Spieglein, Spieglein an der Wand, sag, wer ist die Schönste im ganzen Land? Diese berühmte Frage kennen wir aus dem Märchen Schneewittchen, aber sie hat sich verselbständigt zu einer dauerhaften und drängenden Frage in unserem Inneren.
Überall werden wir mit Schönheit und vermeintlichen Schönheitsidealen konfrontiert: in der Werbung, im Fernsehen, auf Müslipackungen oder Modezeitschriften. Dabei scheint im Durchschnitt ein schlanker, leicht durchtrainierter und gebräunter Körper das höchste aller weiblichen Schönheitsideale zu sein.
Aber Schönheit ist mehr als das, was uns als schön suggeriert wird. Schönheit kommt von innen. Und das soll jetzt kein Trost sein für die, die in diesem Jahr ihren eigenen Anspruch, eine für sie perfekte Bikini-Figur zu erreichen, noch nicht erfüllt haben. Es gibt nämlich, wenn man über Schönheit redet, einige Dinge, die man unterscheiden muss.
Jeder Körper ist zunächst einmal, wie er ist
Vieles an unserem Körper ist durch unser Erbgut schon vorbestimmt. Einige von uns sind von der Statur eher zierlich und werden es auch immer bleiben. Andere haben vielleicht recht dicke Waden, egal wie erfolgreich sie Diät machen. In jedem Körper gibt es sogenannte „Problemzonen“, und diese Zonen können von Körper zu Körper ganz unterschiedlich sein. Und wenn wir vielleicht über Weihnachten einfach nichts anderes tun, als uns regelrecht durch die Feiertage zu futtern und wir danach ein bisschen abnehmen wollen, ist das auch vollkommen okay. Aber keiner sollte versuchen, gegen seinen Körper zu kämpfen, nur damit er in das Raster von 90-60-90-Modelmaßen passt. Einige Dinge können wir nicht ändern. Es versucht ja auch schließlich keiner, seine Augenfarbe zu ändern. Unser Körper ist, wie er ist. Und so ist er schön. Punkt. Dagegen sollten wir nicht ankämpfen, schließlich ist in manchen Momenten unser Körper unsere einzige Ressource.
Ästhetik und Gepflegtheit hat nichts mit der Form unseres Körpers zu tun
Natürlich können wir aber trotzdem Dinge tun, die in unseren Augen unseren Körper „schön“ oder noch schöner machen. Wir können zum Sommer hin mit ein bisschen Sport nachhelfen, den Hüftspeck zu reduzieren. Wir können unseren Körper mit Beauty- und Pflegeprodukten behandeln, damit unsere Haut weich und glatt ist. Wir können darauf achten, dass wir, wenn wir Lust haben, ein Make-Up wählen, das zu uns passt und auch noch den passenden Nagellack haben. Und natürlich sind wir dann am Ende irgendwie schön. Ästhetik und Körperpflege sind immer willkommen. Damit bringen wir unserem Körper ja auch eine gewisse Achtsamkeit und Respekthaltung entgegen. Aber kein Schönheitsprodukt der Welt ist wirklich für unsere Schönheit verantwortlich.
Gibt es überhaupt perfekte Körper? Es ist doch alles Ansichtssache
Um noch einmal auf die Körpermaße zurück zu kommen: Den perfekten Körper gibt es gar nicht. Schönheitsideale ändern sich auch regelmäßig. Künstler wie Rubens oder Botticelli beweisen uns mit ihren Gemälden zum Beispiel, dass zu ihrer Zeit das Schönheitsideal ein ganz anderes war. Es ist alles Ansichtssache. Und jeder Körper hat irgendetwas, das an ihm besonders ist und das ihn schön macht.
Was Männer mögen
Und es ist ganz bestimmt nicht so, dass alle Männer nur auf Models stehen. Klar, die gibt es auch. Aber viele Männer mögen Frauen, die Kurven haben, weil es das ist, was Frauen weiblich macht. Ganz bestimmt mag es aber jeder Mann, wenn er merkt, dass die Frau mit sich im Reinen ist und sich so, wie sie ist, akzeptiert und schön findet. Dann kann er das nämlich auch. Eine Frau, die mit ihrem Körper unglücklich ist, strahlt das auch nach außen.
Aber all das Gerede ist schön und gut; es nützt nur manchmal trotzdem nichts, wenn die innere Stimme sich mal wieder kritisch zu Wort meldet. Was hilft, wenn ihr euch mal wieder „nicht schön genug“ fühlt? Dadurch, dass uns ein Großteil der Schönheitsideale über die Medien vermittelt wird und auch über ständige Selfies, die perfekt sein müssen, gibt es ein ganz einfaches Mittel: Verzichtet einfach mal einen Tag (oder wenn euch danach ist, auch mehr), darauf, euch auf all euren Social-Media-Accounts einzuloggen, und beobachtet stattdessen die Menschen im wirklichen Leben. Auf der Straße, im Café, in der U-Bahn. Ihr werdet feststellen, wie verschieden wir alle aussehen. Und niemand wird perfekt aussehen.
Lachen macht schön
Kleine Brüste, dicke Oberschenkel, schiefe Zehen – es gibt einen Trick, der euch immer schön aussehen lässt: Ihr müsst lachen. Dann seid ihr sexy, weil ihr natürlich wirkt, verschmitzt, strahlend. Und dann zieht ihr Männer mit eurer Freude und Lebensenergie an. Bevor sie abchecken, wie euer Körper aussieht. Und bevor ihr überhaupt Zeit habt, darüber nachzudenken oder der bösen Stiefmutter in eurem Inneren Gelegenheit zur Spiegel-Frage zu geben. Denn so seid ihr wirklich schön.
Tobias Kolb
Cooler Artikel!
Das finde ich eine sehr wichtige Thematik und das Durchbrechen von gesellschaftlichen Schönheitsidealen ist nicht nur für Frauen wichtig, wenn sie den Maßstab an sich selbst anlegen, sondern eben auch für Männer wenn sie die Maßstäbe an Frauen anlegen. Natürlich darf jeder schön finden was er will, aber es schadet sicher auch nicht zu reflektieren welchen Einfluß das gessellschaftliche Schönheitsideal hat.
Magnus Frisch
Vielen Dank für diesen Artikel! Wir sollten usn – egal, ob Mann oder Frau – nicht einfach dem gesellschaftlichen Schönheitswahn unterwerfen. Genauso wichtig ist es auch, dass wir uns nicht von der “Schönheit” verführen lassen, die uns allerorten begegnet. Denn der Sokratesschüler Xenophon stellt in seinen “Memorabilien” ganz zu Recht fest, dass es schwer für einen Menschen ist, in der Gegenwart schöner Menschen besonnen zu bleiben.
pedalo
Vielen Dank auch von mir für diesen Artikel. Ich erlebe die alten Schönheitsideale mit jedem Frühjahr in ihrer zeitlosen Wirkmächtigkeit, wenn ich mit meiner Fahrradrikscha auf dem Hamburger Rathausmarkt im Einsatz bin, s. https://www.hamburg-by-rickshaw.de/. An mir vorbei flanieren gut betuchte Menschen. Gut gekleidete Herren, elegante Damen und viele Zeitgenossen, die sich gerade finden wollen. Gleichwohl gilt mit Dostojewskij: “Schönheit wird die Welt retten!”