Das Ruhrgebiet hat eine kulturelle Vergangenheit, die geprägt ist von Ruß, Asche und Staub. Viele Menschen kamen Jahre lang aus ganz Europa als Gastarbeiter, um im Bergbau zu arbeiten. Was kann man jetzt in Bochum sehen?
Auf einer Exkursion im Fach „Architektur“ mit Schwerpunkt „Denkmalpflege“ haben wir uns mit etwa zehn bis fünfzehn Studierenden auf den Weg von Köln nach Bochum gemacht. Auf unserem Tagesausflug haben wir uns die Ruhr-Universität Bochum – Universität angeguckt, sind an der Jahrhunderthalle vorbei gekommen und haben zuletzt die Ko Fabrik besucht. Dabei handelt es sich um Gebäude aus dem letzten Jahrhundert, die alle umgenutzt, saniert oder umgedacht werden mussten für die heutige Zeit. Auf unserer Exkursion haben uns verschiedene Referenten einen Teil der Baugeschichte verraten.
Die RUB – Die Universität in Bochum
Die Ruhr- Universität- Bochum wurde in den 60er Jahren erbaut, nachdem das Architekturbüro HPP den Ideen-Wettbewerb gewonnen hatte. Das unglaublich große Gebäude entstand auf einem riesigen grünen Gelände. Auch jetzt noch kann man von der Mensa aus in das Ruhrtal blicken und findet Bauernhöfe und Äcker, die bewirtschaftet werden. Ein vollkommener Kontrast zu dem sehr betonlastigen Gebäude.
Das Gebäude wurde aus vielen verschiedenen Betonarten konstruiert. Zwischen dem Beton sollten kleine Landschaften aus viel Grün und Wasserflächen zu sehen sein. Zum Teil sind aber die aufwändig durchdachten Landschaften und Brunnen oder Wasserspiele durch mangelnde Pflege brachgelegt worden. Überall findet man dennoch bunte Ecken, die damals von verschiedenen Künstlern gestaltet worden sind.
Da das Gebäude einen riesigen Komplex darstellt aus verschiedenen Gebäuden hat man damals schon mit Farbschemen gearbeitet, um sich nicht verlaufen zu können. Dennoch sieht man immer wieder hilflose Studierende, die mit einem Plan in der Hand durch das Gebäude rennen. Die verschiedenen Etagen der Gebäude lassen sich leider nicht auf jeder Etage komplett durchqueren. Das heißt: Wenn man vom Nord- in den Südteil gelangen möchte, kann man nicht einfach die viel zu schmalen, langen Flure entlanglaufen, sondern muss vielleicht noch die Etage wechseln.
Konzept und Defizite der RUB
Aus der gesellschaftlichen Perspektive kann man auf jeden Fall verstehen, dass manche das Gebäude der RUB fragwürdig finden und nicht unbedingt schön. Der brutalistische Stil wirkt nicht für jeden ästhetisch. Wenn man allerdings genau hinguckt, bemerkt man, dass der Gebäude-Komplex genau durchdacht ist, was man zum Beispiel an der Bibliothek erkennen kann. Die freie Sichtbetontreppe führt bis in das oberste Geschoss und es bilden sich Lichthöfe neben der Treppe.
Von oben ranken Pflanzen herunter und die Ebenen verspringen, sodass man immer wieder von einem kleinen beengenden Raum in einen großen einladenden Raum tritt. Was den Erhalt dieses Gebäudes schwer macht, ist die technische Ausstattung. Eine Bibliothek brauchte vor 30 Jahren noch keine Computer-Arbeitsplätze und auch war der Raum nicht hell erleuchtet durch Neonröhren. Für eine adäquate Ausstattung müssen noch weitere Leitungen und Steckdosen und einige andere Kabel verlegt werden.
Die Jahrhunderthalle
Nächster Stopp auf unserer Exkursion war die Jahrhunderthalle, wo wir uns mit den dahinterliegenden Hallen von Böll-Architekten beschäftigt haben. Der Geschäftsführer hat uns über das Gelände geführt und viele interessante Details zu der Umnutzung der verschiedenen Industriegebäude erklärt.
