Kommunizieren tun wir alle – und zwar täglich. Aber was hat Kommunikation eigentlich mit unserer Gesundheit zu tun? In Lina’s letztem Workshop haben wir uns genauer angeschaut, wie wir eigentlich kommunizieren, was wir vielleicht noch besser machen können und wie uns das auf unserem Weg zu mehr Gesundheit und Zufriedenheit helfen kann. Wie immer hast du hier die Möglichkeit, das Wichtigste aus dem Workshop in schriftlicher Form mitzunehmen.
Warum verstehen wir uns so häufig falsch?
Zu Beginn haben wir uns anhand des 4-Ohren-Modells von Schulz von angeschaut, warum Kommunikation so anfällig für Missverständnisse ist. Vielleicht kennst du das. Manchmal sagen wir etwas, das bei unserem Gegenüber ganz anders ankommt, als wir es eigentlich meinten. Aber habe ich mich nun falsch ausgedrückt oder hat mein Gegenüber falsch interpretiert? Meist spielen hier beide Seiten eine Rolle. Nur selten deuten wir eine Nachricht lediglich auf der Sachebene, wie zum Beispiel „Die Ampel ist grün“.
Meist interpretieren wir in eine Nachricht auch eine Botschaft hinein. Das könnte sein: “Mein Mitfahrer möchte, dass ich losfahre“ (Appellebene), oder: “Er hat es eilig“ (Selbstkundgabe), oder aber: „Er hält mich für eine schlechte Autofahrerin“ (Beziehungsebene). Je nachdem, wie wir die Nachricht interpretieren reagieren wir und je nachdem reagiert auch wieder unser Gesprächspartner. Entscheidend dafür, wie wir etwas verstehen, sind unter anderem unsere vorherigen Erfahrungen mit dieser und anderen Personen, aber auch unsere generellen Normen und Werte. Wurden wir zum Beispiel in der Vergangenheit schon häufiger für unsere Fahrweise kritisiert, so interpretieren wir möglicherweise auch eine Nachricht, die nicht als Kritik gemeint ist, dennoch als solche.
Was können wir tun, um besser zu verstehen & verstanden zu werden?
Als Sender können wir:
- Offen und konkret formulieren, was in uns vorgeht, anstatt versteckte Botschaften zu senden
- Eigene Wünsche & Bedürfnisse kennen und offen kommunizieren
- Nachfragen, wie unser Gesprächspartner unser Gesagtes verstanden hat
- Übereinstimmende verbale & nonverbale Signale senden
Als Empfänger können wir:
- Paraphrasieren – Wiederholen, was unser Gesprächspartner gesagt hat, um herauszufinden, ob wir es richtig verstanden haben
- Nachfragen – Meinst du damit, …?
- Empathie nutzen – Was geht wohl in meinem Gegenüber vor?
- Nonverbale Signale wahrnehmen
- Zuhören, was der Gesprächspartner in dem Moment sagt (voreilige Schlüsse zurückstellen)
Was haben meine Bedürfnisse & Gefühle mit guter Kommunikation zu tun?
Hinter einem „Warum hast du schon wieder nicht…“ versteckt sich oft ein „Ich wünsche mir…“ – aber sagen tun wir letzteres dann doch eher selten, oder? Tatsächlich fällt es vielen von uns schwer, Gefühle, Bedürfnisse und Wünsche offen zu kommunizieren, bzw. die eigenen Empfindungen überhaupt zu erkennen & benennen zu können. Genau das ist aber laut Marshall B. Rosenberg für eine „Gewaltfreie Kommunikation“ von entscheidender Bedeutung.
Er geht davon aus, dass wir all das was wir tun, tun um unsere Bedürfnisse zu erfüllen. Sprich, wenn wir wütend sind, dann weil eines unserer Bedürfnisse verletzt wurde. Wenn wir jemandem einen Vorwurf machen, dann weil wir uns wünschen, dass ein bestimmtes Bedürfnis erfüllt wird. So kann zum Beispiel hinter dem Vorwurf „Nie hast du Zeit für mich“ stecken: „Ich sehne mich nach Zuneigung und dem Gefühl, geliebt zu werden“. Häufig greifen wir in Streitsituationen eher zu Vorwürfen als der offenen Kommunikation dessen, wie wir uns fühlen und was wir uns wünschen.
