Floh näht alte und nicht mehr benutzbare Trikots zu Umhängetaschen. Er gibt den Jerseys so ein nachhaltiges zweites Leben. Das Nähen hat sich Floh selbst beigebracht. Wie er zu der Idee von „Yashin Kollektiv“ kam, das hat unser Autor Dominic in einem Gespräch mit Floh herausgefunden.
Das England-Trikot von 2013. Es ist für mich mehr als das Jubiläumstrikot zum 150-jährigen Bestehen des englischen Fußballverbandes. Dahinter steckt ein ideeller Wert: die Erinnerung an meinen bis dahin ersten richtigen Auslandsurlaub in London. Bei einem Rundgang im legendären Wembley-Stadion gekauft, hängt eine unvergessliche Erinnerung an diesem Stück Stoff. Doch es passt mir schon lange nicht mehr – ich war damals schließlich erst elf Jahre alt.
Über Instagram werde ich auf „Yashin Kollektiv“ aufmerksam. Dahinter steckt ein junger Mann der alte Fußballtrikots zu Taschen wiederverwertet. Das lese ich in der Biografie und sehe es in den Beiträgen: Bilder von Schalke-Trikots aus den 90ern, Nürnberg-Trikots aus den 2000ern und alte Band-Shirts. Alle in Form von Umhängetaschen. Ich will mehr wissen und kontaktiere Floh, den „Mastermind“ hinter dieser Idee. Er ist bereit, meinem England-Trikot ein neues Aussehen zu verleihen. Zuletzt lag es nämlich jahrelang im Schrank herum. Ich schicke das Trikot also nach Berlin. Hier näht Floh die Trikots um und gibt ihnen ein zweites Leben.
“Ich habe Trikots weggegeben und sie mir später ein zweites Mal wiedergekauft”
Floh hat als Kind in den 90ern selbst Trikots gehabt, die ihm viel bedeutet haben. “Irgendwann konnte ich die nicht mehr tragen und habe sie weggegeben. Später aber habe ich mich darüber geärgert und mir die Trikots in meiner Größe ein zweites Mal für teures Geld gekauft”, erklärt er.
Mit dem Nähen hat Floh aber erst später angefangen: Im ersten Corona-Lockdown 2020 bestellt er sich über “Kleiderkreisel” und “Kleinanzeigen” günstige Trikots und tobt sich daran aus. Das erste Versuchsobjekt ist ein Trikot des FC Bayern, was sich erst bei Ankunft als Fälschung herausstellt. „Ärgerlich, aber es war günstig und nur zum Üben“, weiß Floh. Auf Grundlage einer zerschnittenen alten Tasche überlegt er sich ein Schnittmuster und bringt sich das Nähen so selber bei. Hilfe bietet eine Nähmaschine, die er und seine Partnerin zufällig geschenkt bekommen haben.
Es habe ein paar Monate und etwa zehn zerschnibbelte Trikots gedauert, bis Floh zufrieden gewesen ist. „Erst dann war ich an dem Punkt, dass ich gesagt habe: Das kann ich anbieten.“ Und so ist das eine zum anderen gekommen: Für Freunde näht Floh die ersten Exemplare, richtet ein Profil auf Instagram ein und bekommt dadurch auch Anfragen von Leuten, die er nicht persönlich kennt.
“Vor jeder neuen Aufgabe habe ich Respekt”
Beim Zerschneiden der Trikots ist aber höchste Sorgfalt geboten. So schwört auch Floh: „Vor jeder neuen Aufgabe habe ich Respekt“. Er erzählt von einem Projekt, bei dem ein von der Mannschaft unterschriebenes Trikot des FC Nürnberg vom DFB-Pokal-Sieg 2007 bearbeitet werden soll. Die Autogramme sollen nachher noch sichtbar sein. „Das sind Projekte, vor denen ich dann schon mehr Respekt habe. Das geht dann nicht so einfach, wie bei einem runtergerockten Trikot, das nicht mehr tragbar ist.“ Aber der Kunde ist König.
Trikots werden bei Floh auf Wunsch des Kunden in Taschen umgenäht. Aktuell ist das nur ein Hobby, das ein wenig Taschengeld für Floh einbringt. „Irgendwann soll das aber etwas sein, was sich trägt und eine feste berufliche Aufgabe ist“, weiß der gelernte Eventmanager. Auf Instagram gibt es bereits einen Link zu seiner Website, die jedoch noch nicht existiert. „Die ist in Planung und wird demnächst online gehen“, versichert Floh.
Zukunftsaussichten
Aktuell ist “Yashin Kollektiv” allerdings nur über Social-Media erreichbar. Das heißt auch: Derzeit wird viel auf Vertrauensbasis geregelt. Seine Kunden vertrauen Floh, er vertraut seinen Kunden. Das klappt gut, da der Großteil der Bestellungen bislang aus seinem Bekanntenkreis kommt. Ähnlich ist das mit den Kosten für eine Taschenproduktion. Je nachdem, ob der Kunde das Trikot selbst zur Verfügung stellt und zusätzliche Extras haben möchte wird der endgültige Preis zwischen Floh und dem Kunden ausgemacht. Je nach Projekt also ein individueller Preis.
Sobald die Website von „Yashin Kollektiv“ jedoch online geht, wird auch dieses Problem behoben sein. Dann möchte Floh seinen Horizont erweitern: Merchandise-Artikel wie Shirt- und Poster-Motive anbieten, die sich allesamt im Bereich der Fußballshirt-Kultur bewegen. Das ist und bleibt vorerst Zukunftsmusik. Ich bin schließlich froh darüber, meinem 2013er England-Trikot ein zweites Leben gegeben zu haben – in Form einer Umhängetasche.
Hier kommt ihr zur Instagram-Seite von Yashin Kollektiv.
Schreibe einen Kommentar