Eine Wanderung quer durch die Alpen ist ein Traum für viele. Die Auswahl und Bandbreite an möglichen Routen ist allerdings riesig, ein systematischer Vergleich der Transalp-Strecken ist nicht leicht. Deshalb stellt unser Autor nun Teil 2 seiner persönlichen Traumroute vor.
Tag 5: Braunschweiger Hütte – Vent
Die heutige Etappe sollte nur bei wirklich gutem Wetter in Angriff genommen werden. Bei Feuchtigkeit werden die Steine rutschig, Neuschnee und Nebel können die Orientierung bei Auf- und Abstieg am Pitztaler Jöchl (2.996 Meter über dem Meeresspiegel) durchaus zum Problem werden lassen. Im Zweifel sollte man lieber eine Nacht länger auf der Braunschweiger Hütte bleiben.
Der Tag beginnt mit dem Aufstieg zum knapp 3.000 Meter hoch gelegenem Pitztaler Jöchl. Lohn der Mühen ist der großartige Ausblick vom Joch, das der höchste Punkt des regulären Europäischen Fernwanderwegs E5 ist. Der Abstieg vom Joch ist anspruchsvoll und darf, vor allem bei schlechterem Wetter, nicht unterschätzt werden. Nach dem Überqueren einiger Schneefelder fährt man mit einem Bus oder Taxi durch den Rosi-Mittermeier-Tunnel, Europas höchstgelegenem Autotunnel, zum Parkplatz am Tiefenbachferner (2.793 Meter).
Von hier aus beginnt der Abstieg ins etwa 800 Meter tiefer gelegene Tal Vent, unserem heutigen Etappenziel.
Tag 6: Vent – Similaun Hütte
Nach einem entspannten Aufenthalt in Vent geht es heute zum höchsten Punkt der Alpenüberquerung „Oberstdorf – Meran“. Zusätzlich verläuft die heutige Etappe auf historischem Boden: Ganz offensichtlich wurde der Alpenhauptkamm schon 3.000 Jahre vor Christi am 3.000 Meter hohen Niederjoch überquert – das ist spätestens seit dem Fund von Südtirols bekanntester Leiche erwiesen: dem Gletschermann „Ötzi“. Nach etwa zweieinhalb Stunden erreicht man die Martin-Busch-Hütte des Deutschen Alpenvereins – Sektion Berlin. Bis zum heutigen Etappenziel, der Similaun Hütte, müssen noch weitere 500 Höhenmeter überwunden werden. Über Geröll und Schutt steigt man hinauf zur Similaun-Hütte, der Blick auf den beeindruckenden 3.606 Meter hohen Gipfel begleitet einen ständig. Oben angekommen, bietet sich einem ein wunderschöner Blick auf die gesamte Umgebung. Obendrein hat man kurz vor der Hütte die Grenze nach Italien überschritten.
Tag 7: Similaun Hütte – Meran
Nach einer Nacht auf über 3.000 Metern Höhe warten heute rund 1.100 Meter Abstieg auf uns. Am letzten Tag der Alpenüberquerung geht es hinunter nach Vernagt, vorbei am Vernagtstausee, welcher nach dem im aufgestauten Wasser versunkenen Ort benannt wurde. Bei niedrigem Wasserstand ragt zum Teil die alte Dorfkirchspitze aus dem See. Die Alpenüberquerung Oberstdorf – Meran ist hier zu Ende. Mit dem Postbus geht in einer Stunde zum Meraner Bahnhof.
Noch nicht genug vom Laufen? Statt mit dem Postbus nach Meran zu fahren, kann man auch innerhalb von zwei Tagen über den Meraner Höhenweg zu Fuß im Herzen Merans ankommen.
Anforderungen
So vielseitig der E5 selber ist, so verschieden sind auch die Anforderungen. Tagesetappen mit zum Teil mehr als neun Stunden reiner Gehzeit erfordern gute Kondition. Deshalb ist auch Erfahrung im Berg und eine gutes Ausdauervermögen nötig. Eine besondere Herausforderung ist es sicherlich den E5 an einem Stück zu laufen. Auf jeden Fall sollte das Gepäck auf acht bis zehn Kilogramm reduziert werden (siehe Ausrüstung), man sollte sich Ruhetage gönnen und nicht zu früh aufgeben. Aber auf jeden Fall sind Schwindelfreiheit, Trittsicherheit und Wandererfahrung unerlässliche Voraussetzungen für eine erfolgreiche Alpenüberquerung.
Ausrüstung
Zu empfehlen ist ein 30 bis 50 Liter großer Rucksack. Für das Packen ein persönlicher Rat: Man sollte alles, was man mitnehmen möchte vor sich hinlegen und davon die Hälfte aussortieren. Letztendlich sollte der Rucksack nicht mehr als acht bis zehn Kilogramm wiegen.
Tipps für die Ausrüstung:
• Bergschuhe mit fester Profilsohle
• Wandersocken
• Leichte Schuhe für die Hütten
• Leichte, lange Hose zum Wandern
• Schnell trocknende Hemden / T-Shirts
• Leichter Pullover
• Leichter Anorak
• Sonnenhut
• Brille / Ersatzbrille
• Regenüberzug für den Rucksack
• Personalausweis
• Alpenvereinsausweis
• Handy für den Notfall
• Trinkflasche
• Rucksack-Apotheke: Erste-Hilfe-Set, leichte Schmerzmittel, (Blasen-)Pflaster
• Wanderstöcke
• Kartenmaterial
Alpenvereinsausweis
Da viele Übernachtungshütten auf dem E5 dem Deutschen Alpenverein gehören, ist eine Mitgliedschaft zu empfehlen. Neben dem Rabatt auf die Übernachtung in den Hütten ist vor allem der Versicherungsschutz ein entscheidender Grund: Bei einem Unfall in den Bergen kann es schnell passieren, dass man zurück ins Tal mit einem Hubschrauber der Bergrettung gebracht werden muss. In einem solchen Fall werden die Transport- und Einsatzkosten in fast allen Fällen vom Alpenverein getragen.
Schreibe einen Kommentar