Wie funktioniert gewaltfreie Kommunikation?
Marshall B Rosenberg schlägt für eine gesunde Kommunikation vor, sich die eigenen Gefühle und Bedürfnisse bewusst zu machen und diese konkret zu äußeren. Dazu hat er eine 4-Schritte-Anleitung entwickelt:
1. Beobachtung: Wahrnehmung & Beschreibung der Situation ohne Interpretation
z.B. „Mir ist aufgefallen, dass ich in den letzten drei Tagen das Geschirr alleine abgewaschen habe“
2. Gefühl: Emotionen benennen
z.B. „Das macht mich gerade wütend, weil ich das Gefühl habe, dass es gerade ein Ungleichgewicht bei der Verteilung der Aufgaben im Haushalt gibt“
3. Bedürfnis: Bedürfnis erkennen & nennen
z.B. „Ich habe das Bedürfnis nach Gerechtigkeit und gegenseitiger Unterstützung”
4. Bitte: Bitte formulieren (am besten konkrete Handlung)
z.B. „Deswegen würde ich mir wünschen, dass wir einen Plan aufstellen und uns den Abwasch teilen, zum Beispiel indem…“
→ Wenn ich a sehe (Beobachtung), dann fühle ich b (Gefühl), weil ich c brauche (Bedürfnis). Deshalb möchte ich jetzt gern d (Bitte).
Um in einer Situation diesen Schritten zu folgen, versuche möglichst konkret zu beschreiben, was dir aufgefallen ist. Überlege, welches Gefühl diese Beobachtung bei dir auslöst. Frage dich als nächstes, welcher Wunsch sich hinter deinen negativen Gefühlen verstecken könnte. Im letzten Schritt mache dir klar, was du eigentlich erreichen möchtest, wenn du mit deinem Gesprächspartner in die Interaktion gehst und bereite dich darauf vor, eine klare Bitte zu formulieren.
Du musst dich natürlich nicht genau an die vorgegebenen Formulierungen halten. Allein wenn du dir deiner Bedürfnisse bewusster wirst und klarer kommunizierst, wird dein Gesprächspartner dich schon deutlich besser verstehen können. Und so stehen deine Chancen größer dein Ziel zu erreichen – vor allem wenn du dieses konkret aussprichst.
Wie kann ich gesunde Kommunikation üben?
Sag’s besser! Achte zusätzlich darauf, möglichst in Ich-Botschaften zu formulieren. Überlege mal, wie häufig auch du sagst „Du hast…“ oder „Du machst…“. Übe dich darin mehr davon zu sprechen, was eine Situation mit dir zu tun hat, was du fühlst und was du dir wünschst. Du-Botschaften lösen beim Gegenüber schnell Ärger und Gegenreaktionen aus. Ein Satz der mit „Du trinkst aber viel Alkohol…“ anfängt, endet sicherlich nicht unbedingt in einer guten Kommunikation.
Gerade in Konfliktsituationen neigen wir außerdem oft dazu, Verallgemeinerungen in Kombination mit diesen Du-Botschaften zu treffen. „Immer hast du…“, „Nie machst du…“ – Auch das stößt beim Gegenüber eher auf Unmut. Denn meist gibt es dafür mindestens ein Gegenbeispiel. Versuche hier lieber konkret und situationsbezogen zu formulieren. Was ist wann und wie oft passiert? Was stört mich daran und warum? Und auch hier wieder: Was wünsche ich mir? Dabei ist es wichtig, beim Thema zu bleiben. Versuche nicht, plötzlich „neue Fässer“ aufzumachen. Sprich die Dinge lieber direkt auf gesunde Weise an, als mehrere Fässer sich füllen zu lassen, bis sie alle auf einmal überlaufen.
Muss ich nun immer über alles nachdenken & alles ausdiskutieren?
