Dreckig, laut und gefährlich? So stellen sich viele Menschen Indien vor. In diesem Bericht beschreibe ich, wie ich Indien in den letzten 12 Monaten während meines Freiwilligendienstes diesbezüglich wahrgenommen habe und erkläre, ob es in meinen Augen nur Vorurteile sind oder der Wirklichkeit entspricht!
Vorurteil 1: Hektisch und laut?
In Indien herrscht durchaus ein chaotischer Straßenverkehr, der vor allem in Großstädten, wie Delhi oder Mumbai, zu den Hauptverkehrszeiten sehr hektisch und laut sein kann. Charakteristisch sind dabei die dröhnenden Hupen, das Übergehen der eigenen Fahrspur sowie drängelnden Mopeds, Motorräder und Rikschas. Wer bei diesem „Gewusel“ nicht aufmerksam genug ist, riskiert es in einen Unfall verwickelt zu werden.
Trotzdem gibt es auch einige Regionen in Indien, in denen es auf den Straßen ruhiger vonstattengeht. So habe ich vor allem die Staaten Goa und Himachal Pradesh, was den Verkehr betrifft, als sehr entspannt wahrgenommen. Das liegt selbstverständlich auch einfach daran, dass diese Regionen weniger dicht besiedelt sind.
Vorurteil 2: Begafft, betatscht, belästigt?
Vergewaltigungen und sexuelle Belästigungen in Indien sind nicht nur Schlagzeilen, über die in Zeitungen und auf Nachrichtensendern berichtet wird, sondern wahre Geschichten mit wahren Menschen. Sowohl inländische als auch ausländische Frauen sprechen oft davon von Männern begafft, betatsch und belästigt worden zu sein. Es wäre demnach eine Lüge, zu behaupten, dass dies nur ein irrsinniges Vorurteil sei.
Dennoch bedeutet das nicht, Frauen könnten nicht vor die Tür treten, ohne fürchten zu müssen, dass ihnen etwas zustößt. Tatsächlich war ich, als ich in Indien gelebt habe, mehrfach alleine unterwegs, ohne dass mir etwas Derartiges widerfahren ist. Verständlicherweise sollte man jedoch nicht nach Einbruch der Dunkelheit durch die düstersten Ecken der Städte zu spazieren oder trampen, um von Ort zu Ort zu kommen. Wenn man diese Grenzen nicht überschreitet, kann man sich in Indien als Frau allerdings ohne Zweifel sicher fühlen.
Vorurteil 3: Müll an jeder Straßenecke?
Da es nicht häufig eine Müllabfuhr gibt und auch nur sehr selten Mülleimer auf den Straßen zu finden sind, werden Abfälle tatsächlich sehr oft gedankenlos an den Straßenrand geworfen. Daraus folgt natürlich, dass der Müll sich an manchen Punkten meterhoch stapelt und es von Ungeziefer nur so wimmelt.
Dennoch gibt es auch einige Gegenden, die sehr gepflegt und sauber sind. Gerade in öffentlichen Parkanlagen stößt man oft auf Mülleimer, die mit Appellen beschriftet sind. Außerdem entwickeln sich immer mehr Initiativen, die ein sauberes Indien anstreben. Beispielsweise haben sich Studenten in Pune zusammengeschlossen und eine Organisation namens „Think Before You Throw“ („Denk nach bevor du wirfst“) gegründet, um mit unterschiedlichen Aktionen Bewusstsein für die unbedachte Müllentsorgung zu schaffen.
Vorurteil 4: Gesundheitsgefährdendes Essen?
Das Essen in Indien ist sehr vielfältig. Durch die verschiedenen Gewürze ergeben sich fantastische Speisen, die für jeden Geschmack etwas bereithalten, egal ob vegetarisch, vegan oder fleischliebend. Dennoch birgt die indische Küche einige kleine „Gefahren“, die unsere europäischen Mägen gerne zum Protestieren bringen. Neben dem scharfen und oftmals öligen Curry, lässt vor allem das köstliche „Streetfood“ die Reise zu einer wahren Mutprobe werden. Sicherlich bedeutet das nicht, dass jeder das Land mit Magenproblemen oder gar schwerwiegenden Erkrankungen verlässt. Schließlich reagieren unsere Körper unterschiedlich. Manche Menschen überstehen ihre Reise sogar ohne jegliche Probleme.
Trotzdem sollte man darauf achten, was man zu sich nimmt. In den ersten Wochen vermeidet man daher lieber das köstliche Streetfood und genießt das Essen in den zahlreichen Restaurants. Auf das Leitungswasser sollte man generell verzichten und die Zähne anfangs auch nur mit Trinkwasser putzen. Bedauerlicherweise muss man bei Trinkwasser ebenso darauf achten, dass die Flaschen richtig versiegelt sind, da sie doch gerne mal mit Leitungswasser aufgefüllt werden. Um dem vorzubeugen, soll man daher nach der Benutzung die Deckel in die Flasche pressen, da dieser so nur beim Recyceln entfernt und die Flasche somit nicht aufgefüllt werden kann. Hin und wieder hilft das alles leider auch nicht. Für den Fall ist es angebracht Medikamente einzupacken! Dann steht einer entspannten Reise nichts mehr im Weg!
Fazit
Indien ist zweifelslos ein Land, das dreckig, laut und gefährlich sein kann. Schließlich haben sich diese Bilder nicht aus dem Nichts entwickelt. Dennoch ist es wichtig zu verstehen, dass hinter diesen oft nicht so viel steckt, wie man glauben mag. Daher sollte man hin und wieder versuchen seine Perspektive ein wenig zu verschieben, denn man sieht bekanntlich nur, was man zu sehen erwartet.
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