eines Kirchentags beginnt mit Bibelarbeiten. Hier interpretieren Prominente aus Politik, Theologie und Wirtschaft Bibeltexte und machen sie so für die Besucher greifbar. Unter ihnen sind u.a. Margot Käßmann, Eckhart von Hirschhausen, Wolfgang Schäuble und Thomas de Maizière. Ich mache mich auf den Weg in die Scharrena ins Zentrum Jugend. Dort gibt es eine ganz besondere Art, sich mit den Geschichten der Bibel auseinanderzusetzen: Das Konzept nennt sich „Bibel live“.
Die Scharrena ist bereits bis auf den letzten Platz gefüllt. Dort, wo normalerweise Handballspiele stattfinden, sind an diesem Wochenende blaue Teppiche ausgelegt. Kirchentagshocker aus Pappe befinden sich auf ihnen. Auf diesen sitzen neugierige Jugendliche und junge Erwachsene, die dem Geschehen auf der Bühne folgen. Jeden Tag wird hier eine Stelle aus dem Markus-Evangelium interpretiert. Es gibt kurze Stille-Phasen, während der die Besucher Zeit haben, sich selbst mit dem Text zu befassen, bevor sie ihre Fragen zu der jeweiligen Bibelgeschichte einem erfahrenen Theologen stellen dürfen, der sie nach bestem Wissen und Gewissen beantwortet.
Musik als wesentlicher Bestandteil des Kirchentags
Ohne Musik gäbe es auf dem Kirchentag allerdings keinen Gottesdienst, kein Konzert und noch nicht einmal eine Bibelarbeit. Wenn man durch die Kirchentagsmeilen schlendert, hört man von jeder Bühne und aus jedem Zelt Gesang. Ich komme am Zelt der Evangelischen Jugend Sachsen vorbei. Die Jugendlichen sitzen hier auf Liegestühlen. Sie halten das rote Kirchentags-Liederbuch in der Hand. Hier findet gerade ein offenes Singen statt, d.h. alle Besucher sind eingeladen, Lieder aus dem Kirchentagsliederbuch mitzusingen. Gerade singen die Jugendlichen das diesjährige Kirchentagslied „Klüger“. Eine Band begleitet sie.
Weitere Höhepunkte des Kirchentags bilden zudem die Konzerte auf den Cannstätter Wasen. Hier treten abends Künstler wie die Wise Guys und Andreas Bourani auf. Bereits zwei Stunden vor Beginn des Konzertes ist der Platz schon übermäßig voll. Gerade auf den begehrten Schattenplätzen tummeln sich die Besucher an diesen warmen Sommertagen. Eisverkäufer machen hier gute Geschäfte. Die Menge tobt, als Andreas Bourani die Bühne betritt. Sofort wird das Smartphone gezückt und ein Foto von dem Sänger gemacht. Das Handy wird auch ein zweites Mal gebraucht: Während Bourani den Song „Auf uns“ singt, leuchten alle Smartphones in der Höhe auf und das Publikum singt kräftig mit. Die Zuschauer liegen sich gegenseitig in den Armen und für einen Moment scheint die Zeit still zu stehen.
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