Der diesjährige Streit unter den katholischen Bischöfen in Deutschland um den Empfang der Kommunion glich einem Krimi voller interner Streitigkeiten, Intrigen und Raffinessen – dieser Eindruck könnte zumindest entstehen, würde man der allgemeinen Berichterstattung über den Kommunionstreit glauben schenken. Was muss das Ziel kirchlicher Bestrebungen sein? Ein Kommentar.
Vielmehr handelte es sich jedoch um ein Akt dessen, was in und für die Kirche stets aufs Neue notwendig ist: um ein ehrliches Ringen nach Wahrheit. Im Mittelpunkt der Diskussion steht die Frage, ob evangelische Ehepartner von Katholiken bei diesen zur Kommunion gehen dürfen. Der folgende Artikel möchte die Pros und Contras erläutern:
1. Argument dafür: die Praxis
Als der Vater eines Mitstudenten fragte, was denn momentan so alles diskutiert werde in der Kirche und ihm daraufhin vom „Kommunionstreit der DBK“ erzählt wurde, war dieser ganz überrascht; er wusste gar nicht, dass evangelische Ehepartner nicht zur Kommunion bei Katholiken gehen dürfen. Und tatsächlich ist es wohl so, dass zum einen ein Großteil der Gläubigen um diese Regelung gar nicht weiß und sich folglich an diese auch nicht gehalten wird. Und wenn das eh schon Praxis sei, dann können man diese Praxis doch aus dem Verbotenen holen und somit ehrlich anerkennen, was der Fall ist.
Aber dagegen spricht:
Es mag richtig sein, dass die Praxis in diesem Punkt oft stark von der dahinterstehenden Regelung abweicht. Die Frage ist aber, welche „normative Kraft“ die Praxis haben darf, also ob man von guten und richtigen Zielen ablassen sollte, nur weil sie häufig nicht erreicht werden. Die Gefahren einer solchen Logik sind intuitiv erkennbar. Vielmehr sollte man darauf schauen, warum Regelungen nicht eingehalten werden, warum viele Menschen das gar nicht wissen und verstehen. Wenn diese Ausgangsfragen eine Grundlage dafür bilden, den Menschen neu die Tiefe, denn Sinn und den Wert der heiligen Messe im Allgemeinen und der heiligen Kommunion im Besonderen erklären und nahebringen zu können, dürfte auf allen Seiten viel mehr gewonnen sein als mit einer laxen Regelung.
2. Argument dafür: nicht Belohnung sondern Bestärkung
Bei einer Diskussion über das Für und Wider entgegnete mir ein Mitstudent: „Die heilige Kommunion ist nicht eine Belohnung für die besonders Frommen, sondern sie ist eine Bestärkung für die Sünder“. Und in der Tat ist es natürlich richtig, dass uns der Empfang der heiligen Kommunion im Glauben, in der Hoffnung und in der Liebe stärkt, eine wahre „Seelenspeise“ ist, welche uns bereit macht für den Weg des Glaubens. Ebenso richtig ist es auch, dass wir alle Sünder sind und wir aufpassen müssen, dass die heiligen Kommunion nicht als Belohnung für eine eifrige „christliche Elite“ empfunden wird.
Aber dagegen spricht:
Die heilige Messe ist immer in einem Spannungsbogen: Sie ist Quelle und Höhepunkt, sie ist Ursprung aber auch Vollendung der Gemeinschaft mit Gott. In diesem Spannungsbogen bewegen auch wir uns. Selbstverständlich bestärkt uns, die wir alle Sünder sind, die heilige Kommunion im Versuch, ein frommes Leben zu führen, gleichzeitig aber ist es eben auch die Vollendung der Gemeinschaft. Wie bei einer Hochzeit auch, ist die Vorbereitung, das aufrichtige auf die Vereinigung vorbereiten, unabdingbar. Bevor ich mich völlig einlassen kann auf diese Begegnung, muss erst das aus dem Weg geräumt werden, was im Weg steht, jede schwere Schuld und jedes Hadern.
Die offizielle Formulierung des Kirchenrechts lautet: Die geistlichen Amtsträger dürfen die Sakramente denen nicht verweigern, die gelegen darum bitten, in rechter Weise disponiert und rechtlich an ihrem Empfang nicht gehindert sind. Um diese Disponierung geht es: „Disponere“ kommt aus dem Latein und heißt „ordnen“. Bevor ich mich völlig vereine, muss ich mich erst ordnen, mich selbst und meine Umstände „in Ordnung“ bringen.
