Am 4. Juni 2016 heirateten Daniela Katzenberger und Lucas Cordalis – live im TV auf RTL2. Der Priester, der sich traute, beide zu trauen, heißt Norbert Fink und kommt aus der Erzdiözese Köln. Jetzt hat er ein Buch geschrieben, in dem er nicht nur von der Promi-Hochzeit erzählt, sondern auch ganz persönliche Einblicke in seinen Alltag als Priester und Elvis-Presley-Fan gewährt. Es trägt den Titel: „Hallo Welt, hier Kirche! Von einem, der auszog, den Glauben zu rocken“.

Pfarrer Norbert Fink, Sie sind nun 42 Jahre alt und haben mit „Hallo Welt, hier Kirche“ ein Buch geschrieben, in dem Sie von Ihrem Weg zu Gott berichten und Rückschau auf Ihr bisheriges Leben halten. Glauben Sie nicht, dass Sie für eine Autobiografie noch zu jung sind?
Klar bin ich mit 42 Jahren noch viel zu jung für eine Autobiographie und deshalb ist mein Buch auch keine Autobiographie. Sicher hat „Hallo Welt, hier Kirche“ biografische Züge, aber wann immer ich über Erfahrungen schreibe, die ich gemacht habe, und über das, was ich glaube oder wie ich lebe, gebe ich nur Beispiele. Denn ich denke, dass man so am besten Lust machen kann auf Gott und Menschen für den Glauben begeistern. Nicht, indem ich allgemeine Glaubenswahrheiten verkünde, sondern, indem ich andere daran teilhaben lasse, wie ich mit Gott lebe, was mich bewegt, was ich hoffe und glaube, was mich stark macht und auch, was mich schwächt, woran ich zweifele und womit ich mich schwertue.
Sie sind Priester der Erzdiözese Köln und wurden vor allem dem Fernsehpublikum von RTL2 bekannt, als Sie die Trauung von Daniela Katzenberger und Lukas Cordalis leiteten. Was hat Sie dazu bewogen, bei diesem ungewöhnlichen Fernsehereignis mitzuwirken und wie war Ihr Eindruck?
Was mich dazu bewogen hat die Trauung durchzuführen war die Tatsache, dass es für Daniela und Lukas sehr schwierig war, einen Priester zu finden, der da mitmacht und sie dann auf Umwegen zu mir gelangt sind.
Was die Übertragung der Hochzeit im Fernsehen angeht, hatte ich natürlich auch meine Bedenken. Ist das live oder wird das vom Sender zusammengeschnitten? Wie viel Zeit darf der Traugottesdienst in Anspruch nehmen? Lassen die sich inhaltlich auf mehr ein als nur romantische Musik und ein Ja-Wort á la Hollywood? Wird ein Produzent versuchen, mir in meine Predigt hineinzureden? Aber all diese Bedenken konnten in einem Gespräch mit den Verantwortlichen von RTL2 ausgeräumt werden, und ich sah die Chance, in einem Programm, wo Kirche und Glaube sonst nie vorkommen, mit das Schönste zeigen zu dürfen, was wir als Kirche haben – und das auch noch samstagabends zur besten Sendezeit!
So blieb für mich letztlich nur die Frage: Dieses Paar lebt sein Leben sehr öffentlich und möchte durch eine Fernsehübertragung auch möglichst viele Menschen an seiner Hochzeit teilhaben lassen. Ist das ein Grund für mich, sie nicht zu trauen? Darf ich sie überhaupt anders behandeln als andere katholische Brautpaare, die kirchlich heiraten wollen und alle Anforderungen erfüllen? Meine Antwort haben am 4. Juni 2016 rund 2,6 Millionen Menschen gesehen. Es hat sich gelohnt und ich würde es wieder machen!
Man sollte dabei nicht die Frage nach dem “Warum” stellen. Darauf bekommt man keine Antwort. Die Frage muss stattdessen heißen “Wozu?”.
Nach der Trauung habe ich beides erfahren, Zuspruch und kritische Stimmen. Zu 90 Prozent war die Resonanz positiv, besonders von glaubensfernen Menschen. Vielen Menschen hatte die Trauungszeremonie sehr gut gefallen, die Predigt hatte sie sehr persönlich angesprochen oder auch zum Weinen gebracht. Was interessant ist: Bei der Predigt war die Einschaltquote am höchsten. Es gab viele Zuschauer, die noch nie eine kirchliche Trauung gesehen hatten, gerade junge Menschen waren sehr beeindruckt. Eine Zuschrift lautete zum Beispiel „Hätte ich gewusst, dass das so schön sein kann, hätte ich auch kirchlich geheiratet.“ Kritische Stimmen, aber, wie gesagt, nur sehr wenige, hatten etwa den Tenor „Das geht gar nicht“ oder „Das Sakrament wird missbraucht für eine Show.“
Wie gehen Sie mit der Kritik jener Leute um, die den Eindruck hatten, dass das Sakrament der Ehe und die Kirche bei jener Trauung eher beiläufig als Mittel zum Zweck für eine stimmungsvolle Feier verzweckt wurden?
