„Vom Tellerwäscher zum Millionär“ – das war einmal der Slogan für den „American Dream“. Doch der Traum hat sich gewandelt, meint unser Autor. Es zähle nicht mehr das große Geld, sondern soziale Kontakte und Freiheit.

„From rags to riches“ oder „Vom Tellerwäscher zum Millionär“, ein Satz, welcher die amerikanische Geschichte prägte wie kaum ein anderer. Ein Satz, der nichts Geringeres ausdrückt, als die Suche nach einem Land der unbegrenzten Möglichkeiten und das Ziel eines Lebens im Wohlstand. Die Rede ist vom amerikanischen Traum, welcher schon von den ersten Siedlern Amerikas geträumt wurde. Der Traum nach politischer, religiöser und ökonomischer Freiheit. Doch er unterliegt einem Wandel geprägt durch die technische und soziale Entwicklung der Supermacht USA.
Die Geschichte des amerikanischen Traumes
Den Grundstein für die Besiedelung des heutigen Amerikas setzte Christoph Kolumbus. Er verwechselte dabei zwar ein kleines Detail, nämlich dass es nicht das Land Indien war, auf dem er stand, dennoch spielt dies für der Geschichte des „American Dream“ keine Rolle. Nach und nach kamen immer mehr Menschen über die Meere in das unbekannte Land, von dem man sagte, es biete ungeahnte Möglichkeiten. Diese Tatsache war keinesfalls gelogen. Die Siedler verschlug es aus drei Gründen nach Amerika: Politik, Religion und Wirtschaft. Zunächst flüchteten sie vor der politischen Verfolgung in ihren Heimatländern. Viele suchten einen Ort der politischen Neutralität. Damals war dieser Ort das junge Amerika. Der politische Aspekt des amerikanischen Traumes bildet daher den ersten Pfeiler für die amerikanische Geschichte.
Zweitens war es den Menschen in vielen Ländern untersagt, ihre Religion frei zu praktizieren. Man zog also in das Land, von welchem man sich religiöse Freiheit, der zweite Pfeiler des amerikanischen Traumes, versprach. Die USA entwickelten sich, die Wirtschaft boomte und die Immigrationswelle schwappte durch das ganze Land. Viele Einwanderer wollten ein Teil des unbegrenzt Möglichen werden. Sie versprachen sich einen guten Job, viel Geld und genau das bot Amerika auch. Die ökonomische Freiheit – der dritte Grundpfeiler – war für einige Immigranten das buchstäbliche Sprungbrett vom Tellerwäscher zum Millionär. Der Traum entwickelte sich zum Synonym für die Vereinigten Staaten von Amerika.
Die Symbole des amerikanischen Traumes
Die Symbole Amerikas spiegeln in ihrer Gesamtheit den Wandel des „American Dream“ wider. Als Symbol der Freiheit galt und gilt die Freiheitsstatue. Sah man sie am Horizont, war die Zukunft perfekt. „Give me your tired, your poor, your huddled masses yearning to breathe free.” (Gebt mir Eure müden und armen Menschen, welche geknechtet wurden und jetzt frei atmen wollen.) So heißt es im „Statue of Liberty Song”. Genau so sah auch die amerikanische Einwanderungspolitik aus. Daher ist die Statue das Symbol für Demokratie, Frieden, Recht und Ordnung – das Symbol einer besseren Welt. Doch heutzutage lässt Amerika keine Einwanderer mehr zu, daher gibt es Millionen von illegalen Einwanderern. Die Freiheitsstatue trägt gegenwärtig also eine symbolische Augenbinde.
Die amerikanische Flagge, eine Flagge aus 50 weißen Sternen auf blauen Untergrund und 13 rotweißgestreiften Rechtecken, ist ein weiteres Symbol des Traumes, jedoch bildet es die Kehrseite. Zunächst war sie ein Symbol der Weltmacht USA. Sie brachte die Menschen zusammen und charakterisierte fünfzig Bundesstaaten sowie die 13 aus britischer Gefangenschaft befreiten Kolonien an der Ostküste der Vereinigten Staaten. Doch heutzutage schämen sich einige Amerikaner für ihre Flagge. Amerika, das Land welches im 1. Weltkrieg zur Supermacht wurde, führte Krieg gegen Vietnam und viele andere Länder. In den Augen der Kritiker des amerikanischen Traumes charakterisiert die Flagge das Bild des „American Nightmare“. Der amerikanische Albtraum, die andere Seite der Medaille.