3. Argument dafür: Pastoral nicht verantwortbar
Ein Argument für die Zulassung der evangelischen Partner zur heiligen Kommunion lautet, es handle sich dabei um einen pastoralen Notlage: Wer sakramental verheiratet, also ein Leben lang gebunden ist, kann aus pastoralen Gründen nicht eine Trennung bei der Vereinigung mit Christus entstehen lassen, indem nur der katholische Part zur Kommunion geht. Und tatsächlich bringt der Gang nur eines Ehepartners eine gewisse noch tatsächlich vorhandene Differenz zum Ausdruck.
Aber dagegen spricht:
Das Wort „Notlage“ ist vom Kirchenrecht klar bezogen auf Situationen, wo Leib und Leben in Gefahr sind: Gefangenschaft, Verfolgung, Todesgefahr etc. Die Definition des Dudens von Notlage ist auch: „Aufgrund äußerer Umstände eingetretene schwierige Situation, in der sich jemand befindet.“
Für uns Katholiken verbietet sich also die Einstufung des evangelischen Partners als „in einer Notlage befindlich“, denn zum einen würde es die Zugehörigkeit zur evangelischen Gemeinschaft als „schwierige Situation“ bezeichnen, und zum anderen würde es implizieren, dies sei ein „äußerer Umstand“, also ein von außen auf die Person zutretender Umstand. Das eigene Bekenntnis ist aber das genaue Gegenteil, es ist das innere Bekenntnis der eigenen Überzeugung und des eigenen Glaubens. Wer zu den sieben Sakramenten, zur Gemeinschaft mit Papst und Bischof, Ja sagen möchte, kann dies jederzeit und ohne Probleme tun. Wenn der evangelische Partner dies nicht möchte, dann sind wir als Katholiken dazu verpflichtet, gerade im Sinne der Religionsfreiheit, dies auf Augenhöhe zu respektieren und nicht abzuwerten.
4. Argument dafür: Es ist eine Ausnahmeregelung
Ein weiteres Argument dafür ist, dass die Handreichung der DBK die Interkommunion ja nicht generell, sondern nur in speziellen Einzelfällen erlauben wollte, nämlich dann, wenn der evangelische Partner das katholische Eucharistieverständnis teilt, die sieben Sakramente sowie den Papst anerkennt.
Aber dagegen spricht:
Diese Regelung ist ein Widerspruch in sich. Wer die oben genannten Voraussetzungen erfüllt, der hat aus diesem Selbstverständnis und aus dieser Überzeugung heraus automatisch den Wunsch, diese innere Einheit auch öffentlich durch eine Konversion zu bekunden. Die in einer gemischt konfessionellen Ehe von den Befürwortern gewünschte Interkommunion mit der Begründung durch eine schwere Notlage würde zudem die Kommunion de facto für alle öffnen.
Dass diese Befürchtung durchaus berechtigt ist und nicht als „falsches Dammbruchargument“ abgetan werden kann, zeigt zum Beispiel die Einladung des Würzburger Bischofs Franz Jung, welcher im Rahmen eines Jubiläumsgottesdienstes alle Ehepartner, unabhängig ihrer Konfession, zur Kommunion einlud. Doch nicht nur der Begriff „Notlage“ ist an der Bezeichnung als „pastorale Notlage“ kritisch zu sehen. Ebenso problematisch ist die Einstufung als eine pastorale Frage. Es handelt sich nicht um eine pastorale Frage wie die Frage nach dem Alter für die Erstkommunion, sondern um eine viel grundsätzlichere Frage, welche gerade im Sinne der dauerhaften kirchlichen Einheit nur universal beantwortet werden kann.
Abschließend lässt sich sagen, dass das Ringen um die Wahrheit immer befreiend für die Kirche ist, es muss aber offen, ehrlich und ohne Strategie passieren. Ziel allen kirchlichen Disputes soll nicht das „Durchdrücken der eigenen Meinung“ sondern ein tieferes Verstehen der Wahrheit Christi sein. Dass dies gelingt, kann von jedem von uns vorgelebt werden: „ut omnes unum sit“ – „dass alle eins seien.“
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