Tiefblaue Fjorde, nebelverhangene Höhen, schneebedeckte Berge, endlose Wälder – das alles ist Norwegen. Am besten lässt sich seine unberührte Natur beim Camping erleben. Und dabei ist der absolute Klassiker natürlich der VW Bulli!
Nachdem mein Kumpel Vincent und ich im Sommer 2019 eine Woche in Schweden verbracht hatten, reifte in uns zunehmend der Wunsch, Skandinavien bis zum nördlichsten Punkt des europäischen Festlandes, dem Nordkap, zu durchqueren. Durch unser Camping in den schwedischen Nationalparks hatten wir zwar etwas Erfahrung gesammelt, aber dennoch keinerlei Idee davon, was uns bei dem kommenden Roadtrip bevorstehen würde. Es war also ein wirkliches Abenteuer!
Vorbereitung ist alles!
Mitte August des vergangenen Jahres war es so weit: Unser Aufbruch gen Norden stand bevor. Da die Lebenshaltungskosten in allen skandinavischen Ländern deutlich höher als in Deutschland liegen, starteten wir unsere Reise mit einem Großeinkauf in Kiel. In Schweden hatten wir uns weitgehend von Fünf-Minuten-Terrinen ernährt. Für eine Woche macht der Körper das mit. Doch nun planten wir eine dreiwöchige Tour. Unser Equipment hatte sich im Vergleich zum Vorjahr in Form unseres Gefährts deutlich verbessert. Schweden hatten wir im Golf Variant besucht. Nun stand uns ein VW T6 California Ocean zur Verfügung. Dieser Bulli verfügt über zwei Kochplatten, eine Außendusche (allerdings Kaltwasser!), eine Standheizung und ein Zeltdach.
Durch die Kochplatten hatten wir nun den Vorteil, auch aufwendigere Gerichte kochen zu können. Da der Bulli außerdem sogar einen Kühlschrank besitzt, war auch das Lagern verderblicher Lebensmittel möglich. Es gibt gewisse Zollbeschränkungen bei der Einfuhr von Lebensmitteln nach Norwegen, da das Land bekanntlich nicht Mitglied der EU ist. Die Einfuhrmengen stellten für uns keine Schwierigkeit dar, jedoch waren wir verwundert, dass der Import von Kartoffeln strengstens verboten ist. In Norwegen hat man Angst, dass durch fremde Kartoffeln Schädlinge eingeschleppt werden. Somit planten wir Nudeln als unser Hauptnahrungsmittel ein. Da sich die Skandinavier – zuvorderst die Dänen – mit der Erfindung des Hotdogs rühmen, kauften wir auch dafür die entsprechenden Würstchen und Brötchen ein. Dies sollte sich noch als eine überaus kluge Entscheidung erweisen, denn schließlich muss man für Hotdogs eigentlich nur Wasser heiß machen. Cerealien und Haferflocken sowie Obst und Gemüse ergänzten unseren Speiseplan. Reichlich verpflegt, konnten wir nun endlich aufbrechen.
Schockmoment an der norwegischen Grenze
Man mag sich erinnern: 2020 war ein – wenn nicht sogar „das“ – Corona-Jahr. Glücklicherweise waren die skandinavischen Einreisebestimmungen für Deutsche recht milde und nicht mit einer Quarantäne verbunden. Da wir ein Kieler Kennzeichen besaßen, war die Einreise nach Dänemark unkompliziert. Von Dänemark aus hat man mehrere Möglichkeiten zum Nordkap zu gelangen. Einerseits könnte man bis zur dänischen Nordspitze, nach Skagen, fahren und dort mit der Fähre nach Norwegen übersetzen. Oder aber man durchquert Dänemark der Breite nach und gelangt so nach Schweden. Wir entschieden uns für die letzte Variante, denn sie führt schneller zum Nordkap. Außerdem wird der norwegische Süden, vor allem der Südwesten, also die Region um Bergen, im Spätsommer von ständigem Regen geplagt. So fuhren wir also durch die dänischen Weiten und überquerten die imposante Öresundbrücke. In Schweden steuerten wir die Westgrenze zu Norwegen an.
An der norwegischen Grenze hatte es mit dem unbeschwerten Reisen ein Ende. Zwei Grenzer stoppten uns und einer kontrollierte unsere Personalausweise. Beim Blick auf meinen Ausweis zögerte der Beamte und murmelte: „Er det ugyldigt?“ Da ich mit den skandinavischen Sprachen vertraut bin, wusste ich bereits, was mir blühte, bevor der Grenzbeamte auf Englisch erklärte: „Your identity card isn’t valid!“ Mein Personalausweis war im Mai 2020 abgelaufen. An dieser Stelle hätte die Reise für uns bereits zu Ende sein können. Doch der norwegische Grenzer war sehr freundlich und winkte uns dennoch durch. Nach diesem Schockmoment war ich froh, als wir gegen Abend einen Stellplatz an einem Fjord erreichten und aus unseren Campingstühlen den Anglern beim Makrelenfang zusahen, während die rote Sonne im Wasser versank.
