Gewaltige eindrucksvolle Türme, eine massive Stadtmauer aus Sandstein samt Wehrgang und die mächtige Burganlage wachen schon seit fast 1.000 Jahren über die Bürger Nürnbergs. Wenn in der Früh die Sonne langsam hinter der Festung aufsteigt und erste Sonnenstrahlen über die Zinnen der Burg in den historischen Stadtkern fallen, strahlt Nürnberg einen unvergleichlichen mittelalterlichen Charme aus. Schnell fühlt man sich ins Jahr 1050 zurückversetzt, als die Stadt von Kaiser Heinrich III in der Sigena-Urkunde erstmals unter dem Namen „nuorenberc“ erwähnt wurde.
Verwinkelte Gassen und mittelalterliche Wolkenkratzer
Mit dem Licht und der Wärme der Sonne beginnt rasch das geschäftige Treiben in der Altstadt. Auf dem Hauptmarkt und auf der Museumsbrücke tummeln sich etliche Gemüse- und Obsthändler, die ihre frischen Waren aus dem Knoblauchsland, der Kornkammer der Region, verkaufen wollen. Von den vorbeieilenden Menschen haben nur die wenigsten einen Blick für die angebotenen Nahrungsmittel. Geschäftsleute, Touristen und Einheimische gehen schnellen Schrittes den kleinen Anstieg zur Lorenzkirche hinauf. Die dreischiffige gotische Basilika wurde zwischen 1250 und 1477 von großen Baumeistern und Künstlern wie Adam Kraft und Veit Stoß erbaut. Mit ihren 80-Meter-Türmen überragt sie die Lorenzer Altstadt und bildet damit das Pendant zur Sebalduskirche, die ihrerseits in den Himmel der Sebalder Altstadt ragt.
Zu Füßen der Lorenzkirche erstrecken sich die Einkaufspassagen Nürnbergs. Zwischen den drei großen Hauptadern, der Karolinenstraße, der Breiten Gasse und der Frauengasse sowie in den kleinen, verschlungenen Nebengassen finden sich allerlei Geschäfte, die die Herzen der Menschen höher schlagen lassen. Von Modeläden und Fashionstores wie Breuninger, Ansons und Crämer & Co bis hin zur Nürnberger Leibspeise, „Drei im Weggla“, findet sich fast alles in diesem Winkel der Stadt.
Würstchen und Weihnachtsgebäck
Selbstverständlich sind die „Drei im Weggla“, also drei Nürnberger Rostbratwürste im Brötchen, nicht die einzige kulinarische Spezialität der alten Kaiserstadt. Allgemein ist die fränkische Küche herzhaft und deftig: Vom Schäuferla bis zum Schweinebraten gibt es eine immense Bandbreite an Zubereitungsformen für Wild. Während der Nürnberger zur Mittagszeit oder am Sonntagstisch genüsslich einen Braten isst, erlangte die fränkische Metropole auf der gesamten Welt durch eine andere lokale Besonderheit Weltruhm.
Die Rede ist von den Nürnberger Lebkuchen, die am besten in der kalten Jahreszeit gemeinsam mit einem Glas heißen Glühwein auf dem Nürnberger Christkindlesmarkt verzehrt werden. Der jährlich auf dem Hauptmarkt stattfindende Weihnachtsmarkt kann auf eine lange, traditionsreiche Geschichte zurückblicken. Der erste schriftliche Nachweis stammt bereits aus der Mitte des 17. Jahrhunderts von einer bemalten, hölzernen Spanschachtel: „Regina Susanna Harßdörfferin von der Jungfrau Susanna Eleonora Erbsin (oder Elbsin) zum Kindles-Marck überschickt 1628.“ Zwar wechselte der Standort des Marktes über die Jahre einige Male, kehrte letztendlich aber wieder auf seinen angestammten Platz zurück. Eröffnet wird der berühmte Weihnachtsmarkt vom Nürnberger Christkind. Ein menschgewordener Rauschgoldengel beginnt im goldenen Licht der Scheinwerfer vor mehr als 20.000 Zuschauern auf der Brüstung der Frauenkirche den Prolog mit den Worten: „Ihr Herrn und Frau´n, die Ihr einst Kinder wart, Ihr Kleinen, am Beginn der Lebensfahrt, ein jeder, der sich heute freut und morgen wieder plagt: Hört alle zu, was Euch das Christkind sagt!“
Vom Kaiser zum Führer
Mit fast 500.000 Einwohnern ist Nürnberg die zweitgrößte Stadt Bayerns. Wirtschaftlich, politisch und gesellschaftlich lässt sich heute ein positives Bild der Stadt zeichnen. Doch der Rückblick auf die letzten Jahrhunderte zeigt auch einige dunkle Kapitel der Stadt. Während in den Hochzeiten hier Herzoge und Kaiser residierten und wichtige Dokumente, wie beispielsweise die „Goldene Bulle“ aus dem Jahr 1356, erließen, wandelte sich das Bild im 20. Jahrhundert. Mit dem Erstarken der Nationalsozialisten unter Adolf Hitler erhielt auch Nürnberg unrühmliche Bekanntheit: Von 1933 bis 1938 wurden jährlich in der fränkischen Metropole die „Reichsparteitage der Nationalsozialisten“ abgehalten, 1935 wurden die „Nürnberger Rassengesetze“ unterzeichnet, die der antisemitischen Ideologie eine juristische Grundlage gaben. Auch architektonisch hatten die Nationalsozialisten unter Federführung von Albert Speer einige Veränderungen vorgenommen: Mit der Luitpoldarena, dem Deutschen Stadion und der noch heute existierenden Kongresshalle, entstanden zahlreiche riesige Monumentalbauten.
Nach dem Krieg folgten die Nürnberger Kriegsverbrecherprozesse und bittere Jahre der Armut und des Hungerns, ehe in den Zeiten des wirtschaftlichen Aufschwungs Firmen wie Siemens, Schöller, MAN, AEG, Grundig oder Triumph-Adler Nürnberg neues Leben einhauchten. Mit der Nürnberger Spielwarenmesse, dem Flughafen, der ausgebauten U-Bahn und dem Main-Donau-Kanal hat die Stadt sich zu einer wichtigen deutschen Großstadt entwickelt, die einer Metropolregion von Weißenburg im Süden bis zum thüringischen Saalfeld im Norden Halt und Identifikation gibt.
Die leidende Frohnatur
Trotz dieser großen Strahlfunktion mag der Nürnberger an sich für den Außenstehenden wohl zunächst eher ablehnend und zurückgezogen erscheinen. Wenn man sich Mühe gibt und versucht, ihn kennenzulernen, bemerkt man jedoch schnell die freundliche und offene Art. Freundlich, offen und leiderprobt. Sinnbildlich für den Nürnberger und seine Stadt steht sein Fußballverein, der 1. FC Nürnberg. Zwei Leitsprüche verdeutlichen dabei den Charakter der Frankenmetropole: „Der Club is a Depp“ und „Ich bereue diese Liebe nicht“ vereinen die Spannbreite zwischen Liebe und Leid deutlich.
Wer Entspannung für seine strapazierten Nerven, von anstrengenden Fußballpartien oder dem Beruf, sucht, der zieht sich im Sommer gerne in die grünen Auen der innenstadtnahen Wöhrder Wiese und zu den angrenzenden Ufern des Wöhrder Sees zurück. Hier kann sich der Nürnberger in geselliger Gemeinschaft der eigenen Seelenzufriedenheit hingeben und so sein wie er will: Sympathisch, sinnlich und stets glücklich.
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