Stell dir vor es gebe eine Aktivität, die dich fantasievoller macht, dein Erinnerungsvermögen und deine Beziehungen verbessert und dich nachhaltig zu einer besseren Person werden lässt. Klingt zu schön, um wahr zu sein? Ist es aber – Lesen hat viele positive Auswirkungen, die wissenschaftlich nachgewiesen sind.
Die Bücherwürmer unter uns haben es in ihrer DNA: Wie Motten vom Licht angezogen werden, sind Bücher und Orte, wo du diese ausleihen oder erwerben kannst, ihr Magnetfeld und sie genießen die positiven Auswirkungen des Lesens. Egal, ob du zu Ersteren gehörst oder eher zu denen, die sich immer wieder vornehmen, mehr zu lesen, motiviert und bestärkt dich dieser Artikel mit ein paar interessanten Fakten, dir künftig bewusst die Zeit zu nehmen, ein gutes Buch zu genießen.
Zuerst muss jedoch spezifiziert werden, welche Art des Lesens die oben genannten positiven Effekte hervorrufen. In unserem Alltag sind wir oft darauf angewiesen, zu lesen – ob für unsere Bildung oder Arbeit bis über Gebrauchsanweisungen und Dokumente. Dieses Lesen ist jedoch – glücklicherweise – nicht gemeint. Es geht explizit um Romanliteratur und Geschichten. Die beliebtesten Bücher sind meist die, die uns in eine eigene Welt entführen und lebhafte Bilder vor Augen malen – genau diese Art von Büchern ist gemeint. Wenn du ein solches Buch liest, geschehen faszinierende Prozesse im Gehirn.
Lesen ist ein Workout für unser Gehirn
Beim Lesen werden zahlreiche Areale unseres Gehirns angesprochen, nicht etwa nur das Sprachzentrum, sondern auch Bereiche für Emotionen und Erinnerungen, sodass sich ein komplexes Netzwerk ergibt. Diese neuronalen Bahnen werden beim Lesen – je nach Person – individuell geknüpft und gestärkt und so stellt Lesen als Aktivität eine sehr ganzheitliche Erfahrung für einen Menschen dar.
Um dies besser zu verstehen, hilft es, sich den Unterschied zwischen Sprechen und Lesen zu verdeutlichen. Sprechen ist für uns Menschen natürlich. Es ist seit Generationen in uns angelegt und schlägt sich in der jahrtausendealten Form der Wissensweitergabe der mündlichen Überlieferung nieder. Schreiben und Lesen sind weitaus jünger und werden (meist) nicht unmittelbar selbst erschlossen. Ein Kleinkind, umgeben von Menschen, wird eines Tages anfangen, zu sprechen. Ein Kleinkind, umgeben von Büchern, hingegen, etwa in einer Bibliothek, wird nicht selbst anfangen, zu lesen. Lesen braucht in der Regel Unterricht und Anleitung.
Lesen als ganzheitliches Erlebnis
Jedes Mal, wenn wir lesen, entscheiden wir uns also, die gewohnten neuronalen Bahnen zu verlassen und neue Verbindungen zu knüpfen. Hierfür hat die Emory University in Atlanta faszinierende Ergebnisse geliefert: Forschende konnten anhand von Hirnscans nachweisen, wie Lesen die Konnektivität des Gehirns ihrer Probanden erhöhte. Das Projekt beinhaltete einige Probanden, die vor Beginn des Experiments ihr Gehirn scannen ließen. Dann lasen sie 30 Seiten pro Abend in einem Roman, an fünf Abenden in der Woche. Jeweils am nächsten Morgen kamen sie ins Labor, um einen Hirn-Scan zu machen. Diese zeigten eine voranschreitende Verbesserung des Neuronenflusses im Gehirn. Bemerkenswert ist hier der ebenfalls verbesserte Neuronenfluss in der Zentralfurche des Gehirns, dessen Struktur mit Körperempfindungen in Verbindung gebracht wird. Das bedeutet, dass die Probanden das Gelesene >durchlebten<.
Beim Lesen ist es tatsächlich so, dass wir die Gefühle und Affekte von fiktiven Charakteren (nach)empfinden können. Wenn beispielsweise eine schmerzvolle Situation beschrieben wird, so wird im menschlichen Gehirn das dafür verantwortliche Areal aktiv – mit dem einzigen Unterschied, dass die gelesene Erfahrung in ihrer Intensität schwächer ist als die in der Realität erlebte. Doch ein Erlebnis der Emotion oder des Affektes ist vernehmbar und nachweisbar. Dies ist der Grund, warum Lesen neben der verbalen auch die emotionale Intelligenz steigert, weil es die Möglichkeit gibt, sich in andere Charaktere und Lebenswirklichkeiten einzufühlen. Lesen ist eine Aktivität, die uns neue Horizonte und Blickwinkel eröffnet und uns als Person reifen und an Einsicht gewinnen lässt.
Kleine Aktion mit riesiger Wirkung
In einer Zeit, wo sich Fitness einer großen Beliebtheit erfreut und Menschen viel Zeit und Sorgfalt in ihren Körper investieren, solltest du dich daran erinnern, dass auch dein Gehirn zwischendrin mal ein Workout braucht. Lesen ist hierfür bestens geeignet und wirkt zudem noch entschleunigend und reduziert Stress. Also, wenn du das nächste Mal deine Nase in ein Buch senkst, dann in dem Wissen, dass du nicht nur einem Hobby oder einer entspannenden Tätigkeit nachgehst, sondern in dieser kleinen Geste etwas Großartiges für dich und die Menschheit tust!
Forschende sehen hierin einen Weg zur besseren öffentlichen Organisation und Entscheidungsfindung, sowie die Voraussetzung für komplexe Problemanalyse, kritischem Denken und letztendlich der Gestaltung eines besseren öffentlichen Zusammenlebens. Neugierig, wie das Buch heißt, dass die Probanden der Forschungsgruppe lasen und Lust auf einen Selbstversuch? Der Titel lautet „Pompeji“ von Robert Harris.
Viel Spaß beim Lesen!
Ehrbeck
Schön, dass sich ein junger Mensch mal Gedanken zum und über das Lesen macht. Ich finde diesen Artikel sehr gut und einfühlsam geschrieben. Ja, man liest sehr oft dies und das. Doch wann nimmt man sich die Zeit zum RICHTIGEN lesen eines Buches. Bei mir ist das schon eher Seltenheit geworden. Echt Schade, denn als Kind und Jugendliche war ich eine Leseratte .
Dankeschön für diesen Artikel und Danke für den Hinweis, mal wieder ein richtiges Buch in die Hand zu nehmen.
Rösel
Danke für den aufschlussreichen u mitmachendem Artikel!
Tatsächlich lese ich sehr gerne !