Wir kennen es mittlerweile alle: Klopapier, Nudeln, Mehl und Desinfektionsmittel sind aus und wenn sie nachgeliefert werden, sind sie sofort vergriffen. Neben der eigenartigen Auswahl dieser scheinbar unverzichtbaren Produkte kommt man nicht umhin, festzustellen, dass manche Menschen glauben, ihnen könne etwas fehlen. Und das in einem der reichsten Länder der Welt, in dem Massenproduktion normal geworden ist. Woher kommt also diese Angst, dass man in einer schweren Zeit mit leeren Händen da stehen könnte?
Unterschiede vom Dorf zur Stadt
Ich war vor ein paar Wochen meine Eltern besuchen, die in einer ländlichen Gegend leben. Zu meinem Erstaunen habe ich beim Einkauf festgestellt, dass im Supermarkt dort beinahe noch alle Waren im Überfluss vorhanden waren – außer Klopapier. Nichts anderes war vergriffen und die Leute schienen ihren Einkauf entspannt und wie immer zu führen, als ob sich nichts geändert hätte.
In der Stadt hingegen war in den vergangenen Wochen eine ganze Menge an Lebens- und Reinigungsmitteln vergriffen. Das Personal der Supermärkte musste Einschränkungen vornehmen, um den sog. Hamsterkäufen entgegen zu wirken und erst vorige Woche sah ich, wie sich ein Mann und eine Frau um eine Dose Bohnen stritten.
Dieser Gegensatz zwischen Dorf und Stadt ist recht einfach erklärbar: in der Stadt leben mehr Menschen und mehr Menschen bedeuten mehr Nachfrage. Allerdings erscheint es doch seltsam, anzunehmen, dass manche Produkte bald für eine längere Zeit vergriffen sein könnten. Die Supermärkte werden immerhin wöchentlich beliefert und Deutschland ist ein Land der Massenproduktion. Die Auswahl ist immer groß, es gibt das gleiche Produkt von mindestens fünf verschiedenen Firmen zu verschiedenen Preisen. Haben wir uns vielleicht zu sehr an den Überfluss gewöhnt?
Einkaufen mit Wochenplan
Ich persönlich gebe für meinen wöchentlichen Einkauf in der Regel nicht mehr als 15 Euro aus. Bevor ich etwas in den Korb oder Einkaufswagen lege, überlege ich mir genau (bei Lebensmitteln), ob ich es innerhalb dieser Woche verzehren werde oder nicht. Ich mache mir einen groben Plan im Kopf, was ich wann zubereiten möchte und für wie lange es mir ausreichen wird. Ich halte nichts davon, tonnenweise Nahrungsmittel in einem Schrank zu bunkern, da ich dazu neige, manches zu vergessen.
In Folge dessen würden Obst und Gemüse im schlimmsten Fall schlecht werden, bevor ich sie zubereiten kann und das wäre für einen Studenten wie mich praktisch Geldverschwendung. Natürlich ist es schön, eine gewisse Auswahl daheim zu haben, vor allem, wenn man sie sich finanziell leisten kann. Allerdings denke ich, dass die Verschwendung bei jedem selbst anfängt. Wir kaufen manchmal Dinge, die wir nicht brauchen, einfach, um sie zu besitzen. Gerade bei Lebensmitteln sollten wir in Zeiten wie diesen bewusst einkaufen und bewusst verbrauchen.
Egoismus und Schutzmaßnahmen
Als ich heute einkaufen ging, merkte ich, dass ich den Laden mit einer unnatürlichen Wachsamkeit betrat. Zum einen aufgrund der Metallgitter, die vor der Tür aufgestellt worden waren, um die Bildung einer ordentlichen Warteschlange zu gewährleisten. Zum anderen, weil der Laden recht voll war. Hier findet sich meiner Meinung nach der erste ausschlaggebende Punkt für das Verhalten vieler in den letzten Wochen: Unbehagen ist ansteckend.
Es ist nicht die Angst vor dem Virus selbst oder gar davor, dass die Lebensmittel ausgehen könnten. Man fürchtet seinen Nächsten! Ich habe mich in der Zwischenzeit mit einigen Freunden ausgetauscht, die etwas Ähnliches empfinden. Das Vertrauen in unser Gesundheitssystem und die Produktion ist wenig erschüttert, viel mehr ist es der Glaube an das Gute im Menschen.
Im Zeichen von Hamsterkäufen steht ein unnachahmlicher Egoismus. Jeder scheint sich selbst der nächste und traut keinem anderen mehr über den Weg, denn der andere könnte ihm ja etwas wegnehmen wollen. Führt man diesen Gedankengang fort, könnte man zu dem Schluss kommen, dass die Menschen, sollte sich die momentane Situation weiter verschärfen, irgendwann körperlich aufeinander losgehen und jegliche Ordnung und Vernunft beiseite geschoben werden.
Ruhig bleiben und teilen
Meiner Meinung nach liegt die Lösung darin, ruhig zu bleiben und abzuwarten. Panik hat noch nie jemandem geholfen und solange jeder einen Teil dazu beiträgt, indem er die Schutzmaßnahmen einhält und nur das, was er gerade zum Leben braucht, einkauft, werden wir das alles überstehen. Die Frage bleibt natürlich, wie es danach weitergeht, was zu diesem Zeitpunkt noch niemand wirklich sagen kann.
Allerdings sollten wir uns fragen, wie wir aus dieser Geschichte heraus gehen wollen. Bunkern wir uns ein und horten alles, was nicht verderblich ist, jeder für sich? Oder lernen wir, zu teilen, zu verzichten? Werden wir als Gemeinschaft zusammen halten? Als eine Gesellschaft, die sich hilft? Ich hoffe es.
Schreibe einen Kommentar