1969, New York – Ein Moment, der in die Geschichte eingehen und den Anfang einer längst nötigen Veränderung einläuten sollte: Die Stonewall Rebellion. Ein Aufbruch für unzählige Menschen. Ein Umdenken der Gesellschaft. Eine Einheit, die gezielt für ihre Rechte kämpft. Menschenrechte, die Stück für Stück erfüllt werden.
Das steckt hinter der Stonewall Rebellion
Um die Vergangenheit des Pride Months und die revolutionäre Entwicklung genauer zu verstehen, werfen wir einen Blick in das Jahr 1969 in eine populäre Bar in New York. Das “Stonewall Inn“ in der Christopher Street ist gut besucht – es ist so etwas wie ein Zufluchtsort für queere Menschen. Jede und jeder ist im Stonewall Inn willkommen – unabhängig von Sexualität, Herkunft oder Aussehen. Zu der damaligen Zeit noch lange keine Selbstverständlichkeit: Homosexualität galt als Sünde, als ein Verbrechen, welches teilweise sogar strafrechtlich verfolgt wurde (und das nicht nur in Amerika). Alles, was anders war beziehungsweise aus der Norm herausstach, galt sofort als „unnatürlich“ oder sogar „abnormal“. Hast du nicht in das allgemein vertretene Weltbild gepasst, musstest du leiden.
Queere Menschen wurden fast überall benachteiligt, sei es auf dem Wohnungsmarkt oder bei der Jobsuche. Sie wurden quasi von der Gesellschaft ausgeschlossen und des Öfteren in Zuchthäuser oder Gefängnisse verwiesen. Die queere Community wurde also als “Gefahr“ propagiert, indem sie mit Straftätern beziehungsweise Straftäterinnen gleichgesetzt wurde. Ein kaltblütiger Mörder oder doch nur queer? – Damals machte es keinen Unterschied. Das Stonewall Inn war einer der wenigen Orte, an dem queere Menschen wirklich sie selbst sein konnten. Doch auch hier waren sie nicht wirklich geschützt. Ärger und Polizeigewalt standen fast schon auf der Tagesordnung. Da die Bar unerlaubt Alkohol ausschenkte und homosexuelle Menschen ein- und ausgingen, wurden bei diesen “Razzien“ täglich Menschen verhaftet.
Der einzige Grund für die unzähligen Verhaftungen war der, dass diese Menschen jemanden liebten, der zufälligerweise vom selben Geschlecht war. Sie wurden dafür bestraft, dass sie genügend Mut hatten, zu sich selbst zu stehen und ihre Rechte zu ergreifen – Menschrechte, die jedem von uns zustehen. Am 28. Juni 1969 sollte sich das Blatt jedoch wenden. Die Polizei plante erneut eine gewaltsame ,,Razzia“ im Stonewall Inn, stieß in jener Nacht jedoch auf Widerstand. Obwohl es bereits zuvor Organisationen gab, die Veränderung erreichen wollten und für queere Rechte kämpften, war dieser Abend besonders. Die Stonewall Rebellion legte somit den Grundstein für unzählige weitere Demonstrationen und Proteste für queere Rechte – darunter auch den CSD.
2025 – Endlich alles perfekt?
Wer jetzt denkt, dass das alles doch schon so weit zurückliegt und heute gar keine Relevanz mehr hat, liegt leider falsch. Queere Menschen werden immer noch angefeindet, benachteiligt und ausgegrenzt. Auch wenn sich die Gesetzeslage in vielen Ländern verändert hat, heißt das noch lange nicht, dass heute wirklich fair gehandelt wird. “Schwuchtel“ ist immer noch eine gängige Beleidigung.
Genauso wird schwul als Synonym für “dumm“ verwendet – auch in den jüngeren Generationen. Homosexualität gilt, laut dem Auswärtigem Amt (letzter Stand 2023), in 67 Ländern als Straftat, teilweise wird sie sogar mit der Todesstrafe gefahndet. Ein Junge, der einen anderen Jungen liebt, muss jeden Tag mit der Angst leben, angefeindet zu werden. Eine Schwester muss zusehen, wie ihr Bruder Stück für Stück an dem unbegründeten Hass zerbricht. Eine Familie droht, zerstört zu werden – und das alles bloß wegen eines verkorksten, längst veralteten Weltbildes?!
