Was bedeutet Männlichkeit? Bin ich ein echter Mann und wenn ja: Worin zeigt sich dies? Wie komme ich dazu, männlich zu sein? Und was bringt das überhaupt? Tobias Kolb gibt einen kleinen persönlichen Exkurs aus seinem eigenen Leben und Erleben als Mann.

Männlichkeit, was bedeutet das?
Wenn ich mich im Spiegel ansehe, fällt mir folgendes auf:
– Ich habe einen etwas längeren Bart und fühle mich sehr wohl damit.
– Ich habe Brustbehaarung und nicht das Verlangen, sie wegzurasieren.
– Und ich habe einen Bauch, ohne dass das mein Selbstwertgefühl im Wesentlichen negativ beeinflussen würde.
Diese Indizien helfen mir, neben ein paar anderen körperlichen Merkmalen, festzustellen, dass ich ein Mann bin. Aber was ist das, Männlichkeit?
Um jene Frage zu beantworten, wende ich mich zwei weiteren zu: dem „Woher?“ und dem „Wozu?“. Diese wiederum kann ein Mann sich wohl nur aus seiner Überzeugung und seinem Weltverständnis heraus beantworten. In meinem Fall also dem christlichen Glauben.
Ich glaube daran, dass Männlichkeit etwas von Gott Geschaffenes ist, also etwas Gewolltes, Gutes und bewusst Anderes als Weiblichkeit. Somit sehe ich meine Männlichkeit als Geschenk und Teil meiner Identität an. Außerdem glaube ich als Christ, dass der Kreuzestod von Jesus Christus für mich Gnade und Freiheit bedeutet. Da dies die elementaren Wahrheiten meines Lebens sind, haben sie auch Auswirkungen auf meine Identität. Also glaube ich, dass ich Männlichkeit aus Gnade, aus Überfluss und als Geschenk, nicht aus Mangel, sondern aus Freiheit leben darf.
Männlichkeit als Freiheit?
Und damit kommen wir zur zweiten spannenden Frage. Männlichkeit ist ein Geschenk und kein Zwang, aber wozu ist sie da? Wenn ich glaube, dass Männlichkeit Freiheit ist, ist sie dies im doppelten Sinne. Für mich bedeutet es zunächst, Freiheit von etwas. Nämlich Freiheit von der Meinung der Masse. Ich bin männlich, wenn ich mich „mannhaft“ dem Strom des gesellschaftlichen Drucks entgegenstelle und mich nicht aus Menschenfurcht verbiege. Wenn ich mich als Ein-Mann-Armee von Dingen, die ich nicht mittragen will, abgrenzen kann und wenn ich auch das Alleinsein mit meinen Gedanken (und meinem Schöpfer) aushalten kann.
Als zweites ist es allerdings auch die Freiheit zu etwas: Nämlich die Freiheit, Verantwortung zu übernehmen. Wo Not am Mann ist, muss jeder Mann seinen Mann stehen. Als freier Mann will ich kein Einzelgänger oder Egoist sein, sondern meine Freiheit mit und für andere leben. Hier kommt der Aspekt des Beschützens und Versorgens, der so eng mit dem Männlichkeitsbegriff verbunden ist, ins Spiel. Ich lebe meine Männlichkeit, auch im Kampf für meine Überzeugungen, gerne alleine. Ich lebe sie sehr gerne mit anderen Männern, in einer Gemeinschaft, die sich in ihrer Gleichgeschlechtlichkeit gut versteht; in der Männer brüderlich zusammenstehen. Allerdings ist das niemals alles.
Die Freiheit des Mannes ist auch die Freiheit zur Frau und die Freiheit zur Familie hin. Ich will als Mann Frauen stark und respektvoll begegnen können. In einer Haltung, die zeigt: Ich nehme dich ernst als Persönlichkeit, ich nehme dich ernst als Frau und ich hab weder Angst vor dir noch bist du nur ein Stück Fleisch für mich. Ich strebe eine Haltung an, die über die besondere Würze und Spannung im zwischengeschlechtlichen Dialog weiß und die damit auch spielt, ohne zu manipulieren. Eine Haltung, die ehrlich ist und die die Frau auch in ihrer Geschlechtlichkeit wahrnimmt, ohne plump oder berechnend zu sein.
Männlichkeit in Partnerschaft und Familie
Eine reife Männlichkeit ist für mich eine Männlichkeit, die sagt: „Ich lebe im Frieden mit mir und will aus meinem Überfluss für andere da sein.“ Ein Mann, der das sagen kann, kann auch eine Frau mit seiner Liebe beschenken. Er kann stark für seine Familie sein und sich für sie aufopfern, weil er es aus freien Stücken, aus Liebe und nicht aus Zwang macht. Natürlich ist kein Mann perfekt. Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass man nicht immer selbstbewusst durchs Leben stapft und für andere da sein kann. Es gehört zum Mannsein auch dazu, Schwächen zu haben und diese zuzugeben. Fehler zu machen und sie einzusehen. Manchmal braucht man auch als starker Mann eine Schulter, an der man sich anlehnen kann und jemanden, der einem den Weg zeigt.
Auch wenn ich glaube, dass Männer ruhig selbstbewusst die Rolle des Beschützers und Versorgers leben dürfen und auch die Verantwortung für die Familie tragen, bedeutet Beziehung immer Partnerschaft. Und wenn dem Mann die Führung in der Familie anvertraut ist, dann ist präzise zwischen dem Anführer, der vorangeht und den Weg bereitet und dem Kommandanten, der seine Untergebenen durch die Gegend hetzt, zu unterscheiden. Jedes Paar muss selbst herausfinden, wie sie Partnerschaft miteinander leben können und wollen. Sicher ist, dass Partnerschaft bedeutet, es geht immer um beide und jeder sollte bereit sein, sich für den anderen aufzuopfern und zurückzustecken.
Jeder Mann sollte Mann sein dürfen
Umso mehr ich meine Männlichkeit mit anderen und für andere lebe, desto wohler fühle ich mich auch als Mann. Ich weiß, wer ich bin und kann mich als Mann annehmen. Ich weiß, dass meine Männlichkeit von anderen Männern und Frauen geschätzt wird und das gibt mir Selbstbewusstsein, von dem ich aber nicht abhängig bin. Ich hoffe, dass es wieder mehr in unser modernes Bewusstsein kommt, dass Geschlechtlichkeit ein Teil der Identität des Menschen ist. Und dass jeder Mann auch in einem gesunden Verhältnis zu seiner Männlichkeit leben darf.
Schreibe einen Kommentar