„Ich habe schrecklich gelitten“, sagt Asia Bibi in einem Video-Interview mit „Kirche in Not“ Italien. Nach neun Jahren Haft wegen der Anschuldigung der Blasphemie wird sie schlussendlich freigelassen. Die pakistanische Christin wird wohl ihr Leben lang fürchten müssen, dass sie doch ausfindig gemacht werden kann, doch das hält sie nicht davon ab, sich für die Rechte pakistanischer Frauen einzusetzen.

Asia Bibi – wer ihre Geschichte in den Nachrichten verfolgt hat, weiß: unlängst konnte sie nicht so lächeln wie auf dem Foto, aufgenommen nach ihrer Freilassung bei einem Besuch in Frankreich. Sie sollte eigentlich schon gar nicht mehr leben, so zumindest ein erster Gerichtsbeschluss im Jahre 2009, nachdem sie der Blasphemie angeklagt wurde. Nach Artikel 295 C wird jegliche „abwertende Äußerungen usw. über den Heiligen Propheten (…) unverzüglich oder mittelbar mit dem Tode oder lebenslanger Haft bestraft“.
Zweierlei Maßstäbe – befremdliche Denkweise
Als Christen hatten es Asia Bibi und ihr Mann in ihrer muslimischen Nachbarschaft nicht einfach. An einem normalen Arbeitstag auf dem Feld wird ihr vorgeworfen, dass sie als „Ungläubige“ mit ihrem Becher das Trinkwasser muslimischer Feldarbeiterinnen verunreinige. Nach unschönen Beschimpfungen und der Aufforderung, sie sollte ich von ihrer „schändlichen Religion freikaufen“ und zum Islam bekennen, entfachte eine Diskussion. Journalist Joseph Scheppach, der jahrelang Pressesprecher der „Hilfsaktion Märtyrerkirche“ war, schreibt dazu in seinem Buch: „Den Frauen zufolge erwidert Asia Bibi etwas, das in Pakistan das Verbrechen aller Verbrechen ist, die größte aller Beleidigungen: schlecht über den Propheten Mohammed zu sprechen. „
Unser Christus ist der wahre Prophet Gottes, nicht euer Mohammed“, soll sie gesagt haben. Asis Bibi bestreitet das.“ (Quelle: Scheppach, Joseph: “Asia Bibi – eine Frau glaubt um ihr Leben”, S.18) So führte letztendlich ein provozierter Streit, der auf Stigmatisierung und der Sicht „Christen seien unrein“ basierte, dazu, dass sie vor Gericht gezerrt, geschlagen und unter Jubelschreien zum Tode verurteilt wurde. Einer der damals anwesenden Ankläger, Mullah Qari Salim, sagte gegenüber BBC News: “Das Todesurteil zu hören, war einer der glücklichsten Momente meines Lebens. Freudentränen liefen mir über die Wangen.” (Scheppach 2020: 33)
Eine Denkweise, die für in Westeuropa Aufgewachsene kaum nachvollziehbar ist. Yassir Eric, Leiter des Europäischen Instituts für Migration, Integration und Islamthemen beschreibt in seinem Buch „Hass gelernt, Liebe erfahren“, wie er bereits früh in Kontakt damit kam: „Ich lernte, dass das Leben eines Menschen sehr wenig wert sein konnte, wenn dieser als minderwertig und nicht rechtgläubig galt (Eric, Yassir: „Hass gelernt, Liebe erfahren“, S. 44).
Für genau diese Rechte, die mit Religionsfreiheit und Toleranz zu tun haben, tritt er heute ein – genauso wie Asia Bibi, die unlängst den pakistanischen Ministerpräsidenten Imran Khan dazu aufforderte, die religiösen Minderheiten dieselben Bürgerrechte und Freiheit zu garantieren wie jedem Bürger Pakistans. Dabei beruft sie sich auf das Versprechen des Staatsgründers Ali Jinnah, der allen Bürgern Religions- und Gedankenfreiheit garantierte.
„Aber heute gibt es einige Gruppen, welche die bestehenden Gesetze missbrauchen. Deshalb appelliere ich an den pakistanischen Premierminister, die Opfer des Blasphemiegesetzes und die gewaltsam bekehrten Mädchen sowie die Minderheiten, die auch pakistanische Bürger sind, zu verteidigen und zu schützen. Als Opfer spreche ich aus eigener Erfahrung. Ich habe schrecklich gelitten und viele Schwierigkeiten durchlebt; aber jetzt bin ich frei und hoffe, dass diese Gesetze so geändert werden können, dass jeder Missbrauch vermieden wird.”
Der Fall Asia Bibi – leider kein Einzelfall
Neun Jahre im Gefängnis – ein erbitterter Kampf ums eigene Leben. 2018 wird sie durch die Aufhebung des Urteils durch das höchste Gericht Pakistans aus der Haft entlassen. Dennoch ist das Blasphemie-Gesetz Pakistans weiterhin gültig und zahlreiche Menschen durchleiden ähnliche Qualen. Besonders besorgt ist sie um die Rechte junger Frauen, die teils entführt, zwangsverheiratet oder gewaltsam zu einer Konversion zum Islam gezwungen werden.
Auch nach ihrem Freispruch steht Asia Bibi ihr Leben lang in Gefahr, in die Hände extremer Islamisten zu fallen, die das Gerichtsurteil niemals akzeptieren werden. Lebt sie nun auch an einem geheimen Ort mit ihrer Familie in Kanada, möchte sie dennoch eine Stimme für die Unterdrückten sein und schätzt u.a. sehr die Unterstützung seitens Papst Franziskus.
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