Am Montag fange ich mit meinem veganen Speiseplan an. Zum Frühstück gibt es statt Müsli und Kakao Marmeladenbrot und Tee. Eigentlich ja gar nicht schwer, denke ich, beides mag ich ja schließlich genauso. Vegane Ernährung heißt schließlich nicht, dass ich nur Obst und Gemüse essen muss. Bianca, eine Freundin, die mit mir studiert, ist selbst seit drei Jahren Veganerin. Sie will mir helfen, mich diese Woche ausgewogen zu ernähren. Einfach ist das nicht, sagt sie mir schon am Montag. „Überleg dir am besten gleich am Anfang was du essen willst, sonst könnte das schwer werden.“ Ich glaube ihr noch nicht. Am Abend erfahre ich, dass das Brot vom Frühstück mit Buttermilch gebacken wurde. Die erste Mahlzeit in meiner veganen Woche war also nicht vegan. Im Laufe der Woche werde ich merken, dass Buttermilch im Brot noch relativ einfach zu bemerken ist. Vor allem beim Einkaufen.
Steak bei Steffen Henssler
Dienstag steht aber vorerst etwas anderes auf dem Plan: Ich bin in Nürnberg bei der Show des Fernsehkochs Steffen Henssler. Er erzählt von seinen Reisen nach Tokio, New York, Los Angeles und Peking und kocht live Gerichte, die er in diesen Städten kennen und kochen gelernt hat. Insgesamt bereitet er etwa acht Gerichte zu. Dürfte ich etwas davon essen, könnte ich von alledem nur den gebratenen Spargel essen und die Gemüsebeilage zur Hähnchenbrust. Den Surf´n Turf-Burger, das 45 Minuten im Ofen gebratene Steak, die süße Pizza mit Äpfeln und Schlagsahne zur Nachspeise und den angebratenen Lachs müsste ich dankend ablehnen. Die erste Reihe darf probieren. Ich bin froh, dass ich in Reihe acht sitze. Sonst wäre die vegane Woche an Tag zwei wahrscheinlich beendet gewesen.
Am Mittwoch suche ich im Internet nach neuen, veganen Rezepten. Ich stoße auf wirklich lecker klingende Gerichte: Spargel-Süßkartoffel-Quiche, Seitan-Bananen-Sandwich, Gegrille Shiitake-Karotten-Wraps. Ich gehe einkaufen, in den Supermarkt bei uns im Ort. Ich packe Gemüse und Obst ein und obwohl das nicht zwingend zur veganen Ernährung gehört, kaufe ich nur Bio-Früchte. Statt Milch gibt es Mandelmilch, statt Fisch Tofu, aber nach Seitan, Shiitake-Pilzen und Brunnenkresse suche ich vergeblich. Bei einigen Lebensmitteln lese ich zwar die komplette Inhaltsangabe durch, bin mir aber am Ende trotzdem nicht sicher, ob ich sie kaufen darf. Schließlich hat Bianca mir erklärt, dass streng genommen Fanta nicht vegan ist – Das Getränk wird mit Gelantine angereichert. Wer wäre schon darauf gekommen?
Keine Schokolade am Donnerstag
Ich habe einen langen Tag in der Uni hinter mir und will eigentlich nur noch nach Hause auf mein Sofa, einen entspannten Film sehen und meine Lieblingssüßigkeit essen. Geht aber nicht. Zartbitterschokolade ist eigentlich vegan, aber die habe ich beim Einkaufen vergessen. Einige Tage kein Fleisch zu essen fällt mir nicht schwer. Aber immer die Verpackungen durchzulesen, ob nicht doch irgendwelche tierischen Zusatzstoffe wie zum Beispiel Spuren von Ei enthalten sind, strengt auf Dauer an. Ich bin es eben nicht gewohnt, vegan zu leben und weiß manchmal nicht genau, welche Lebensmittel okay sind und welche nicht. Bianca gibt mir Recht: „Am Anfang ist es relativ schwer auf alles zu achten. Ich selbst habe das mal in der Fastenzeit vor drei Jahren ausprobiert und wollte es eigentlich nur die sechs Wochen durchhalten. Ich habe weitergemacht und irgendwann ging es einfach von selbst.“ Sie hat Routine im Einkaufen, im Kochen, ich nicht. Diese versteckten Zusatzstoffe und ihre Fachbegriffe sind nur mit einiger Übung zu finden. Und die habe ich definitiv noch nicht.
„Katastrophale gesundheitliche Folgen durch Milch“
Am Samstag bin ich auf eine Grillfeier eingeladen. Es ist eine Geburtstagsfeier und in der Einladung stand ausdrücklich: Wir grillen nur Fleisch! Das war zwar nur ein Spaß und bei den Salaten ist auch relativ einfach herauszufinden, ob die Soße mit Joghurt oder Honig gemacht wurde, trotzdem sehe ich einigermaßen neidisch auf die Steaks der anderen. Und auch meine Mutter war nicht gerade begeistert, dass ich dieses Wochenende nicht mitesse und sozusagen eine vegane Extrawurst für mich beanspruche. Aber ich fühle mich gut und habe das Gefühl, meinem Körper etwas Gutes zu tun.
Ich beschäftige mich damit, warum sich Menschen vegan ernähren. Auf der Internetseite der Stiftung Dr. Med. Henrich ProVegan lese ich von „katastrophalen gesundheitlichen Folgen durch Milch, Käse und andere Milchprodukte." Diese Darstellung finde ich sehr drastisch. Andere Gründe, wie zum Beispiel den Protest gegen Massentierhaltung, kann ich dagegen gut nachvollziehen. Wenn man Fleisch im Supermarkt kauft, kommt man kaum um Massentierhaltung herum. Das Bild von fröhlichen Kühen oder Schweinen, die auf grünen Wiesen herumtollen und ein langes Leben genießen, sind meiner Meinung nach in unserer heutigen Zeit und in Industrieländern wie Deutschland zum größten Teil Illusion. Fleisch ist für uns ein Grundnahrungsmittel geworden. Bis vor einigen wenigen Jahrzehnten war das nicht so. Vielleicht muss man nicht komplett auf tierische Produkte verzichten. Die eigene Ernährung zu überdenken und wahrzunehmen, dass meine Ernährung nicht nur mich betrifft, sondern auch Tiere, Produzenten, und sogar das Klima, ist meiner Meinung nach ein wichtiger Schritt.
Mein Fazit: Seine Ernährung auf vegan umzustellen ist nicht so einfach, wie ich dachte. Es erfordert schon einige Geduld, um herauszufinden, welche Lebensmittel vegan sind und welche nicht. Dabei denkt man automatisch viel über seine Ernährung nach, was gut ist: ich habe mich diese Woche sehr gesund ernährt. Auf Dauer würde es für mich wahrscheinlich aber nicht in Frage kommen, vegan zu leben. Auch wenn ich die Gründe durchaus nachvollziehen kann, warum viele Menschen sich ohne tierische Produkte ernähren wollen.
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