Es ist das 11. Jahrhundert; Klöster leben nach strikten und eingesessen Regeln, bis der Zisterzienserorden kommt und die Struktur radikal verändert. Er breitet sich nicht nur rasch aus, sondern bringt auch andere Orden zu einem Umdenken, dessen Folgen bis heute sichtbar sind.

Die Zisterzienser, einst einer der größten und wirtschaftlich erfolgreichsten Mönchsorden des Mittelalters, war ursprünglich ein reformierter Ableger des Benediktinerordens.
Die Benediktiner, ein Mönchsorden, benannt nach Benedikt von Nursia (ca. 480-560), mit zahlreichen Klöstern, darunter auch sehr große und einflussreiche Abteien, wie Cluny, St. Gallen, Fulda, war einer der größten Orden des Mittelalters. Das Mönchtum wurde durch die Regula Benedicti, eine Klosterregel, die das Klosterleben regelte von Benedikt von Nursia verfasst – Dieser gilt als Vater des abendländischen Mönchstums.
Wie die Benediktiner, lebten auch die Zisterzienser nach besagter Regel.
Beide Orden haben also einen gemeinsamen Ursprung und Grundlage. Dennoch kam es … zur Spaltung und Neugründung[1]; die Ursache hierfür lag im Klosterleben der Benediktiner.
Dem Benediktinischen Orden, bzw. einzelnen Klöstern wurde vorgeworfen sie seien zu wohlhabend geworden und die Mönche seien nicht bescheiden genug – beides widerspreche den christlichen Idealen. Eines der christlichen Ideale war die Armut, denn Jesus hatte nichts und somit galten arme, besitzlose Menschen als gottesnah. Wohlhabende entsprachen aufgrund des materillen Reichtums diesem Ideal eher weniger; folglich hatten Mönche erst recht arm zu sein Es ist demnach nicht verwunderlich, dass Klostergemeinschaften, die wirtschaftlich erfolgreich waren, nicht selten Kritik ernteten. Ein Mensch, der dem Mönchstum beitrat und nach der Regel Benedikts lebte, trat somit die „immerwährende Buße“ an – einen Lebensweg, der aus Bescheidenheit, Besitzlosigkeit und Bußpraktiken bestand. Darüber hinaus bedeutete dies, dass ein Mönch jeden Tag durch Gebete, Tugend und anderen Tätigkeiten, die dem Seelenheil und dem Dienst für Gott zugutekamen, nachgehen musste.
Die Abspaltung
Die ersten Unzufriedenheiten einiger benediktinischer Mönche machte sich in den 1050er Jahren bemerkbar. Der Abt Robert von St-Michel in Tonnerre (später Robert von Molesme) im Bistum Langres (Burgund) trat aufgrund der Disziplinlosigkeit der Mönche zurück und verließ das Kloster. Er begann ein Leben als Eremit, konnte aber weitere Eremiten von seinen Ansichten überzeugen; gemeinsam gründeten sie eine kleine Gemeinschaft in den Wäldern von Molesme (im heutigen Frankreich). Der Verfall des geistlichen Lebens, zumindest in den Augen Roberts, trat auch dort ein, somit verließ er auch diesen Ort und lebte von 1090 bis 1093 wieder als Eremit in Aulx. Der dortige Aufenthalt war nicht von langer Dauer. Papst Urban II. (1035-1099) zwang ihn wieder nach Molesme zurückzukehren. Der zweite Aufenthalt in Molesme war für Robert erneut nicht zufriedenstellend und er verließ Molesme ein weiteres, aber nun letztes Mal. Ihm folgten 20 Mönche, darunter auch seine künftigen Nachfolger Prior Alberich und Stephan Harding.
Es kam zu einer weiteren Neugründung, diesmal im abgelegenen, sumpfigen Cîteaux, dessen Name sich auf das Altfranzösische „cistels“ zurückführen lässt und „Schilf“ bedeutet.
Hier begann die eigentliche Gründung der Zisterzienser. Große Fortschritte erzielten sie nach dem Tode Roberts um 1111. Er wurde von Papst Honorius III. als „Robert von Molesme“ heiliggesprochen und durfte verehrt werden.
Neue Regeln

