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Aktuelle Seite: Startseite / Meine Zukunft / Hinter dem Genie

Hinter dem Genie

29. Januar 2014 von Tim Huyeng Kommentar verfassen

Wie schnell redet man im Alltag von einem Genie. Aber wann wird ein Mensch wirklich zum Genie? Was zeichnet ein Genie aus? Haben wir beim Genie vielleicht den wichtigsten Aspekt bisher vernachlässigt?

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„Heiligkeit und Genie entziehen sich der Definition“, meint der Nobelpreisträger Heinrich Böll. Eine starke These. Ich möchte diesem meine These gegenüberstellen: Genie lässt sich definieren und das eben gerade in Bezug auf die Heiligkeit. Nun, einer solchen Persönlichkeit zu widersprechen ist häufig keine gute Idee. Aber ich will euch mitnehmen und einladen, meinem Gedanken über das Genieproblem zu folgen. Ich möchte die Fragestellung folgendermaßen fassen: Bei welchen Menschen und ihren Werken kommt es dazu, dass man von einem Genie spricht?

Heldenkult

Ein Genie ist ein Ideal, häufig ein Persönlichkeitsideal, Vorbild und Held. Für Tausende bedeutet es Hoffnung, Sehnsucht und Motivation. Ganze Nationen und Völker haben Genies zum Symbol ihres eigenen Wesens gemacht. Dabei versuchen sie die Größe des Genies mit breiten, goldenen Lettern auf ihre Fahne zu schreiben, damit möglichst viel von dem Glanz dieser Persönlichkeit auf die Nation übergeht. Eine interessante Frage ist, was all die Genies, die euch vielleicht gerade vor dem geistigen Auge erscheinen, gemeinsam haben.

Was sagen denn unsere Genies zu dieser Frage?

Nach dem Philosophen Anthony Ashley-Cooper, 3. Earl of Shaftesbury, ist das Genie eine Offenbarung des Allgeistes, eine zweite Gottheit. Nach dem Dichter Christoph Martin Wieland etwas Kolossales. Der Philosoph Voltaire spricht von Fleiß, Geduld und Ausdauer. Gottfried Wilhelm Leibniz und Immanuel Kant sind sich einig: Das Wesentliche liegt im Unbewussten! Otto Weiniger, österreichischer Philosoph, widerspricht dem ausdrücklich und behauptet, dass das Wesentliche im Bewussten liegt. William Shakespeare und Friedrich Schiller wiederum stellen Besessenheit und Wahnwitz in den Mittelpunkt.

So hat jeder seine Ansicht und die Subjektivität des Geniebegriffs wird umso deutlicher, je mehr Meinungen man einholt. Es lässt sich aber auch kein einheitlicher Charakter in all den geltenden Genies feststellen. Goethe war leidenschaftlich und affektgeleitet, Newton gefühlsleer und Kant vollkommen sittenstreng. Voltaire war überaus geizig. Dagegen Lessing fast leichtsinnig freigiebig, ebenso Liszt. Die einen sind hochgradig gläubig, die anderen einfach nur zynische Atheisten. Das Genie ist nichts Absolutes. Nichts was man auch nur irgendwie induktiv erschließen kann.

Intelligenz? Fehlanzeige

Was wohl bei den Genies am ehesten anzutreffen sein sollte, wäre eine hohe Form von Intelligenz. Aber auch hier gibt es Gegenbeispiele. Christoph Columbus gilt als Entdeckergenie. Jedoch waren seine Breitenbestimmungen falsch. Die Orientierung unsicher. Er war starr, autoritätsgläubig und unbelehrbar. Er betrieb Sklavenhandel und Menschenraub, um seine eigene Kasse aufzubessern. Letztlich war seine übertriebene Leichtgläubigkeit die Hauptursache seines Erfolgs. Und wie viele Hochbegabte ist er ohne jeglichen Ruhm und völlig mittellos in Einsamkeit gestorben. Ich erinnere an den Lyriker Walther von der Vogelweide, dessen Genie erst 600 Jahre nach seinem Tod gewürdigt wurde. Genie und höchste Begabung sind also alles andere als gleichbedeutend!

