Stell Dir vor, es ist Krieg… – wenngleich wir die Wahl haben. Ein Kommentar über den gesellschaftlichen Umgang mit dem Thema “Abtreibung”.
Das Thema “Abtreibung” gehöre enttabuisiert. Das hört man von allen Seiten, vor allem auch von Leuten, die Abtreibung befürworten.
Und ich würde zustimmen.
Das „Stigma“ des Themas Abtreibung gehöre weg. Man müsse über Abtreibung sprechen, um das Thema zu normalisieren. Um Akzeptanz dafür zu schaffen. Um es zur Tagesordnung zu machen, weil es ja täglich geschieht, als wäre es ein PAP-Abstrich oder die Entfernung einer Zyste. Ein Frauenleiden, so was wie eine Fehlgeburt, wofür man niemanden verurteilen kann. Ja, viele Frauen leiden unter ihrer Abtreibung, aber das liege vor allem am schlechten, belastenden Umgang der Gesellschaft mit dem Thema und an der Stigmatisierung der Abtreibung. Unsere Einstellung müssen wir ändern. “Normal” mit dem Thema umgehen.
Hier könnte ich nicht mehr zustimmen.
Beide Seiten reden von Enttabuisierung, streben aber gegensätzliche Ziele damit an. Es handelt sich bei diesen Vergleichen um zwei Paar Schuhe. Eine Abtreibung ist keine Krankheit, ist nicht wie die Entfernung einer Zyste, weil eine Schwangerschaft keinen anormalen oder gesundheitsgefährdenden Zustand darstellt. Eine Abtreibung ist auch nicht wie eine Fehlgeburt – es stehen sich natürlicher Tod und Tötung gegenüber.
Nicht wegsehen, sondern hinschauen
Wenn Krieg ist, versuchen wir nicht, die eigene negative Einstellung oder die Stigmatisierung des Phänomens Krieg zu ändern, sondern man versucht, oder sollte versuchen, die Wirklichkeit zu ändern: den Krieg zu beenden. Man blockt Bilder von heimkehrenden, einbeinigen Soldaten, verschütteten Städten und von Kindern und Kätzchen zwischen Trümmerhaufen nicht ab, sondern schaut hin, um sich bewusst zu machen, dass da etwas Schlimmes geschieht. Wozu man das tut? Wenn man doch eh nichts daran ändern kann? Es hilft eben nicht, wegzusehen.
Im großen Weltgeschehen würde ein ständiges Wegschauen zur totalen Katastrophe führen. Nur wenn man hinsieht, kann man erkennen, kann Gutes vom Schlechten unterscheiden, kann Dinge verändern, kann erneut dankbar sein für die eigenen, im Gegensatz zum Krieg so nichtig scheinenden Probleme, und kann sich für das Gute einsetzen. Entstigmatisieren kann man Obdachlosigkeit, Krankheit, Leid – und selbstverständlich an erster Stelle Leid von Frauen, die abgetrieben haben; Bestandteile des Menschseins, die man nicht mehr ändern kann und wofür Betroffene nichts können. Niemals aber Gewalt und Menschenfeindlichkeit. (Vielleicht aber ist Stigma hier überhaupt auch das falsche Wort, weil es eine unberechtigte Existenz suggeriert, gleich wie auch das Wort “Vorurteil”, demgegenüber das Wort “Stereotyp” oft viel treffender ist…)
Man muss über Krieg reden, und wir tun es. Das sensible Thema ist nicht (mehr?) tabuisiert, trotzdem stigmabehaftet, bzw. sehr negativ behaftet – und das ist ganz natürlich und richtig. Und so führt ein Sprechen über Krieg, ein Anschauen von Kriegsbildern trotzdem nicht zur Erhebung von Krieg zu etwas Gutem und Normalem. Er soll nicht zur Tagesordnung werden; wir wollen alles tun, um ihn zu beenden. Wir wollen unsere Einstellung dem Krieg gegenüber nicht ändern, weil Krieg nie als etwas Gutes behandelt werden kann.
Der Muttermund als Kriegsfront, die Gebärmutter als Schlachtfeld. Das mütterliche Herz dazwischen.
Abtreibung gehört also enttabuisiert. Man muss darüber sprechen. Dazu gehört das Darlegen der Fakten: Was geschieht bei einer Abtreibung? Wie wird sie durchgeführt? Was geschieht mit den Ungeborenen, seien sie 4 oder 40 cm groß? Was hat es mit den blutigen Teilen des Embryos in der 4. Woche oder des Fötus in der 11. Woche auf sich, die nach einer Abtreibung zusammengesetzt werden, um zu kontrollieren, dass alles draußen ist – „alles“ wovon? Was genau wird mit dem starken Saugrohr abgesaugt? Was wird zerdrückt, wenn die Zange am oberen Ende des Embryos fest zudrückt – ist das nicht ein kleiner Kopf? Wozu war die Plazenta da – etwa, um mütterliches Gewebe zu ernähren? Was ist mit der Abtreibungspille – tötet sie mütterliches Gewebe ab? Aber mütterliches Gewebe hat keinen Herzschlag… Was ist mit den Ultraschallbildern, auf denen wir sehen, wie sich Föten vom Saugrohr wegdrücken? Was mit den Kindern, die ihre Abtreibung überleben? Wurden sie magischerweise zu Menschen, nachdem sie auf der anderen Seite der Front waren, und waren kurz zuvor noch Wesen ohne Menschenrechte?