Ich mag Kritik, wenn sie konstruktiv ist, denn dann wachse ich an ihr. Gegen destruktive Kritik hab ich schon vor langer Zeit mir ein dickes Fell zugelegt. So sehr wie Daniela Katzenberger und Lucas Cordalis habe ich noch nie ein Brautpaar verteidigen müssen. Dass es ihnen nicht ernst sei mit der Hochzeit, wurde unterstellt. Dass sie nicht an die Unauflöslichkeit des Ehebundes glauben würden und deswegen einen Ehevertrag geschlossen hätten. Dass alles nur Show sei und die Kirche sich mit dieser Hochzeit vor einen Selbstvermarktungskarren spannen ließe … Ich kann nur sagen: In zwei Traugesprächen, die ich mit den beiden – wie mit jedem anderen Paar auch – geführt habe, bin ich zu der Überzeugung gekommen, dass es ihnen ernst war mit der kirchlichen Trauung und dass sie wirklich vor Gott zueinander „Ja“ sagen wollten. Ansonsten hätten die zwei auch auf Mallorca am Strand im Sonnenuntergang heiraten können oder an nahezu jedem anderen romantischem Ort.
Sie schreiben, dass Sie neue Wege in der Verkündigung gehen möchten. Woran liegt es Ihrer Meinung nach, dass die Kirche die Jugendlichen nicht mehr erreicht? Haben Sie schon Ideen, wie Sie der Krise des Glaubens gegensteuern wollen?
Ich habe kein Patentrezept, aber ich habe Ideen. Ich glaube, um heute etwas bei der jungen Generation zu erreichen, muss man erstens ein authentisches Vorbild sein. Zweitens ist es, wenn man heute den Glauben verkündet, wichtig, in den Medien präsent zu sein, wie zum Beispiel Instagram, Facebook, Youtube und Twitter – und zwar so präsent, dass man auffällt. Es kommt darauf an, etwas Neues zu wagen. Bei jungen Menschen ist heutzutage zum Beispiel immer weniger Glaubenswissen vorhanden, weil der Glaube häufig nicht mehr von Großeltern und Eltern weitergegeben wird oder in der Schule gelehrt wird. Man muss also die Menschen erst einmal wieder für den Glauben gewinnen und begeistern. Wir brauchen appetitanregende Maßnahmen als Kirche. Außerdem müssen Jugendliche spüren, dass man sie gern hat und für sie da ist in Freud und Leid.
Sie beschreiben sich als „Rebell“, der sich aus diesem Grund besonders mit Elvis Presley verbunden fühlt. In welchen Bereichen dient Ihnen der „King of Rock“ noch als Vorbild?
Schon als Kind fand ich Elvis toll, weil er anders war als die anderen Musiker. Er sah anders aus als andere, hat irgendwie anders gesungen, sich ganz anders bewegt … und das fasziniert mich bis heute an ihm: Elvis hat sich nicht prägen lassen, von dem was ,in‘ war, er hat selbst andere durch seine Orginalität geprägt. Ganz egal, was andere sagten – was ihm wichtig war, das hat er durchgezogen. Dieses Rebellische an Elvis habe ich nicht nur bewundert, sondern mir schließlich auch ein bisschen zu eigen gemacht.
Als in mir mit 20 Jahren der Wunsch aufkam, Priester zu werden, habe ich viel Gegenwind bekommen, aber ich wusste ,Das ist mein Weg‘ und deshalb bin ich ihn auch entschlossen gegangen, wie auch Elvis seiner Berufung gefolgt ist. Er sah es als seine Berufung an anderen Menschen durch seine Gaben Freude zu bereiten und das sehe ich auch als meine Berufung an, als Diener der Frohen Botschaft.
Außerdem beeindruckt mich Elvis‘ Spiritualität. Wenn man sich intensiv mit diesem Menschen beschäftigt, kommt man an dem Thema „Religion“ eigentlich gar nicht vorbei. Elvis hat vier Gospelplatten aufgenommen, hat viele spirituelle Bücher gelesen und sich sehr intensiv mit der Bibel beschäftigt. Er war durch und durch ein spiritueller Mensch und das beeindruckt mich bei diesem Weltstar immer wieder.
Sie haben sehr eindrucksvoll über den Tod Ihrer Mutter geschrieben. Wie gehen Sie aus dieser Erfahrung heraus mit Trauerfällen um, die Ihnen in der Seelsorge begegnen?
Ich habe als Priester viele Grenzerfahrungen bei anderen Menschen erlebt, zum Beispiel bei Beerdigungen von Menschen, die Suizid begangen hatten oder in Fällen, in denen Kinder und Jugendliche gestorben sind. Dies sind Situationen, in denen immer die Frage nach dem Sinn kommt. Es geht jedoch in solchen Situationen nicht darum, Antworten zu finden, sondern vielmehr darum, Trost zu spenden und den Angehörigen beizustehen. Für mich persönlich war ein Prüfstein der Tod meiner Mutter. Dies war eine Prüfung, ob der Glaube an die Auferstehung zutiefst meine Hoffnung ist. Und ich habe festgestellt, dass ich zutiefst daran glaube, dass es die Liebe Gottes ist, die uns immer verbindet.
Durch den Tod meiner Mutter ist mein Glaube an die Auferstehung gestärkt worden. Man sollte dabei nicht die Frage nach dem „Warum“ stellen. Darauf bekommt man keine Antwort. Die Frage muss stattdessen heißen „Wozu?“. Alles hat seinen Sinn. Aus allem Schlimmen kann etwas Schönes erwachsen, aus Krisen kann etwas Neues hervorgehen. Mein Rezept lautet also: Wenn etwas passiert, das man nicht verstehen kann, muss man auf Gott vertrauen. Wenn es Gott nicht gibt, macht das die Sache noch viel schlimmer. Es gibt keine Alternative zu Gott, wenn man glücklich sein will.
Vielen Dank für das Gespräch!
Die Rezension zum Buch “Hallo Welt, hier Kirche!” findest Du hier.
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