Nein, das ist damit nicht gemeint. Auch hier geht es wieder um eine gesunde Balance. Es ist gut, sich seiner Kommunikation bewusster zu werden und sich darin zu üben, gesunder zu kommunizieren. Das soll aber natürlich nicht bis dort hin gehen, dass wir jeden Satz auseinandernehmen und überinterpretieren. Du darfst auch mal über Dinge hinwegsehen, einfach das Positive annehmen oder auch mal akzeptieren, dass du etwas nicht verstehst:)
Wie kann ich Konflikte lösen & vorbeugen?
Wir alle kommen in schwierige Gesprächssituationen. Wenn wir eine solche Situation schon kommen sehen, dann kann es helfen, sich gut vorzubereiten. Überlege dir vorher, was du mit dem Gespräch erreichen möchtest. Was sind deine Ziele? Wie genau kannst du das rüberbringen? Überlege dir auch, wie dein Gesprächspartner wohl reagieren könnte und wie du dann wiederum reagieren möchtest. Stelle dich außerdem darauf ein, ggf. einen Kompromiss eingehen zu müssen und sei dir im Klaren darüber, welcher Kompromiss für dich in Ordnung wäre. Wenn wir mit einer guten Vorbereitung in ein schwieriges Gespräch gehen, ist es viel wahrscheinlicher, dass wir damit etwas erreichen.
Auch die Kunst des Zuhörens spielt in Konfliktsituationen eine wichtige Rolle. Viele gute Kommunikationen scheitern daran, dass wir nicht aufmerksam zuhören, sondern voreilig unsere Schlüsse ziehen oder uns schon überlegen, was wir selbst als nächstes sagen wollen. Übe dich in Achtsamkeit in der Kommunikation, höre genau auf das, was dein Gegenüber in dem Moment sagt und frage ggf. nach.
Versuche in Streitsituationen außerdem nicht einen Schuldigen zu finden. Zu einer Kommunikation gehören immer zwei Personen und jeder trägt seinen Teil dazu bei. Dort den Anfang zu finden ist schwer bis unmöglich.
Deine eigene Emotionssteuerung ist ebenfalls von Bedeutung in Konfliktsituationen. Auch du hast sicher in einer Streitsituation schonmal etwas gesagt, was du später bereut hast. Sei auch darauf vorbereitet und überlege dir, wie du so etwas vermeiden kannst. Im Zweifelsfall kann es immer helfen, eine akute Situation in Absprache zunächst zu verlassen und zu einem späteren Zeitpunkt zu einem Gespräch zurückzukehren. Denn oft sehen wir die Dinge kurze Zeit später schon mit ganz anderen Augen.
Was habe ich von gesunder Kommunikation?
Denke das Ganze doch mal zu Ende. Wenn du offen und ehrlich deine Gefühle und Bedürfnisse kommunizierst, ist es dann nicht auch wahrscheinlicher, dass du das bekommst, was du dir wünschst? Wenn wir offen kommunizieren anstatt zu erwarten, dann können wir auch eher unsere Ziele erreichen. Natürlich kann es auch passieren, dass geäußerte Wünsche nicht erfüllt werden. Aber die Wahrscheinlichkeit ist dennoch höher, wenn wir eine Bitte aussprechen, als wenn wir von einer anderen Person warten, sie einfach so zu erkennen.
Außerdem sind wir Menschen soziale Wesen und leben von der Kommunikation mit anderen Menschen. Gute Gespräche mit netten Menschen geben uns Energie, Streits und Diskussionen können uns viel Kraft rauben. Versuche daher, dich auf positive Kommunikationen zu fokussieren und auch bei schwierigen Gesprächen die Ruhe zu bewahren. Behalte immer im Hinterkopf, dass sich auch bei einem schwierigen Gegenüber Wünsche und Bedürfnisse verstecken. Springe doch mal über deinen Schatten und versuche diese durch cleveres Nachfragen herauszufinden.
Merke dir: Auch gesunde Interaktionen unterstützen dich dabei, dich gesund und ausgeglichen zu fühlen!:)
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