Das Pumpenhaus ist, wie der Name schon sagt, eine Fachwerkhalle für den Schutz von acht Pumpen aus Mauerwerk. Die tragende Konstruktion konnte übernommen werden und somit konnte die Halle fast komplett erhalten bleiben. Böll Architekten haben eine Hülle über das gesamte Gebäude gestülpt. Dies ist insofern eine interessante Herangehensweise an die Erhaltung des Bestands, als dass das Pumpenhaus komplett stehen geblieben ist, aber die Hülle und das äußere Erscheinungsbild ein komplett Anderes ist.
Im Innenraum wurde dann aber kaum noch etwas verändert. Über die Pumpen wurde eine Decke gezogen, sodass diese sich jetzt konserviert unter dem Gebäude befinden. Das Gebäude ist jetzt eine Mensa beziehungsweise ein Raum für Gastronomie, den man für Veranstaltungen nutzen kann.
Den Kern des Pumpenhauses bilden Sanitäranlagen, die komplett mit einer roten Farbe angestrichen worden sind. Auf dem Gelände wurden dann noch eine Turbinenhalle und ein weiteres Gebäude umgestaltet. Die ehemalige Turbinenhalle wurde als Ausstellungsfläche umgenutzt, während das andere Bauwerk aufwändig entkernt und zu einem weiteren Veranstaltungsraum umfunktioniert wurde.
Die Ko Fabrik
Die letzte Station des Tages war die „Ko Fabrik“. Das Gebäude ist ebenfalls aus dem letzten Jahrhundert und wurde vorher auch zu industriellen Zwecken genutzt. Die Fabrik wurde von einer Stiftung gegründet und saniert. Im Erdgeschoss auf der Südseite wurde ein Café einquartiert, was Jung und Alt anzieht. Überall stehen Pflanzen. Man kann in den großen Fenstern sitzen und in jeder Ecke gibt es kleine gemütliche Stühle und Tische, die zum Platznehmen einladen.
In den Räumen darüber sind viele Künstler, die die Räume für unterschiedliche Projekte nutzen. Der Stiftung war es wichtig, dass das neue Quartier von vielen verschiedenen Gruppen bespielt wird. Alle sollen zusammen neue kreative Projekte entwickeln können. Damit dieses Engagement nicht einschläft, hat sich die Stiftung überlegt, dass jeder Mieter etwa eine Stunde im Jahr seiner künstlerischen Schaffenszeit in die Gemeinschaft stecken muss.
Wenn der Mieter dafür keine Zeit hat, muss er mehr Miete bezahlen. Im dritten Teil des Gebäudes befindet sich ein Veranstaltungsraum, der innerhalb der Gemeinschaft untereinander genutzt werden kann oder extern vermietet wird an Unternehmen, die etwas exklusivere Seminarräume haben möchten. Dort gibt es dann auch eine Buchhandlung, ein Regal für „Food sharing“ und ein kleines Fitnessstudio.
Neue Konzepte sorgen für ein Aufblühen des Ruhrgebiets
In dem Café haben wir den Tag mit ein paar Bierchen ausklingen lassen und sind noch ein bisschen durch die Altstadt gegangen. Insgesamt war die Exkursion ein voller Erfolg. Ich glaube, wir waren alle überrascht, was man noch aus solchen brach liegenden Gebäuden machen kann und wie so ein Konzept gut umgesetzt auch funktioniert. Durch die Umnutzung schafft man wieder völlig neue Orte mit Aufenthaltsqualität im Ruhrgebiet.
Auch in Dortmund, Essen oder Gelsenkirchen gibt es ähnliche Projekte, die das Ruhrgebiet nach und nach wieder aufblühen lassen. Und die Beispiele zeigen ganz deutlich, dass man auch mit wenig Material neue Orte schaffen kann und die vorhandene Kultur und Geschichte in den neuen Ort mit einbringen kann.
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