Eine Podiumsdiskussion von „Kirche in Not“ zeigt: Religionsfreiheit ist in vielen Ländern der Erde ein bedrohtes Menschenrecht. Von Benedikt Bögle.
Auf dem 102. Katholikentag, der vom 25. bis 29. Mai in Stuttgart stattfand, präsentierten sich unter anderem zahlreiche katholische Gruppen und Institutionen – unter ihnen auch das päpstliche Hilfswerk „Kirche in Not“. Auf einer Podiumsdiskussion thematisierte das Werk die Lage der Religionsfreiheit weltweit.
Vertreten war etwa Frank Schwabe (SPD), Beauftragter der Bundesregierung für Religions- und Weltanschauungsfreiheit. Dieses Amt hatte die Große Koalition 2018 geschaffen. „Ich weiß, dass viele Verteidigerinnen und Verteidiger der Religions- und Weltanschauungsfreiheit bedroht und angegriffen werden, um ihr Leben und ihre Freiheit fürchten müssen“, sagte Schwabe bei der Veranstaltung von „Kirche in Not“.
Bedeutung des Dialogs
Anwesend war auch Markus Grübel (CDU), der Vorgänger von Schwabe. Er wies auf die grundlegende Bedeutung der Religionsfreiheit als Menschenrecht hin. „Man muss alle Menschenrechte zusammensehen, denn sie bedingen sich gegenseitig“, sagte er. Religionen hätte ein großes Potenzial, das gesellschaftliche Miteinander zu fördern. Wesentlich hierfür sei der Dialog zwischen, aber auch innerhalb der Religionen. Daher begrüßte Grübel, dass die neue Regierung das vorher geschaffene Amt eines eigenen Beauftragten für die Religions- und Weltanschauungsfreiheit weiterführe.
Priester werden verschleppt
Zwei weitere Vertreter konnten konkret machen, was der Einsatz für Religionsfreiheit bedeutet: Erzbischof Matthew Man-Oso Ndagoso aus Kaduna in Nigeria ist stellvertretender Vorsitzender der dortigen Bischofskonferenz. Er berichtete über die Unterdrückung und Verfolgung von Christen in seiner Heimat: Seit 2019 wurden allein in seinem Bistum Kaduna sieben Priester verschleppt; zwei von ihnen wurden ermordet.
Erst kürzlich wurde die 31-jährige Deborah Emmanuel wegen angeblich „blasphemischer“ WhatsApp-Nachrichten von Kommilitonen gesteinigt und verbrannt. „Ursachen sind die von den Terrormilizen ,Boko Haram‘ und ,Islamischer Staat von Westafrika’ ausgelösten Unruhen, Konflikte zwischen Bauern und Nomaden, Bandenkriminalität und Entführungen,“ sagte Erzbischof Matthew Man-Oso Ndagoso.
Christen würden keine Religionsfreiheit genießen, so der Erzbischof: „Es wird so getan, als würden die Christen nicht existieren.“ Die christliche Bevölkerung müsse „ebenso wie alle anderen religiösen Minderheiten weltweit gerecht behandelt werden, unabhängig von Glaubensrichtung, Stammeszugehörigkeit, politischer Ausrichtung oder sozialem Status.“
“Liebe zum Leben”
Auch die Ordensschwester Annie Demerjian aus Syrien konnte von der schwierigen Lage der Christen berichten. Sie und ihre Mitschwestern der „Schwestern Jesu und Mariens“ kümmern sich um die Opfer von Bürgerkrieg und islamistischem Terror.
Der Krieg war schlimm – aber auch jetzt leiden viele Menschen in Syrien. Ein großer Teil der Menschen lebt in Armut, die Corona-Pandemie hat die Lage weiter verschlechtert. „Die Liebe zum Leben hilft uns, weiterzumachen, bis wir aus dem dunklen Tunnel das Licht erreichen“, sagt Schwester Annie Demerjian.
“Christen erleiden Verfolgung”
Diesen Problemen will sich das päpstliche Hilfswerk „Kirche in Not“ stellen. Nach dem Zweiten Weltkrieg gründete der Prämonstratenser Werenfried van Straaten das Hilfswerk, um einerseits Kriegsvertriebenen zu helfen, andererseits die Verständigung zwischen den Völkern voranzutreiben. Heute berichtet „Kirche in Not“ von religiösen Verfolgungen auf der ganzen Welt, sammelt Spenden und unterstützt Christen in Not mit zahlreichen Projekten.
Mit Blick auf die Entwicklung der Religionsfreiheit in vielen Ländern der Erde stellte Regina Lynch, Projektdirektorin bei „Kirche in Not“, auf dem Katholikentag fest: „Die Länder mögen sich stark verändert haben und vielleicht auch die Motivation für die Unterdrückung. Aber Tatsache bleibt, dass Christen in vielen Teilen der Welt immer noch Diskriminierung oder Verfolgung erleiden, weil sie Christus nachfolgen.”
Schreibe einen Kommentar