Toxische Beziehungen sind keine Seltenheit, denn jeder von uns bringt seine Vorerfahrungen in eine Beziehung mit. Und diese reichen von gut bis schlecht und haben ihre Narben hinterlassen. Was sind die Anzeichen einer toxischen Tendenz in einer Beziehung und wie können wir sie besser machen oder an ihnen arbeiten?
Aus persönlicher Erfahrung habe ich hier drei sogenannte Red Flags zusammengefasst und mögliche Lösungsansätze beschrieben. Selbstverständlich gleicht keine toxische Beziehung einer anderen und kann nicht pauschalisiert betrachtet werden. Dennoch weisen viele toxische Beziehungen ähnliche Muster oder Phänomene auf, für die wir eine Sensibilität entwickeln sollten. Sobald wir diese identifiziert haben, können wir anfangen, daran zu arbeiten.
Passive Aggression und andere Fallstricke
Wir alle haben schon mit Sicherheit mal passive Aggressionen am eigenen Leib erlebt: Es gibt ist etwas Unausgesprochenes, das uns von innen heraus auffrisst, uns keine Ruhe lässt. Aber wir sind noch ruhig und glauben, dass wir es schlucken können. Doch alles, was wir innerlich durchleben, kommt früher oder später auch an die Oberfläche. Der größte Fallstrick, ist zu glauben, dass wir etwas dadurch erreichen, dass wir indirekte Signale senden, damit der Partner unser eigentliches Problem versteht.
Dabei gehen wir eigentlich von der Unmöglichkeit aus, dass der Partner unsere Gedanken lesen können sollte. Warum fällt es uns auch manchmal so schwer, Dinge auszusprechen, die uns belasten? Vielleicht weil wir nicht wissen, was genau es ist, das uns belastet? Vielleicht weil wir fürchten, nicht ernstgenommen zu werden oder lächerlich zu sein? Lieber (er)finden wir andere Gründe und machen unseren Partner schlecht und provozieren dadurch einen Konflikt. Alles, um uns selbst zu bestätigen und uns über den Partner beschweren zu können.
Warum scheint es uns manchmal einfacher, den Partner lieber in die richtige Richtung zu schubsen, damit er selbst unsere Probleme interpretiert? Damit locken wir ihn leider auch oft in Fallen. Menschen können vieles, aber sie können eines nicht: Gedanken lesen. Also müssen wir an der Kommunikation arbeiten. Wir müssen bereit sein, uns mit uns selbst auseinanderzusetzen. Echte Intimität und Verletzlichkeit zuzulassen. Wir müssen bereit sein, auch schmerzhafte Aussprachen auszuhalten. Vor allem müssen wir aber verstehen, dass es nichts bringt, uns vor Konfliktthemen zu verstecken. Sie werden uns finden, auf die ein oder andere Weise.
Die Beziehungsgeisel
Leider ist es ein gängiges Zusammenspiel aus Selbstzweifeln und Unsicherheit, die wir manchmal in unsere Beziehung mitbringen. Wir alle haben Erfahrungen gemacht, die uns auf eine Weise geprägt haben. Vielleicht haben wir uns ungeliebt gefühlt, weil unsere Eltern viel kritisiert haben. Vielleicht wurden wir nicht ernstgenommen. Das bedeutet, dass wir bei kritischen Themen oder auch konstruktiver Kritik an uns, direkt die gesamte Beziehung infrage stellen. Wir wollen uns dieser Problematik entziehen, zu schmerzhaft ist die Konfrontation. Wir neigen dazu, Situationen, die auch nur ein oder zweimal vorkommen zu pauschalisieren und dann für die gesamte Beziehung zu generalisieren. Das äußert sich vor allem auch daran, dass wir in ‚Du‘-Botschaften kommunizieren und somit den Partner regelrecht beschuldigen.
So kommen wir vom Hölzchen aufs Stöckchen und betrachten die Beziehung insgesamt in einem viel negativeren Licht, als sie vielleicht wirklich ist. Wir unterstellen dem Partner Dinge und ernten als Reaktion entweder Rechtfertigungen oder widerum Beschuldigungen, weil wir damit auch verletzend werden.
Schlimmer noch: Die Beziehung könnte somit zu unserer Geisel werden. Denn wenn der Partner überhaupt wieder Kritik äußern sollte, werden wir das Ende der Beziehung als Druckmittel nutzen. Klingt beängstigend? Ist es auch. Deswegen sollten wir darauf achten, dass wir über unsere Gefühle sprechen, statt direkt dem Partner etwas zu unterstellen. Wir müssen die Sicherheit haben, über unsere Gefühle zu sprechen, ohne dass wir die Zukunft der Beziehung aufs Spiel setzen. Wir brauchen Legitimation unserer Emotionen. Konstruktive und verpackte Kritik mit ‚Ich‘-Botschaften wäre hier ein geeignetes Mittel. Vor allem müssen wir die Beziehung als ein Puzzle sehen, zu dem zwei Menschen beitragen. Die Schuld trägt nicht immer der andere, sondern beide zu gewissen Anteilen.
Emotionale Schuldzuweisungen
Wenn es um unsere Emotionen geht sind wir oft – nunja, emotional. Diese Emotionen steuern uns manchmal nicht gerade in die richtige Richtung, weil wir uns schnell von ihnen eingenommen fühlen. Schlimm ist das jedoch nicht immer. Viel schlimmer ist es, wenn wir die Schuld an unseren Emotionen unserem Partner zusprechen. Jeder Tag, den wir erleben trägt Emotionen in sich und manchmal fühlt es sich an, als wären wir ihr Spielball. Dennoch gibt es keinen Grund, unseren Partner dafür verantwortlich zu machen, wie und was wir fühlen. Viele Emotionen können durch sein/ihr Verhalten getriggert oder verstärkt werden, trotzdem sind es immer noch unsere Emotionen, die in uns entstehen. Es ist egoistisch und unverantwortlich, jemand anders für unsere Gefühle verantwortlich zu machen, als uns selbst.
Damit geben wir nur die Verantwortung ab und geben dem Anderen die Macht über uns. Es sollte aber unsere Verantwortung sein, auf die wir uns verlassen können und die Macht über unsere Gefühle sollten wir lieber bei uns behalten, wenn wir selbstständig leben wollen. Wenn wir uns nur noch darum sorgen, wie sich unser Partner fühlt, macht es uns nicht glücklich. Stattdessen müssen wir auf uns achten. Natürlich ist es nicht verkehrt, den Partner aufzumuntern oder uns um ihn/sie zu sorgen. Wir müssen den Unterschied kennen: Der Unterschied besteht darin, unterstützend zu sein und nicht dazu verpflichtet zu werden.
Grundsätzlich können wir davon ausgehen, dass die Arbeit an einer toxischen Beziehung schwierig sein kann. Es bedeutet natürlich auf keinen Fall, dass es nicht möglich ist. Dennoch muss die Bereitschaft, daran zu arbeiten und vor allem auch gemeinsam daran zu wachsen von beiden Seiten kommen. Es erfordert viel Auseinandersetzung und Durchhaltevermögen, um die alten Muster zu erkennen und nicht in diese zurückzufallen. Und wir müssen einsehen, dass es nicht nur durch ein Paar Ratgeber besser wird. Wir müssen Disziplin lernen, Selbstliebe und Reflexion. Aber genau das ist der Weg, der uns die Augen für so viele andere Dinge im Leben öffnet. Die Skills, die wir hier lernen, werden uns unser ganzes Leben lang stützen.
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