Eine Schule im Herzen Afrikas, deren Finanzierung durch eine Bäckerei gewährleistet wird? Das verspricht das soziale Projekt „Centre Ya Bana“. Wir haben mit Simon Zimmermann, einem der Gründer, gesprochen.

Simon, wie kommt man auf die doch sehr außergewöhnliche Idee, in einem afrikanischen Land nicht nur eine Schule auf die Beine stellen zu wollen, sondern diese dann auch noch mithilfe einer angegliederte Bäckerei finanzieren zu lassen?
Ich muss ehrlicherweise gestehen, früher hatte ich wenig Ahnung von Afrika, ausgenommen, dass ich mal einen Urlaub in Südafrika verbracht habe. Bei einer Mitfahrgelegenheit vor ungefähr vier Jahren traf ich dann auf Rodrick, den ich wegen seiner Frisur erst für einen Brasilianer hielt. Während der Fahrt von München nach Stuttgart kamen wir ins Gespräch und er erzählte mir, dass er aus dem Kongo komme, einem sehr armen Land. Und hier konnte ich direkt an mein Studium anknüpfen, ich studiere nämlich hier an der FH in München Management Sozialer Innovationen. Schnell kamen wir auf die Idee, etwas im Kongo zu organisieren.
Wie ging es dann weiter?
Wir tauschten unsere Handynummern aus und bei einem ersten Treffen wurden unsere Pläne dann konkreter: Uns wurde schnell klar, dass in Rodricks Heimat ein hoher Bedarf an Bildung besteht. Vor allem muss das unter der Perspektive der Nachhaltigkeit betrachtet werden: Immerhin wird es die nächste Generation sein, die das Land künftig beherrschen wird, über fünfzig Prozent sind unter fünfzehn Jahre alt und gut siebzig Prozent der Gesamtbevölkerung ohne Zugang zu Bildung. Da muss unbedingt etwas getan werden! Für mich zählt zu Bildung nicht nur Lesen und Rechnen, sondern auch politische Bildung, denn in der Demokratischen Republik Kongo gibt es zwar einen gewählten Präsidenten, aber ich denke, man muss dessen Handeln auch kritisch hinterfragen, denn die Leute können sich ja kaum über Fernsehen oder Zeitung informieren. So könnte man auch die Korruption im Land eindämmen.
Und wie sieht Euer Plan aus?
Zunächst wollen wir nur eine Grundschule, die die Stufen eins bis sechs umfassen soll, errichten lassen. Als erstes wird dort nur die erste Klasse unterrichtet werden, schrittweise dann alle sechs Jahrgangsstufen, mit jedem neuen Schuljahr eben eine Jahrgangsstufe mehr. Eventuell kommt später noch eine weiterführende Schule hinzu, das wird man dann sehen. Wenn alles klappt, wie wir es uns vorgestellt haben, dann werden sechs Lehrer und ein Schulleiter an der Schule unterrichten. Im Schnitt gehen im Kongo so 60 bis 70 Kinder in eine Klasse, eigentlich sind die Klassen aber auf 40 ausgelegt. Bei uns sollen aber 36 Kinder pro Klasse unterrichtet werden. Viele Kinder gehen auch nicht zur Schule, weil sie es sich nicht leisten können, bei uns soll daher kein Schulgeld bezahlt werden müssen. Daher muss die Schule anderweitig finanziert werden.
Da sind wir auch auf eine Idee gekommen: Das Backwarenmonopol in Kinshasa wird derzeit nur von zwei Großbäckereien bestritten, beide von ausländischen Betreibern geführt. Die können allerdings nicht die hohe Nachfrage der etwa zwölf Millionen Bewohner decken. Und so kamen wir darauf, dass die Schule mithilfe einer Bäckerei finanziert werden könnte, schließlich wollen wir nicht, dass man dort allein auf Spenden angewiesen ist. Vor allem wird dann Weißbrot produziert, weil die Leute das am liebsten essen. Wir wollen aber auch andere Backwaren produzieren, die vor allem von Europäern gefordert werden, denn die Botschaften, Supermärkte und Hotels fragen oft nach anderem. Schwierig ist es für uns derzeit noch an Vollkorn zu kommen. Der Bau der Bäckerei und der Schule wird zwar noch durch Spenden und sogenanntes Fundraising gedeckt, d.h. Stiftungen, Unternehmen und Privatpersonen helfen uns mit Zuwendungen, später soll es aber dann von selbst laufen. Bei der Bäckerei handelt es sich übrigens um eine sogenannte Container-Bäckerei.
