„Es sieht so aus, als wäre mein Weg zu Ende, wir haben in Indiana alles gegeben, aber die Wähler haben einen anderen Pfad gewählt.“ Mit diesen Worten zieht sich der Republikaner Ted Cruz aus den Vorwahlen um die Präsidentschaftskandidatur zurück. Auch Gouverneur John Kasich hat aufgegeben. Der Multimilliardär Donald J. Trump steht jetzt im alleinigen medialen Rampenlicht und polarisiert stärker denn je.
Indiana. Donald J. Trump schreitet durch einen Gang von Anhängern, große und kleine, junge und alte. Sie stehen Spalier für ihren Frontmann. Sie jubeln, sie schreien, sie applaudieren. Trump? Der gibt sich als Mann des Volkes. Klatscht hier und da eine erhobene Hand ab und nimmt die Begeisterungsstürme breit grinsend auf. Sich als der sichere Sieger wähnend, folgt die Siegesrede dem bekannten allwissenden Duktus. Er bezeichnet Cruz als harten Konkurrenten. Er prognostiziert ihm eine wunderbare Zukunft. Er hebt hervor, wie viele wunderbare Konkurrenten er in diesen Vorwahlen gehabt hat. Er freut sich auf den wunderbaren Wahlkampf mit Hillary Clinton.
Nur wenige Wochen zuvor betitelt Trump den Texaner Cruz noch als Lügen-Ted und droht mit der Veröffentlichung pikanter Geheimnisse aus dem Leben von dessen Ehefrau Heidi. Die Vorwahlen der Republikaner sind und waren eine Schlammschlacht vom Feinsten.
Nun hat gestern auch der letzte Trump-Gegner die Segel gestrichen. John Kasich hat bis zuletzt an seiner Bewerbung festgehalten. Doch im Laufe der Vorwahlen konnte er mit Ohio nur einen einzigen Staat gewinnen. Deutlich zu wenig für eine Kandidatur, deutlich zu schwach für die anrollende Übermacht des Trump-Trains. Die Partei muss nun der Tatsache ins Auge sehen, dass sie in Donald J. Trump einen Kandidaten für das Weiße Haus gefunden haben, ob gewollt oder nicht.
Ein Elefant im Porzellanladen
Als sich Trump im Juni 2015 im Atrium des Trump-Towers in Manhattan selbst in die Bewerberliste der republikanischen Kandidaten aufnahm, lachten selbst TV-Moderatentoren in der Öffentlichkeit über diese scheinbar maßlose Art der Selbstüberschätzung. Heute weiß man es besser. Trump hat es als Geschäftsmann ohne politische Erfahrung geschafft, einem gespaltenen Amerika das zu versprechen, was es schon lange vermisst: Den unangefochtenen Stellenwert als mächtigste Nation der Welt. In seinen Reden verweist er oft auf die Ungerechtigkeiten, die den Bürgern der Vereinigten Staaten vom Ausland aufgeladen werden. Sein Wahlkampfspruch lautet „Make America Great Again“.
Parolen-schwingend hangelt er sich vom Gesundheitssektor zur Steuerdebatte, schlägt nebenbei sein Kommandozelt im Bereich Immigration auf und verprellt so die unentschlossene Mitte der Parteiwähler. Donald Trump ist ein Prolet, bei dem Größenwahn und finanzielle Potenz eine gefährliche Verbindung eingegangen sind.
In seinen Äußerungen bezieht er sich ausschließlich auf die Fehltaten seiner Vorgänger. Die unter Barack Obama durchgesetzte Gesundheitsreform sei ein finanzielles und logistisches Desaster. Bill Clintons Verteidigung der Aufnahme Chinas in die World Trade Organization (WTO) habe zu einer dramatischen wirtschaftliche Schwächung Amerikas geführt, über zehn Millionen Arbeitsplätze seien verloren gegangen. Der Schumer-Rubio-Bill sei eine Katastrophe und unterstütze die arbeitende inländische Bevölkerung kaum. Trump weiß genau, wo er seine Hebel ansetzen muss, um die Massen auf seine Seite zu ziehen.
Wie ein Pflänzchen im Wind
Trotz seinem feststehenden Wahlprogramm gibt sich der Unternehmer aber erstaunlich wechselfreudig, wenn er mit ehemaligen Aussagen konfrontiert wird. So war er in den späten 90er Jahren ein Verfechter der Abtreibung, untermauert mit dem Argument, dass jede Frau selbst entscheiden dürfe, ob und wann sie ein Kind austragen wolle. Nach der Bekanntgabe seiner Kandidatur für die republikanische Partei sprach sich Trump in einem Interview mit dem Moderator Jake Tapper plötzlich strikt gegen Abtreibung aus. Wenn er Präsident wäre, würde er den Akt der Abtreibung „hart bestrafen“. Im April dieses Jahres verwies er jedoch wieder auf die aktuelle Gesetzgebung, die Abtreibung in den USA erlaubt. Man müsse sich damit abfinden, wie die Gesetze momentan gestaltet seien. Es gebe keinen Grund, eine Änderung vorzunehmen.
Das Chamäleon Donald J. Trump verändert regelmäßig situationsbedingt das Erscheinungsbild und verprellt so abwechselnd verschiedene Wählergruppen. Fordert eine Mauer an der Grenze zu Mexiko und vergisst, dass die lateinamerikanische Bevölkerung gut elf Prozent der Wählerstimmen ausmacht. Befürwortet die Katalogisierung der muslimischen Bevölkerung ohne Rücksicht auf ethnische Grundsätze. Hier liegt vermutlich das größte Problem der Kandidatur Trumps. Der Milliardär wirkt mehr und mehr wie jemand, der erkannt hat, dass selbst das beträchtlichste Vermögen nicht ausreicht, um eine Welt nach seinen eigenen Vorstellungen zu verformen. Und so sieht er sich nach einem politischen Amt um. Als Präsident wäre er dazu in der Lage. Noch scheint er jedoch nicht erkannt zu haben, dass mit dem Amt des Staatoberhauptes auch viele Verpflichtungen einhergehen, die nichts mit Polarisierung und Inszenierung zu tun haben, sondern mit reiner Bürokratie.
Uns erwarten die spannenden Monate eines aufregenden amerikanischen Präsidentschaftswahlkampfes. Vor einem Jahr erschien mit „Clinton Cash“ ein unangenehmes Enthüllungsbuch über die Clintons, das sich für Trump im Wahlkampf als gefährliche Waffe herausstellen könnte. Der Autor: Peter Schweizer, ein langjähriger Handlanger der Republikaner. Natürlich.
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