Von links: Bernhard von Clairvaux, Stephan Harding, Robert von Molesme und Alberich von Cîteaux, an der Kirche des Klosters Mariawald in der Eifel
Es wurden auch eigene, neue Regeln für das Klosterleben geschaffen. Unter anderem schrieb Stephan Hardig die Carta caritatis, die 1119 von Papst Calixt II. bestätigt wurde. Diese wurde in den Folgejahren ausgeweitet und überarbeitet und regelte sowohl die Gründung neuer Klosterfilialen als auch das Verhältnis zu den Ursprungsklöstern. Ein, für das 12. Jahrhundert, sehr moderner Ansatz, denn die neuen Klöster waren vollkommen autonom; es war den Mutterklöstern verboten den Filialen Abgaben oder sonstige Verpflichtungen aufzuerlegen. Lediglich strukturierte, gegenseitige Visitationen zur Kontrolle der Einhaltung des Klosterlebens waren vorgeschrieben. Ziel war es mit der neuen Satzung (Carta Caritatis) die auf verschiedenen Orten der Welt lebenden Mönche im Geist und in Liebe zu vereinen.
Dieses Konzept war aufgegangen, denn der Zisterzienserorden wuchs rasant und gewann vor allem in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts und in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts neue Klöster hinzu. Die meisten Zisterzienserklöster waren keine Neugründungen, sondern reformierte, bereits bestehende Klöster, was für die Attraktivität der neuen Klosterstruktur spricht. Dem streng hierarchisch aufgebauten Benediktinerorden wurde eine nicht unerhebliche Konkurrenz verschafft.
Große Veränderungen
Die Eingriffe in das Klosterleben der Zisterzienser waren für das 12. Jahrhundert immens. Die täglichen Stundengebete kürzten die Zisterzienser großzügig. Darüber hinaus wurde in den meisten Klosterorden täglich den Toten gedacht und für deren verkürzte Zeit im Fegefeuer gebetet. Auch hier kürzten die Zisterzienser radikal; von nun an wurde nur noch einmal jährlich gemeinsam für alle Toten gebetet.
Ein Mönch sollte neben seinen liturgischen Tätigkeiten auch maßgebliche Zeit der Handarbeit widmen. Von anderen Orden gab es dafür Kritik, es wurde zum Teil gefragt, ob die Mönche mit so viel Handarbeit und so wenig Liturgie überhaupt noch Gott dienen und nicht der Welt?
All diese Eingriffe sind noch nicht alles, denn die Zisterzienser nahmen eine noch gravierendere Änderung vor. Sie nahmen Erwachsene, die keine Kleriker waren, in ihre Klöster auf – meist ländliche Bevölkerung, die nicht literat war und nicht liturgiefähig (nicht fähig eine Messe zu führen) war. Mit einer Conversio (einer Bekehrung durch Gelöbnisse zum Mönchtum) wurden sie aufgenommen, konnten aber nie zu vollwertigen Mönchen werden – sie wurden als Konversen oder Laienbrüder/Laienschwestern bezeichnet.
Im Kloster übernahmen Laienbrüder einen großen Teil der Handarbeit, wie unter anderem Felder bestellen, ernten und Alltagsgenstände herstellen. Die neuen Regeln schufen eine bis dahin nichtexistierende Form des Klosterlebens. Kein anderer Orden dieser Zeit wage sich auch nur annähernd weit in das Klosterleben einzugreifen.
Die Folgen
Die Aufnahme von Laienbrüdern und die intensive Handarbeit der Klöster verhalf dem Orden nicht nur zu rascher Ausbreitung, sondern auch zum wirtschaftlichen Erfolg. Die Wirtschaft der Zisterzienser basierte auf Grangien (Wirtschaftshöfen), dessen Ernte sowohl zur Eigenversorgung als auch für den Handel genutzt wurde. Bestellt wurden sie von den Laienbrüdern. Nach Bedarf wurden auch Lohnarbeiter hinzugezogen. Die Klöster entwickelten sich zum 13. Jahrhundert zu stattlichen wirtschaftlichen Einheiten, die dementsprechend verwaltet werden mussten; Äbte mussten also nicht nur beten, sondern auch rechnen können. Dennoch war es keine Seltenheit, dass Klöster gegenüber anderen Abteien verschuldet waren.
Mit der enormen wirtschaftlichen und geographischen Expansion kamen die Probleme wieder, gegen welche die Gründeräbte wie Robert von Molesme gekämpft hatten. Die strikte Trennung der Mönche, die liturgiefähig waren von den Laienbrüdern führte dazu, dass die Laienbrüder nahezu die gesamte Wirtschaft betrieben und die Vollmönche sich fast ausschließlich der Liturgie widmeten. Das aufgesetzte Ideal, dass ein Mönch zu arbeiten und zu beten habe, wurde somit nicht immer im vollen Maße erfüllt. Auch der Zuwachs des materiellen Gutes, sowohl durch Eigenwirtschaft, als auch durch Schenkungen führte in einzelnen Fällen zu weniger strikten Lebensform als ursprünglich angestrebt.
Trotz einiger Schwierigkeiten veränderte der Zisterzienserorden das abendländische Mönchtum wie kein anderer. Seine Reformen wurden zum Teil von anderem Orden übernommen und der Orden konnte sich im Mittelalter gegenüber anderen Klosterregeln behaupten; bis heute gibt es aktive Zisterzienserklöster.
Wenn jemand weiter interessiert ist, kann er sich in seiner Gegend umschauen – es ist nicht unwahrscheinlich, dass sich ein ehemaliges Zisterzienserkloster mit einer einzigartigen Geschichte in unmittelbarer Nähe befindet.
[1] Das genaue Gründungsdatum kann nicht ermittelt werden, da die ursprünglichen Gründungsurkunden nicht erhalten geblieben sind und uns nur Abschriften vorliegen.






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