Eine Container-Bäckerei? Eines muss man Euch lassen, Ihr habt echt ausgefallene Ideen!
Die Vorteile liegen ja auf der Hand: Man muss kein eigenes Gebäude bauen lassen und ein Standortwechsel ist so viel leichter möglich. Auch kann man sicher sein, dass die Anschlüsse und solche Dinge stimmen, zudem müsste man sowieso die Maschinen und Geräte importieren, weil man das in Kongo nicht bekommt. Die Container werden dann nächstes Jahr von Hamburg aus verschifft. Wir haben hier auch schon eine Bezuschussung in Aussicht gestellt bekommen, sodass der Transport das kleinere Übel sein wird.
Schwieriger ist es wohl, das ganze vor Ort umzusetzen, oder? Die Auseinandersetzungen im Kongo entflammten erst 2009 erneut; Martin Ziguélé, seines Zeichens kongolesischer Oppositionsführer, sagte einmal: „Wenn Krieg die Lösung für dieses Land wäre, so lebten wir im Paradies.“
Als ich das erste Mal nach Kinshasa kam, war ich ehrlich gesagt, überrascht, weil der Konflikt das Leben in der Hauptstadt nicht beeinträchtigt. Die Leute haben zwar Kenntnisse, was da vorgeht, aber die ganze Sache spielt sich im Osten ab, an der Grenze zu Ruanda. Dort kriegen sich die Rebellen in die Haare. Aber außer den Flüchtlingsströmen hat das keine besonderen Auswirkungen. Diese siedeln sich in den Slums an, da ist alles sehr dreckig. Ruß in der Luft, Plastik und Müll auf der Straße, es gibt dort keinen Strom und fließendes Wasser nur sehr begrenzt. Mit den Behörden sind wir bislang noch nicht in größere Konflikte verwickelt worden. Die Kongolesen denken ja normalerweise, wir Europäer wären reich, weshalb Bestechung an der Tagesordnung ist. Das kann aber schnell schiefgehen. Unsere Vorsichtsmaßnahme ist daher, alles mit möglichst wenig Geld zu erledigen. Wir haben einen Angestellten in Kinshasa, der zusammen mit einem Anwalt vor Ort wichtige Dinge erledigt. Die kümmern sich um Dokumente und um die Überprüfung der Baustelle. Wir halten uns da politisch zurück, daher haben wir in diese Richtung eigentlich keinerlei Probleme.
Wie wird es in Zukunft weitergehen?
Das Grundstück für die Schule ist bereits gekauft. Es liegt am Rande von Kinshasa, in einem Neubaugebiet. Der Bau ist in vollem Gange. Im Frühjahr 2014 soll dann die Einweihung stattfinden. Wir haben schon weitere ähnliche Projekte in Angola und Nigeria in Aussicht, aber in der Hauptsache wird es darum gehen, dass das Projekt sich von selbst trägt. Ich bin nämlich wenig überzeugt von Entwicklungshilfe, die macht nämlich auf Dauer abhängig. Ich verwende lieber den Begriff „Entwicklungszusammenarbeit“, denn man muss wirtschaftliches und soziales Engagement zusammen denken.
Zum Abschluss noch eine Frage: Wo kann man euch näher kennenlernen?
Wir haben neben unserer Homepage auch eine eigene Facebook-Seite. Aber auch im „echten Leben“ sind wir aktiv: Am 13. Oktober sind wir zum Beispiel beim München Marathon mit 15 Läufern vertreten, das wird ähnlich wie bei einem Spendenlauf ablaufen. Für das Tollwood-Festival, auch hier in München, haben wir schon Stände geplant, an Weihnachten wird es ein SMS-Gewinnspiel geben und für Neujahr ist ein Brunch vorgesehen. Unterstützen kann man uns also auf sehr vielfältige Art und Weise.
Wer Simon und sein Team unterstützen will, findet unter www.centreyabana.org und unter www.kinder-afrikas.de/centre-ya-bana-kongo weiterführende Informationen.
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