Die Kriminalitätsraten und Gewalttaten gegen queere Menschen nehmen zu, auch in Deutschland. Eine Studie des Bundeskriminalamts zeigt, dass 2023 mehr als 1.700 Verbrechen gegenüber queeren Menschen begannen wurden, und das sind nur die gemeldeten. Unzählige betroffene Personen trauen sich vielleicht gar nicht erst zur Polizei. Das könnte insbesondere (ungeoutete) Jugendliche, die kein unterstützendes Umfeld haben oder denen noch mehr Gewalt droht, sollten sie ehrlich sein, betreffen. Jeder zehnte Jugendliche wird nach dem Outing ausgegrenzt, beschimpft oder einfach nicht ernst genommen. Viele Eltern, Großeltern, selbst entfernte Verwandte kommen nicht damit klar, dass ihre Tochter beispielsweise auf Mädchen steht und tun alles als eine Phase ab, die schon wieder vorübergehen wird. Wir sehen also, dass noch lange nicht alles so ,,perfekt“ läuft, wie viele von uns es sich einreden wollen.
Zahlreiche Beispiele seien es Aufstände, Gewalttaten oder diskriminierende Aussagen zeigen, dass eben nicht alles gut läuft und Ausgrenzung, Kriminalisierung, sowie Diskriminierung gegenüber der queeren Community auch heute noch existieren. Pride ist kein einmaliger Kampf, der aufhört sobald er sein ,,Ziel“ erreicht hat, sondern ein andauernder Prozess, der immer wieder Zeichen setzt, für Gleichheit kämpft und für Sichtbarkeit sorgt.
Die Jagd nach der Regenbogenflagge
Die Pride Flag (auch als Regenbogenflagge bekannt) ist soviel mehr als “nur“ ein Erkennungszeichen für queere Menschen: Sie setzt ein klares Zeichen gegen Hass, Diskriminierung sowie Intoleranz und steht für Vielfalt, Solidarität und letztendlich auch für unsere Menschenrechte. Sie steht für nichts, was erklären würde, warum immer mehr demokratische Personen sie als Feind sehen. Dazu gehören unter anderem auch unser Bundeskanzler, Friedrich Merz (CDU) und Julia Klöckner, unsere Bundestagspräsidentin (CDU). Sowohl Klöckner als auch Merz unterstützen die Entscheidung, die Pride Flag am 26. Juli, also am Berliner CSD, nicht über dem Bundestag zu hissen.
Diese Entscheidung begründet Julia Klöckner mit Neutralitätsgründen. Sie ist der Meinung, dass es vollkommen ausreicht, die Flagge am internationalen Tag gegen Homophobie (17.Mai) zu hissen. Doch damit nicht genug, selbst die Bundestagspolizei wurde auf die Jagd nach Pride Flaggen angesetzt: Mehrere Bundestagsabgeordnete wurden dazu aufgerufen, Regenbogenflaggen sowie Sticker, die Solidarität mit der queeren Community symbolisieren, aus ihren Büros zu entfernen. Gerechtfertigt werden diese Forderungen mit Paragraph vier der Bundestagsabordnung: „Das Anbringen von Aushängen, insbesondere von Plakaten, Postern, Schildern und Aufklebern an Türen, Wänden oder Fenstern in den allgemein zugänglichen Gebäuden des Deutschen Bundestages sowie an Fenstern und Fassaden dieser Gebäude, die von außen sichtbar sind, ist ausnahmslos nicht gestattet.“
Der Sprecher von Klöckner rechtfertigt dieses durchaus drastische Vorgehen als “Kontrollvorgang“, der sich nicht explizit gegen die Pride Flag richtet, sondern auf das allgemeine Verbot bezogen sei. Diese zunehmenden Verschärfungen im Umgang mit der Regenbogenflagge sorgen für große Unstimmigkeiten im Bundestag. Während die AFD, was hier mit Sicherheit niemanden mehr überrascht, den Standpunkt von Friedrich Merz vertritt, stoßen sie, sowohl bei anderen Parteien als auch in der Öffentlichkeit auf Widerstand.
Dazu anmerken möchte ich, dass, zumindest meiner Meinung nach, die Bundestagspolizei lieber Gefahren nachgehen sollte, die die Sicherheit des Bundestags wirklich gefährden statt kleiner Aktionen, die für Solidarität, Demokratie und Menschenrechte stehen. Wie seht ihr das?
