In den letzten Jahren wurde das Wort ‚toxisch‘ insbesondere für Beziehungen immer präsenter und wird sogar inflationär gebraucht. Doch wie findet man heraus, ob die Beziehung gerade nur eine schlechte Phase hat oder tatsächlich toxischen Charakter? Hier habe ich einige Tipps, wie ihr es herausfindet.
Eine Liebe zwischen den Extremen
Ist deine Beziehung ein ständiges Auf und Ab, ohne jegliche Konstante? Fühlst du dich wie bei einer Achterbahnfahrt, die immer zwischen den unterschiedlichsten Emotionen wechselt? Und damit meine ich nicht die Schmetterlinge im Bauch oder die Traurigkeit nach einer Meinungsverschiedenheit. Ist dein Partner vereinnahmend und zunehmend dominant und egoistisch? Dann solltest du dir bei den nächsten Punkten unbedingt dranbleiben und die Augen offenhalten.
Das Muster
Beziehungen sind nicht gerade eine einfache Sache. Wir alle sind sehr individuell und unterschiedlich, nicht nur in dem wie wir leben, sondern auch darin, wie wir fühlen. Stell dir vor, zwei unterschiedliche Menschen finden zueinander und ziehen in eine gemeinsame Wohnung: es kann sein, dass ihre Rhythmen sich unterschieden, oder ihre Vorstellung von Ordnung. So ist es im übertragenen Sinne auch bei den Emotionen, die wir haben. Aber hier gilt es in gesunden Partnerschaften darum, zueinander zu finden oder eben nicht. Toxische Beziehungen hingegen folgen nicht dieser Logik und meistens einem bestimmten Muster.
Bei diesem Muster stehen die Bedürfnisse eines Partners im Vordergrund und müssen erfüllt werden. Es geht sogar soweit, dass dieser dominant und kontrollierend werden kann. Hierbei geht es nicht um Liebe oder Fürsorge, um das Miteinander sondern um den Egoismus. Der Grundsatz solcher Beziehungen ist von vornherein aus der falschen Absicht entstanden und verläuft entsprechend. Oft leben die Emotionen in dieser Beziehung davon, dass sich Glück und Schmerz überschneiden, die Liebe wird durch eine drohende Trennung und Verlustängste gestärkt und die Freude über die Versöhnung ist groß. Schlimmer noch: der toxische Partner, von dem es ausgeht, wird immer wieder idealisiert und verteidigt.
Oft ist es ein geringes Selbstwertgefühl oder die Personen haben in der Kindheit einschneidende emotionale Erlebnisse oder Mängel erlebt.
Es ist eine Sache, etwas Schlimmes zu erleben und eine andere Sache, Verantwortung für sich selbst, den Umgang damit (und eine eventuelle Therapierung) zu übernehmen.
Von Leid und Liebe
Oft merkt man erst nach einer Trennung von toxischen Menschen, dass die Beziehung toxisch war. Während man mittendrin steckt, ist es oft weniger offensichtlich, weil die täglichen Pflichten und Aufgaben uns doch einigermaßen stabilisieren und man wenig Abstand von dem toxischen Beziehungspartner hat. Es stellt sich sehr oft heraus, dass der toxische Partner selbst einige Gründe und Mängel hat, die ihn so haben werden lassen. Oft ist es ein geringes Selbstwertgefühl oder die Personen haben in der Kindheit einschneidende emotionale Erlebnisse oder Mängel erlebt. Zwar ist es so gesehen nicht ihre Schuld, dennoch ist man als Partner nicht dazu verpflichtet, diese Beziehung unter den gegebenen Voraussetzungen weiterzuführen. Es ist eine Sache, etwas Schlimmes zu erleben und eine andere Sache, Verantwortung für sich selbst, den Umgang damit (und eine eventuelle Therapierung) zu übernehmen.
Ein starker Hinweis darauf, dass es sich um eine toxische Beziehung handeln könnte, besteht darin, dass oft Leid mit Liebe verwechselt wird. Nur weil wir tiefes Mitleid für jemanden und seine Probleme empfinden, bedeutet das nicht, dass wir unser Leben für diesen Menschen aufgeben und ihm dauerhaft dienen sollten. Doch genau das erwarten toxische Menschen von einer Beziehung.
Grenzüberschreitungen
Grenzen zu setzen ist in jeder Beziehung wichtig und richtig, nur so kann man gemeinsam miteinander und zueinander wachsen. Ohne Grenzen verschwimmt alles im Leben zu einem Einheitsbrei. Doch bei einer toxischen Beziehung ist gerade das sehr schwierig, denn die Grenzen zwischen eigenen Bedürfnissen und denen des Partners scheinen immer mehr zu verschwimmen. Wo ist man selbst in dieser Beziehung, an welchem Punkt ist Schluss? Sobald man damit beginnt, klare Grenzen zu setzen und dem toxischen Partner dies zu verstehen zu geben, gerät man oft leicht in die Defensive. Dann muss man erklären und begründen, warum man Zeit für sich selbst haben möchte.
Jedoch sollte eigentlich klar sein, dass man dieses Bedürfnis niemandem absprechen könnte. Alleine die Forderung nach einer Begründung ist hier schon eine Grenzüberschreitung, die die eigene Selbstbestimmung untergraben soll. Möglicherweise macht es der Partner nicht extra und ist sich der bösen Absicht nicht direkt bewusst, und gerade das ist das Tückische an den toxischen Mechanismen der Psyche. Grenzüberschreitungen sind zwar auch in anderen Beziehungen nicht schön, dennoch sind sie bei toxischen Beziehungen Gang und Gebe und schränken damit die Freiheit und auch die Selbstständigkeit ein, was dauerhaft zu einem toxischen Klima in der Beziehung führt.
Die Frage nach dem Warum
Oft sind toxische Beziehungen ein regelrechter Manget, nicht nur für den ‚Täter‘, sondern auch für die ‚Opfer‘. Schuld daran sind unsere unbewussten Denkmuster und Erfahrungen aus unserer Kindheit oder anderen prägenden Erlebnissen. So wurde beispielsweise nachgewiesen, dass sich Frauen mit einem gewalttätigen Vater sehr oft im späteren Leben in Beziehungen mit gewalttätigen Männern befinden. Das ließ den Schluss zu, dass unsere familiäre Situation unheimlich prägend für uns sein kann und uns Muster vorlebt, die sich später in unserem Leben niederschlagen können. Die potenzielle Gefahr dazu, in eine toxische Beziehung zu geraten ist also potenziell hoch, da viele von uns ihr Päckchen aus der Kindheit zu tragen haben.
Genau aus diesem Grund sollte man sich als Teil einer toxischen Beziehung immer fragen, warum man in dieser Beziehung gelandet ist. War es die eigene Entscheidung? Was hat uns angezogen und darin gehalten? Was es Liebe oder Mitleid? Wieso haben wir nicht schon früher hinterfragt? Meistens sind es unterbewusste Denkmuster und Überzeugungen, die uns zu einem Opfer werden lassen. Das gilt natürlich für sehr viele Beziehungen, aber vor allem für die, die toxisch sind. Durch unsere Denkmuster geraten wir in diese Beziehungen, ordnen wir uns dem Partner unter und fühlen uns in dieser Rolle ‚richtig‘ und heimisch, weil sie bereits in unserem Kopf verankert ist. Meistens ist genau das ein Hinweis darauf, dass wir an uns selbst und unserer Haltung arbeiten müssen. Wir müssen es schaffen, der Opferrolle zu entkommen und von dem emotionalen Ballast zu befreien, der auf uns lastet.
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