Die ersten Schritte auf geheiligter Erde
Am nächsten Tag fuhren wir weiter ins Landesinnere. Wir stellten den Bulli am Straßenrand ab und begaben uns auf eine kleine Wanderung. Vor uns lagen grüne Anhöhen mit zerklüfteten Felswänden und schroffen Abhängen. Nach kurzer Strecke vernahmen wir ein Rauschen und staunten nicht schlecht, als wir zu unserer Linken in einigen Metern Höhe Wasser aus der Felswand schießen sahen. Und so hatten wir unter diesem Wasserfall den passenden Ort für unsere erste Dusche gefunden!
Als wir am späten Nachmittag wieder den Bulli erreichten, fuhren wir etwas weiter in die Berge. Unser Nachtlager dort sollte uns als Basiscamp für eine weitere Bergwanderung dienen. Schon die wenigen Meter Höhenunterschied veränderten die Landschaft komplett. Bei unserer Gipfelbesteigung am nächsten Tag hatten wir es mit einer lebensfeindlichen Umgebung zu tun. War auch der Aufstieg beschwerlich, wurden wir, oben angekommen, mit einem atemberaubenden Panorama belohnt. Man konnte den Blick kilometerweit schweifen lassen. Vor uns lagen majestätische Berge und leuchtende Schneefelder.
Zwischenstopp auf den Lofoten
Da wir bekanntlich nur drei Wochen Zeit hatten, um das Nordkap zu erreichen und auch wieder heimzukehren, mussten wir in den folgenden Tagen etwas Strecke gutmachen. Wir begaben uns wieder näher an die norwegische Westküste. In Loen machten wir für eine erneute Wanderung halt. Dort spazierten wir auf steilen Anhöhen am Fjord entlang.
Weiter nördlich ging es dann auf die Fähre, um einen Abstecher auf die Lofoten zu machen. Die See war rau an diesem Tag. Die Wogen stampften wie rasende Rosse gegen die Bordwand. Das Meer peitschte die Wellen vor sich her und sie sprangen einander in den Nacken und türmten sich auf . Fähr‘ oben, Fähr‘ unten – ein Höllentanz! Währenddessen überquerten wir den Polarkreis und kamen so unserem Ziel deutlich näher. Und schlussendlich erreichten wir tatsächlich heil und unversehrt die Lofoten. Wenn Urlauber von Norwegen erzählen, schwärmen sie häufig von dieser Inselgruppe und daher sind die Lofoten auch vielen Leuten ein Begriff. Vincent und ich waren allerdings etwas enttäuscht. Landschaftlich waren die Inseln nicht reizvoller als das, was wir zuvor gesehen hatten, und zudem war das Wetter sehr schlecht. Somit fiel es uns nicht schwer, wieder auf das Festland zurückzukehren und unseren Weg zum Nordkap fortzusetzen.
Das nördliche Ende der Welt
Ende August erreichten wir Tromsø. Dies ist die Stadt, von der aus Roald Amundsen seine Expeditionen in die Arktis unternahm. Zudem befindet sich dort eine der nördlichsten Brauereien der Welt. Natürlich kauften wir dort zwei Flaschen Bier. Das Getränk trug den passenden Namen „Isbjørn“ (Eisbär). Von Tromsø aus war es nicht mehr weit bis nach Honningsvåg. Diese Stadt gilt leider nur fälschlicherweise als die nördlichste der Welt. Aber da dort die Temperatur im Spätsommer acht Grad Celsius betrug, kann man sich vorstellen, das Honningsvåg schon ziemlich hoch im Norden liegen muss. Von hier war es auch nicht mehr weit zum Nordkap.
Als wir das Nordkap erreichten, mussten wir ein Parkticket für eine Übernachtung kaufen und konnten dann unseren Bulli direkt am Nordkap abstellen! Das Gefühl, den nördlichsten Punkt des europäischen Festlandes erreicht zu haben, war atemberaubend. Eine riesige stählerne Weltkugel markiert diesen bedeutenden Ort. Zur Krönung aßen wir im Restaurant des Nordkap-Museums ein Rentier-Sandwich. Es war tatsächlich mit echtem Rentierfleisch belegt! Als wir auf unserem Rückweg durch Finnland dann auf ein lebendes Rentier stießen, bekamen wir allerdings ein etwas schlechtes Gewissen. Innerhalb von zwei Tagen bewältigten wir dann über Finnland, Schweden und Dänemark den Rückweg vom Nordkap bis nach Kiel. Und so endete die bisher schönste Reise meines Lebens.
Roswitha Grossmindorf
Schöner Bericht , schade das Du die Lofoten bei schlecht Wetter angetroffen hast .Im Februar war ich in Henningsvaer und ich darf sagen , es war traumhaft.Eine Woche später war ich dann in Andenes und , dort hat es mir tatsächlich nochmal besser gefallen .Also ich glaube wenn man von schön redet muss man sagen , ANDERS schön .Hab eine gute Zeit .Liebe Grüße von einer Norwegenliebhaberin
Roswitha Grossmindorf