Was soll die Kaliumchloridspritze, die dem Fötus injiziert wird – in ein Herz? Was hat es mit dem Herzschlag auf sich, der plötzlich langsamer wird und endet, sobald fertig abgesaugt wurde? Was ist mit dem Schmerzempfinden des Fötus? Hat ein Parasit, ein Schmarotzer, der die Mutter ausnützt, Schmerzempfinden, Herz, Gehirn, Rückenmark, Fingernägel, Augen und Ohren? Warum leiden Frauen nach Abtreibungen, wenn sie nur etwas Gewebe, einen Zellhaufen verloren haben? Woher kommt die erhöhte Suizidgefahr und die psychischen Erkrankungen bei betroffenen Frauen? Ich dachte, es wäre so normal; eine Lösung, die schnellste und billigste noch dazu? Ist es wirklich nur der Gedanke daran, dass frau ein „potentielles Kind“ hatte, in 8 Monaten ein “richtiges” hätte haben können, welches sie jetzt leider „verpasst“, weil es gerade nicht geplant ist? Oder… hatte sie vielleicht doch schon eines, und hat es töten lassen? Aber pssssst, „Abtreibung tötet“ darf man einfach nicht sagen. Das trifft den Nagel unzumutbar hart auf den Kopf.
Die Euphemismen-Tretmühle
Viele wollen nicht, dass man über diese Wirklichkeit spricht. Viele fühlen sich vor den Kopf gestoßen. Bloß keine Bilder zeigen; von Schwangerschaftsunterbrechung und vom Fötus sprechen, nicht von Abtreibung und Baby, sonst argumentiert man emotionalisiert, gemein und rücksichtslos gegenüber der Frau. Dabei wurde von den ersten Feministinnen im 19. und frühen 20. Jahrhundert Abtreibung sogar gleichgesetzt mit Infantizid. Frauen, die sich zu einer Abtreibung entschlossen haben, zeigt man ihren Fötus für gewöhnlich auch nicht mehr im Ultraschall (außer neuerdings in Ungarn, wo es jetzt verpflichtend ist, der Mutter vor einer Abtreibung das “Vorliegen der Lebensfunktionen” ihres Kindes zu zeigen!). Das wäre ja unzumutbar. Die „Gefahr“ der mütterlichen Bindung und die Belastung dadurch wäre zu groß. Was man nicht sieht, gibt es nicht wirklich, meint man. Aber wir Frauen sind keine Maschinen, die man nach Belieben an- und abstellen kann. Wir wollen vielleicht zunächst nicht sehen, aber unser Fühlen können wir nicht für immer betäuben.
Es ist verständlich, dass man all das nicht hören und sehen möchte. Es ist nämlich hart. So viele Frauen haben diese Erfahrung machen müssen. Ihnen können wir nur mit größtem Einfühlungsvermögen und Mitleid begegnen. Doch ist es für sie eine Lösung, auf ewig die erlebte Realität zu verdrängen? Auch bei Kriegsbildern kommen uns die Tränen. Aber wir zwingen uns, hinzusehen. Das verlangt unser Gewissen. Es ist die Realität. Und wenn die Realität zu grausam ist, als dass man über sie sprechen kann, gehört sie verändert. Nicht unser Umgang mit ihr oder unsere Einstellung zu ihr – sonst stinkt die Sache ganz schnell nach “Drittem Reich”. Wir wollen nicht in aller Gelassenheit und Selbstverständlichkeit vom Töten reden können.
Was ist, wenn wir die Wahl haben?
Wenn etwas lange andauert, kaum zu bewältigen scheint und halbfester Bestandteil einer Gesellschaft und eines Weltbildes wird, wird es wohl nach und nach einfach als normal wahrgenommen. Krieg mag unumgänglich scheinen, und wahrscheinlich ist es der politische Krieg, den wir aus der Welt kennen, manchmal tatsächlich. Aber was, wenn wir selber die Wahl hätten? Wie sieht es in uns selber aus? Wie sieht es in unserer Familie aus? Wie sieht es in unserem Mutterleib aus? Wollen wir nicht wenigstens diesen Ort als waffenfreie Zone bewahren? Wollen wir nicht wenigstens unsere Kinder vor Krieg verschonen?
Es herrscht ein Krieg, mitten in unserer Gesellschaft, am Ort, der der sicherste für jedes Kind sein sollte, und nicht der gefährlichste (und das ist er: Jedes 3.-4. Kind stirbt dort). Weltfriede beginnt im Mutterleib. Weg mit den Tabus. Schauen wir hin, und entscheiden dann, ob wir das Thema entstigmatisieren und normalisieren können.
Mag. Josef Apperl
Liebe Natalie Ehrensberger
Für deine so wichtige Initiative für das ungeborene Leben in Tirol möchte ich mich bei dir und deinem Team sehr bedanken. Ihr habt alle den Mut gegen das neue politische Establishment in Tirol aufzutreten. Der hl. Josef ist unser Landespatron und so können wir Tiroler ihn stets um seine Hilfe bitten besonders jetzt in diesem Anliegen. Er ist der Patron der Familien. Daher ist es so wichtig, euer Anliegen unter seinen Schutz zu stellen, denn die Anfechtung werden kommen.
Ich wünsch dir und deinem Team viel Erfolg und Gottes Segen
Mag. Josef Apperl, Axams