Ein Blick auf die Gesellschaft

Man muss das Problem soziologisch, oder besser sozialpsychologisch betrachten: Das Genie entsteht dann aus einem Genie-Erlebnis, bzw. aus einem Affekt der Masse. Die unterschiedliche Wahrnehmung von Genies in verschiedenen Kulturen, Völkern und unterschiedlichen Zeiten belegt das soziologische Moment der Frage. So war zum Beispiel Napoleon zu Lebzeiten verhasst. Heute wird er von Franzosen zum Genie auf dem Schlachtfeld erhöht. Schon derselbe Mensch hält in seinen jungen Jahren andere Menschen für Genies als im Alter. Ein Mensch wird nicht als Genie geboren, sondern bekommt diese Bezeichnung von außen wie einen Orden angeheftet. Und zwar je nach dem Produkt, das mit der Person ursächlich oder auch nur scheinbar ursächlich zusammenhängt. Als Genie bezeichnet zu werden ist eine hohe Auszeichnung, aber vor allem ein lobendes Werturteil über sein Produkt. Dabei verschmilzt jedoch beim Genie das Produkt mit der Person.

Verkannte Genies gibt´s doch gar nicht!

Forscher werden nur recht selten zu Genies, da sie nur von einer kleinen ausgelesenen Gruppe von Menschen hinreichend bewertet werden können. Die Denksparsamkeit der Menschen führt auch dazu, dass nicht ganze Forschergruppen oder Heere heroisiert werden, sondern immer nur einzelne Wissenschaftler und Feldherren (ganz aktuell der Physiker Peter Higgs). Warum werden Architekten, Bildhauer und viele große Erfinder nie zu Genies? Warum geraten ihre Namen vollkommen in Vergessenheit? Während andere, wie zum Jeanne d´Arc, über Jahrhunderte ins kollektive Gedächtnis eingehen? Um Genie zu sein genügt die Sachleistung eben nicht. Für die besondere Einzel-Leistung hat die Gesellschaft vielleicht Anerkennung und respektvolle Achtung übrig, aber keine Verehrung, die zur annähernden Verherrlichung führte.

Das Ich im Genie

Wenn Menschen Genies anerkennen, so erkennen sie für gewöhnlich nicht auf rein intellektuelle Art eine geistige Leistung dankbar an, sondern sie leben dabei triebmäßig ihre eigene Affektivität aus. Kein Mensch ist ein Ideal, aber Nationen und Völker brauchen Ideale. Deshalb wird dem Genie alles Allzumenschliche abgeschrieben und es wird beschönigt, vertuscht, verwischt, verschwiegen… Das Genie wird dabei immer nur am Erfolg gemessen. Der Erfolg entspringt dabei entweder dem Sein oder eben nur dem Schein. Häufig sind vielleicht Eitelkeit, Machtbesessenheit, Schauspielerei, moralische Unbedenklichkeit, Verlogenheit, Rücksichtslosigkeit und Glück viel wichtiger als die intellektuelle Leistung. Eine Antwort auf die Frage, was ein Genie ist, wäre also: Das Genie ist ein Wertbringer, das in besonderen Fällen als heilig verehrt werden kann. Der Wert ist hierbei das Genieerlebnis selbst, bei dem der Betrachter in die Besonderheit des Genies ein Gefühl von Heiligkeit hineinprojizieren kann.

Perspektivenwechsel

Es bringt uns nicht weiter, wenn wir unseren Fokus einzig auf das Genie selbst legen. Wir brauchen eine neue Perspektive, die das Umfeld miteinbezieht und sich von einer starren, rationalen, Betrachtung löst. Es ist angeklungen, dass Genies immer wieder anders bewertet wurden und werden. Manchmal wurden Talente zu Genies. Ein anderes Mal Genies zu Talenten. Gibt es dann heute nur noch Talente? Oder leben Genies noch unter uns? Ich bin gespannt auf eure Kommentare!


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Tim Huyeng

Tim Huyeng

wurde 1994 geboren in Koblenz und studierte in München und in Koblenz unter anderem, aber besonders Soziologie. Heute arbeitet er sowohl am Institut für Soziologie und politische Wissenschaften der Universität Bonn wie auch am Forschungskolleg für normative Gesellschaftsgrundlagen. Seine angestrebte Promotion beschäftigt sich mit Europäisierungsprozessen auf dem Balkan.
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Kategorie: Meine Zukunft Stichworte: Dichter und Denker, Genies, Vorbilder

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Über Tim Huyeng

wurde 1994 geboren in Koblenz und studierte in München und in Koblenz unter anderem, aber besonders Soziologie. Heute arbeitet er sowohl am Institut für Soziologie und politische Wissenschaften der Universität Bonn wie auch am Forschungskolleg für normative Gesellschaftsgrundlagen. Seine angestrebte Promotion beschäftigt sich mit Europäisierungsprozessen auf dem Balkan.

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