Friedrich Merz und sein Zirkuszelt
Friedrich Merz ist bei dem Versuch, die Wogen zu glätten, nicht gerade eine große Hilfe. Er verteidigt seinen Standpunkt vehement und argumentiert damit, dass der Bundestag nun ja ,,kein Zirkuszelt“ sei – Eine gewagte Aussage, wenn man bedenkt, dass er damit ja quasi impliziert, dass er die queere Community für eine Zirkusgruppe hält, die zur Belustigung anderer dient. Ähnlich kritisch sieht das Sophie Koch aus der SPD: ,,Wenn die Regenbogenfahne die Fahne auf einem Zirkuszelt ist, was sind dann queere Menschen? Zirkustierchen, die sich zur Erheiterung des Publikums zum Affen machen?“
Doch damit ist sie nicht allein. Zahlreiche kritische Stimmen erreichen unseren Bundeskanzler nach dieser Aussage. Des Weiteren finde ich auch die Begründung von unserer Bundestagspräsidentin interessant. Im Bundestag sitzen und von Neutralität sprechen? – Kein Problem, da wir ja alle wissen, dass politische Neutralität so super funktioniert. Getreu dem Motto ,,Wenn ich nichts tue, bleibe ich neutral“. Meiner Meinung nach absoluter Schwachsinn. Politisch kann man nicht neutral sein: Entweder man unterstützt etwas, kämpft dagegen an oder man tut nichts. Wenn ich nichts tue, lasse ich Dinge, wichtige Dinge, für die es sich vielleicht sogar lohnt, zu kämpfen, einfach geschehen, was nicht bedeutet, dass ich mich neutral verhalte.
Die Hoffnung stirbt zuletzt
Auch wenn die oben aufgeführten Punkte den ein oder anderen von euch fassungslos zurücklassen mögen, bleibt noch Hoffnung. Viele Menschen setzen klare Zeichen und distanzieren sich von den teilweise wirklich schockierenden Aussagen, auch Mitglieder des Bundestags. Die Linke sowie die Grünen zeigten unabhängig voneinander klare Haltung – mit derselben Idee. Mit bunter Kleidung protestieren sie gegen Queerfeindlichkeit und vertreten so auch die Werte unseres Grundgesetzes: Solidarität, Toleranz und Respekt.
Veränderung beginnt bei uns
Solche Situationen zeigen, dass wir gerade jetzt nicht aufhören dürfen, für queere Rechte und somit für Menschenrechte einzustehen. Wir alle tragen einen Teil zur Veränderung bei. Werdet laut, wenn irgendjemand zu weit geht. Erinnert euch gegenseitig an all die schrecklichen Dinge, die hätten verhindert werden können, wenn wir von Anfang an Haltung gezeigt hätten. Wenn bloß eine Person eher den Mut gehabt hätte, für sich selbst und seine Mitmenschen einzustehen und es so vielleicht schon viel eher zu einem Umdenken gekommen wäre. Lasst euch von dem unbegründeten Hass nicht einschüchtern, sondern seid lauter als die, die ihn verbreiten.
Quellen:
- https://www.zdfheute.de/politik/csd-bundestag-regenbogenfahne-kloeckner-100.html
- https://www.zdfheute.de/politik/deutschland/bundestag-regenbogenfahnen-bueros-slawik-100.html
- https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.pride-month-mhsd.87e934df-6644-4c69-a4e8-1c8c9b30cb0a.html
- https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.nach-verbot-der-regenbogenfahne-abgeordnete-protestieren-mit bunter-kleidung-gegen-queerfeindlichkeit.4871c92f-1634-4556-9b05-44dae1918b18.html
- https://www.studysmarter.de/magazine/pride-month/
- https://www.bpb.de/kurz-knapp/hintergrund-aktuell/292948/die-geburtsstunde-des-gay-pride/
- https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/menschenrechte/07-lgbti
- https://www.zdfheute.de/panorama/lgbt-queer-hass-gewalt-straftaten-100.html
- https://www.lsvd.de/de/ct/700-Erfahrungen-von-queeren-Jugendlichen-und-jungen-Erwachsenen-in-Deutschland
- https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/regenbogen-bundestag-100.html
- https://www.welt.de/politik/deutschland/article256377822/nach-kloeckner-entscheidung-bundestagspolizei-wurde-gerufen-abgeordnete-muessen-offenbar-regenbogenfahnen-in-bueros-abhaengen.html
- https://www.zdfheute.de/politik/merz-regenbogenfahne-bundestag-zirkuszelt-100.html
- https://www.zdfheute.de/politik/csd-queerfeindlichkeit-leipzig-bautzen-berlin-queerbeauftragte-100.html






Raus aus den Gedanken: So gelingt eine lebendige Kommunikation in einer Fernbeziehung
Starkes Statement
Wichtiges Statement und tolle Haltung!
Sehr guter Artikel! Vor allem die Grundhaltung einen Standpunkt zu haben und auch gegen Widerstände zu vertreten, auch wenn das nicht immer gut ankommt.
Es ist so wichtig, Haltung zu zeigen und für Werte unserer Gesellschaft einzustehen! Gut geschrieben.
Ein mega Artikel mit so wichtigem Inhalt!<3
Halihallo:)
Super guter Text!
Gut gemacht ♡
Habe dich lieb ❤️