Auch der berühmte Hollywood-Schriftzug ist ein Teil dieses Bildes. Zwar durch keinen großen Wandel geprägt, verstärkt er den Albtraumgedanken. Ursprünglich als Werbefläche für das zu verkaufende Hollywood-Land gedacht, etablierte er sich bis zum heutigen Tage als Symbol der amerikanischen Filmindustrie. Doch schaut man hinter die Fassade, ist die Schattenseite dieser Branche zu erkennen: Junge Schauspieler werden in die Drogenszene und auch in den Selbstmord getrieben. 1959 erschoss sich z. B. George Reeves in seinem Apartment in Hollywood. Reeves war ein Schauspieler, der immer höhere Ziele anstrebte, es jedoch „nur“ bis zum „Superman“-Darsteller in 104 Folgen einer Serie schaffte. Doch hier gilt: „Mit aller Macht Geld verdienen und besser sein als die Anderen.“ In Hollywood herrscht ein gewissenloser Konkurrenzkampf, auf dessen Gipfel die alten Wellblechbuchstaben zerbröseln.
Die heutige Ansicht des amerikanischen Traumes
Der amerikanische Traum unterlag in den letzten Jahrzehnten einem Wandel. Zwar glauben auch heute noch viele die Bedeutung des Traumes zu spüren – zum Beispiel Barack Obama, welcher der erste schwarze Präsident der USA wurde – dennoch wird der Traum von vielen als Albtraum verhöhnt. Es stellt sich die Frage: „Kann der ‚American Dream‘ überhaupt noch ausgelebt werden?“ Grund dafür ist der Wohlstandseinzug, welchen die reiche Bevölkerung in das Land reißt, denn dadurch löst sich die Mittelschicht auf. In den 50er- und 60er-Jahren war Amerika eine Mittelklassegesellschaft. Natürlich gab es auch reiche Menschen, doch sie waren nicht so zahlreich vertreten wie heute. Ca. 1 % aller US-Einwohner verdienen heute ein Fünftel aller Einkommen. Die unteren 50 % kommen gerade einmal auf ca. 13 %. Die Kluft zwischen Arm und Reich wird daher immer größer und der einzelne Bürger hat weniger Möglichkeiten, sich zu entfalten.
Experten machen für diesen Wandel Faktoren wie den ungleichen Zugang zu modernen Informations- und Kommunikationssystemen, die technischen Entwicklung und Globalisierung sowie die Bevorzugung derjenigen mit besserer Ausbildung verantwortlich. So ist also der technische Vorschritt einer der Gründe für den Wandel des amerikanischen Traums. Das Leben, geprägt durch die moderne Computertechnik, birgt kaum Platz für Freidenker und Visionäre, wie etwa Steve Jobs – ein prominenter Vertreter des „American Dream“ – einer war. Man ist im „Melting-Pot“ Amerikas gefangen und kann sich nicht entfalten. Jason Furman, Mitarbeiter der Denkfabrik „Brookings Institution“, sagt, Amerika habe einen 30-jährigen Trend steigender Ungleichheit durchgemacht.
Da der ursprüngliche Gedanke des amerikanischen Traumes, nämlich der Sprung zum Millionär, unter diesen Umständen fast unmöglich erscheint, hat sich seine Bedeutung verändert. Fragt man die Bürger der Vereinigten Staaten nach ihrer persönlichen Meinung zum Traum, dann sind die Antworten sehr verblüffend. Für viele Menschen dreht sich der Traum um die Familie, Freunde, Verwandte, Gesundheit, Freiheit und das pure Überleben. Man ist dankbar über die Chancen, denen man nachkommen darf, für das Essen, welches man auf dem Tisch servieren kann. Die heutige Bedeutung des amerikanischen Traumes hat sich also in ihrer Formulierung geändert und erweitert. Es zählt nicht das große Geld, im Durchschnitt zählen die sozialen Kontakte und die Freiheit mehr als alles andere.
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