Bianca, mit den „Spartans“, dem Wasserballteam Deiner Universität, spielst Du in der obersten „Conference“. Wie hoch ist das Niveau dieser Liga?
Wir spielen gegen die besten Mannschaften des Landes, unter anderem die University of Southern California, die mehrmaliger Amerikanischer Meister ist. Es kann sehr deprimierend sein, gegen solche Mannschaften zu verlieren. Allerdings sind wir dieses Jahr ziemlich weit oben mit dabei und sehr motiviert, an unsere Grenzen zu gehen. Als Außenseiter erwartet keiner etwas von uns – wir werden alle überraschen.
Wasserball gehört in einigen Regionen des Südwestens der USA zu den populärsten Sportarten. Wie macht sich das bemerkbar?
Es steht sehr viel Geld zur Verfügung: Wir haben drei Wasserball-Trainer, einen Krafttrainer, einen Physiotherapeut und unseren eigenen akademischen Berater. Das garantiert perfekte Organisation und medizinische Versorgung. An Spielwochenenden wohnen wir immer in den besten Hotels, außerdem fliegen wir zu jedem Spiel. Die Konkurrenz um diese begehrten Plätze im „Travel Team“ ist sehr groß: Von 25 Mädchen werden nur 16 Spielerinnen ausgewählt, bei jedem Training müssen wir um einen Platz kämpfen.
Wie sieht Dein Trainings- und Liga-Alltag in Amerika aus?
Montag bis Donnerstag findet eine Wassereinheit von 6:00 bis 9:00 Uhr morgens statt. Der Unterricht beginnt direkt im Anschluss und endet um 12:30 Uhr. Dienstag und Donnerstag nachmittags findet dann eine Krafttrainingseinheit statt. Freitags haben wir frei, da die meisten Mannschaften dann zu Turnieren oder Spielen reisen. Die Saison hat vor einem Monat begonnen, seitdem haben wir jeden Samstag und Sonntag jeweils zwei Spiele pro Tag.
Welche Mentalität haben die amerikanischen Wasserballspielerinnen und was unterscheidet die von den Deutschen?
Meiner Meinung nach haben alle Sportler die gleiche Mentalität: Ehrgeiz. Allerdings ist die Mentalität der Mannschaft sehr unterschiedlich. Ich denke das liegt größtenteils am Altersunterschied. Während wir an der Uni einen Altersdurchschnitt von 20 Jahren haben, bin ich in Deutschland mit einer 37-Jährigen ins Wasser gestiegen. Das Alter wirkt sich deutlich auf den Teamspirit aus. Wir haben auch außerhalb des Wassers die gleichen Interessen und unternehmen sehr viel miteinander. Das war zu Hause nur bei einem Teil der Mannschaft der Fall.
Woran liegt es Deiner Meinung nach, dass Wasserball in Deutschland nicht den gleichen Stellenwert wie in Amerika hat?
Sport wird in den USA ganz anders gefördert und unterstützt als in den meisten europäischen Ländern, das fängt schon in der Highschool an. Die Vorteile, die man als Sportler an einer Highschool oder Universität hat, sind bemerkenswert: Dazu gehören finanzielle Unterstützung, Beratung in akademischen Angelegenheiten und sogar die Lehrer und Professoren behandeln einen Sportler ganz anders als die NARPs (non athletic regular person). Dadurch üben viel mehr junge Leute Sport aus als in Deutschland. Das wiederum führt zu einer größeren Konkurrenz, das Resultat ist ein professionelleres Level und ein höherer Stellenwert.
Du hast beim SV Bayer Uerdingen 08 in der Bundesliga gespielt, bist außerdem im A-Kader der Nationalmannschaft. Welche Stärken bringst du mit, dass du es so weit geschafft hast?
Schnelligkeit, Pässe und Spekulieren, das sind meine Stärken. Ich versuche immer eine gute Übersicht zu bewahren: Ich sehe meine freien Mitspielerinnen, die dann punkten können. Außerdem habe ich national und international bereits viele Erfahrungen gesammelt, was mir in den meisten Spielen hilft. Wasserball ist genau der richtige Sport um immer wieder Neues zu lernen, da jedes Spiel neue Situationen mit sich bringt. Man muss sich immer anpassen, ob an die Schiedsrichterleistung, die brutaleren Gegner oder einfach andere Umstände sind.
Es sind mehrere College-Trainer auf Dein Talent aufmerksam geworden. Warum hast Du Dich für San José entschieden?
Die Entscheidung ist mir leicht gefallen: San José State spielt in der höchsten Liga und Conference des Landes. Ich möchte gefördert werden und mich mit den Besten der Besten messen. Außerdem hat es mich mit Kalifornien und dem Silicon Valley nicht gerade schlecht getroffen.
Wie gut hast Du Dich eingelebt?
Im ersten Semester fiel es mir sehr schwer, mich wohlzufühlen: Ich habe mir mit acht Mädchen eine Suite geteilt. Ich hatte keine Privatsphäre, was eigentlich sehr wichtig für mich ist. Mittlerweile wohne ich mit vier Mitspielerinnen im „Water polo house“. Das ist zwar ein paar Blocks von der Uni entfernt, aber ich habe mein eigenes Zimmer. Abgesehen von der Wohnsituation und dem Heimweh hatte ich nie Probleme in Amerika. Meine Mannschaft und Trainer haben mich von der ersten Sekunde an herzlich aufgenommen und mir geholfen wo es nur ging.
Du hast eins der begehrten Vollstipendien bekommen. Welche Vorteile bringt das?
Das erste Jahr musste ich auf dem Campus der Uni wohnen. Ich habe einen Essensplan für die Mensa bekommen, mit dem ich zu jeder Zeit essen und trinken darf, was ich möchte. Am Anfang des Semesters bekomme ich ein Paket mit all meinen Büchern, die ich für meine Kurse brauche – ohne dass ich das bestellen oder bezahlen muss. Jetzt wo ich ein eigenes Zimmer außerhalb des Campus habe, bekomme ich einen Check über 997 Dollar im Monat und verpflege mich selbst.
Du bist erst 20 Jahre alt, hast aber schon viele Erfolge wie die mehrfache Deutsche Jugendmeisterschaft und den Meister- und Pokalsieg gefeiert. Welche Ziele stehen da noch aus?
Olympia, das ist der große Traum von meiner Schwester und mir – das haben wir leider in Frankreich verpatzt. Aber wir geben die Hoffnung noch nicht auf. Mein aktuelles Ziel ist es, zu den NCAA Finals zu kommen. Das ist die Endrunde, in der die vier besten College-Mannschaften der USA spielen. Das Erreichen der NCAAs war der Traum meines Head Coaches Lou Tully, der vergangenen Dezember verstorben ist. Das war ein großer Schock für die Mannschaft, aber jetzt haben wir, die Spartans, es uns zur Aufgabe gemacht, die Endrunde zu erreichen – zu Ehren von Lou.
Bianca, vielen Dank für das Gespräch!
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