Mittlerweile geht die Sonne in Lillehammer schon nachmittags unter und ich stelle mich langsam auf Dunkelheit und Kälte ein. Die Norweger scheinen ihre eigenen Tricks zu haben, um den Winter zu überleben.

Eines der ersten Dinge, die mir hier in Norwegen aufgefallen sind, war, dass kaum jemand Zigaretten raucht. Während sich in Deutschland ganze Raucherkreise abends vor den Bars bilden und „eine rauchen gehen“ eine soziale Interaktion ist, sieht man Raucher in Norwegen nur vereinzelt. Schnell habe ich herausgefunden, dass das nicht daran liegt, dass Norweger suchtfrei sind. Denn statt an Kippen zu ziehen, stopfen sie sich lieber Snus unter die Oberlippe. Kleine Päckchen mit Kautabak, die in Deutschland kaum genutzt werden.
Als aufgeschlossene Austauschstudentin wollte ich damals natürlich wissen, ob Snus seiner Beliebtheit in Norwegen gerecht wird und habe mir zusammen mit Freunden eine Dose gekauft. Tja was soll ich sagen … es hinterlässt einen schrecklichen Nachgeschmack, die Oberlippe schaut mit dem Snus darunter echt doof aus und irgendwie riecht es nach Fisch – Test nicht bestanden. Seitdem habe ich mich gewundert, warum Norweger snusen und nicht wie der Rest von Europa ganz klassisch rauchen – bis es dann vor wenigen Wochen geschneit hat und es verdammt kalt wurde. Da wurde mir dann klar: Wieso die Hände aus den warmen Taschen nehmen, um die Zigarette zu halten, wenn man sich auch einfach ein Snus unter die Lippe schieben kann.

Der Schnee ist nach zwei Tagen zwar wieder geschmolzen, aber trotzdem sind wir Austauschstudenten vor den letzten Wochen unseres Aufenthalts nervös. Ein Tipp, den mir jetzt schon sehr viele Einheimische für den anstehenden Winter gegeben haben: Laufe wie ein Pinguin, wenn es glatt ist. Und auch unser Koordinator vergnügt sich mit lustigen Sprüchen über drei Monate Dunkelheit in unserer Facebook Gruppe. Es scheint langsam ernst zu werden. Mittlerweile verschwindet die Sonne schon um halb vier hinter den Hügeln um Lillehammer. Für Langschläfer wie mich bedeutet das höchstens fünf Sonnenstunden pro Tag. Deswegen habe ich diese Woche begonnen, Vitamin-D-Tabletten zu nehmen. Sobald es dann wirklich dunkel ist – also spätestens um fünf – ist der Tag dann auch irgendwie zu Ende.
Es bleibt also sehr viel Zeit für Netflix, Tee trinken oder im Vorweihnachts-Rausch die Gemeinschaftsküche mit Lichterketten und Weihnachtsbäumen aus Washi-Tape zu dekorieren. Das einzige, was noch zur Vollkommenheit der Weihnachtsstimmung fehlt, ist Glühwein – bis jetzt war die Suche allerdings erfolglos. Denn das, was für uns der Glühwein ist, ist für die Norweger „Jule Brus“ und das hat nicht im Entferntesten etwas mit Glühwein zu tun. Es ist ein Softdrink, den es vor und zu Weihnachten überall zu kaufen gibt und die Norweger scheinen ihn zu lieben. Von Nicht-Norwegern habe ich bis jetzt immer nur das Gleiche gehört: viel zu süß und viel zu teuer.
Statt mit Glühwein wärmen sich die Norweger anscheinend lieber in der Sauna auf. Nach einem windigen Tag in Oslo habe ich selbst eine öffentliche Sauna besucht und Gefallen daran gefunden, den Körper mal richtig durchzuheizen. Außerdem war ich überrascht, wie gesellig Sauna sein kann. Mehrere junge Cliquen hatten sich auf den Stufen der Holzsauna verteilt und wärmten sich nicht nur vor den Öfen, sondern auch gleichzeitig mit Bier, Sekt und Cocktails. Zum Abkühlen sprangen die ganz Mutigen in den Oslofjord mit Ausblick auf das Operngebäude.
Die Norweger wissen wohl, wie man durch die Kälte kommt. Mit Sauna, Café-Besuchen und Filmeabenden werden auch wir uns die letzten Wochen des Auslandssemesters gemütlich machen.
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